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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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und angeln wir. Suchen wir die wahren Versionen der Legende, reißen wir Polster und Futter auf, klopfen wir den Koffer ab, um den doppelten Boden zu finden. Und was, wenn es keinen doppelten Boden gibt? Bei aller Wertschätzung, Nimue, wir sind nicht die ersten bei diesem Fang. Wie groß ist die Chance, dass irgendeine Einzelheit, ein Detail der Aufmerksamkeit der Scharen von Forschern entgangen ist, die vor uns dort gefischt haben? Dass sie uns wenigstens ein Fischlein übriggelassen haben?«
    »Haben sie«, stellte Nimue überzeugt fest, während sie sich die Haare kämmte. »Was sie selbst nicht wussten, haben sie mit eigenen Erfindungen und schönen Worten übertüncht. Oder mit Schweigen übergangen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Der winterliche Aufenthalt des Hexers in Toussaint beispielsweise. Alle Versionen tun diese Episode mit einem kurzen Satz ab: ›Die Helden verbrachten den Winter in Toussaint.‹ Selbst Rittersporn, der seinen Großtaten in diesem Fürstentum zwei Kapitel gewidmet hat, ist in Bezug auf den Hexer überraschend enigmatisch. Sollte es sich nicht lohnen, in Erfahrung zu bringen, was in jenem Winter geschehen ist? Nach der Flucht aus Belhaven und der Begegnung mit dem Elf Avallac’h im unterirdischen Komplex von Tir ná Béa Arainne? Was hat der Hexer von Oktober bis Januar in Toussaint gemacht?«
    »Was er gemacht hat? Überwintert!«, platzte die Adeptin heraus.»Vor der Schneeschmelze konnte er die Pässe nicht überqueren, also überwinterte er und langweilte sich. Kein Wunder, dass spätere Autoren diesen langweiligen Abschnitt mit einem lakonischen ›Der Winter ging vorbei‹ abgetan haben. Aber wenn es sein muss, werde ich versuchen, etwas zu erträumen. Haben wir irgendwelche Bilder oder Zeichnungen?«
    Nimue lächelte. »Wir haben sogar eine Zeichnung auf einer Zeichnung.«
     
    Die Felsmalerei stellte eine Jagdszene dar. Magere, achtlos skizzierte Menschlein mit Bögen und mit Speeren verfolgten in wilden Sprüngen einen großen violetten Bison. Er hatte Tigerstreifen an der Flanke, und über seinen lyraförmig gebogenen Hörnern schwebte etwas, das an eine Libelle erinnerte.
    »Das also« – Regis nickte – »ist jene Malerei. Angefertigt vom Elf Avallac’h. Dem Elf, der vieles wusste.«
    »Ja«, bestätigte Geralt trocken. »Das ist diese Malerei.«
    »Das Problem besteht darin, dass es in den Höhlen, die wir gründlich durchforscht haben, weder von Elfen noch von den anderen Wesen, die du erwähntest, eine Spur gibt.«
    »Sie waren hier. Jetzt haben sie sich zurückgezogen. Oder sind fortgegangen.«
    »Daran besteht kein Zweifel. Vergiss nicht, die Anhörung ist dir ausschließlich auf Fürsprache der Flamina gewährt worden. Anscheinend war man der Meinung, dass eine genügen würde. Nachdem die Flamina ziemlich unmissverständlich die Mitarbeit verweigert hat, weiß ich wirklich nicht, was du noch tun kannst. Wir kriechen schon den ganzen Tag durch diese Höhlen. Ich werde den Eindruck nicht los, dass es zwecklos ist.«
    »Ich«, sagte der Hexer bitter, »werde diesen Eindruck ebenfalls nicht los. Ich werde die Elfen niemals verstehen. Aber zumindest weiß ich schon, warum die meisten Menschen sie nicht besonders gut leiden können. Denn man wird den Eindruck nicht los, dass sie sich über uns lustig machen. Bei allem, was sietun, was sie sagen, was sie denken, machen sich die Elfen über uns lustig, verspotten uns. Verhöhnen uns.«
    »Aus dir spricht der Anthropomorphismus.«
    »Mag sein. Aber der Eindruck bleibt.«
    »Was wollen wir tun?«
    »Wir kehren zum Caed Myrkvid zurück, zu Cahir, dem die Druidinnen den skalpierten Dez sicherlich schon halbwegs geheilt haben. Dann steigen wir auf die Pferde und folgen der Einladung von Fürstin Anna Henrietta. Zieh keinen Flunsch, Vampir. Milva hat gebrochene Rippen, Cahir einen lädierten Schädel, ein wenig Erholung in Toussaint wird beiden guttun. Wir müssen auch Rittersporn aus der Affäre ziehen, denn es sieht so aus, dass er sich ganz schön verstrickt hat.«
    »Nun ja«, seufzte Regis, »meinetwegen. Ich werde mich von Spiegeln und Hunden fernhalten müssen, auf Zauberer und Telepathen achten   … Und falls ich trotzdem entlarvt werde, zähle ich auf dich.«
    »Kannst du«, erwiderte Geralt ernst. »Ich werde dich nicht im Stich lassen. Kamerad.«
    »Kamerad?«
    »Aus mir spricht der Anthropomorphismus. Weiter, verlassen wir diese Grotten, Kamerad. Denn hier finden wir höchstens Rheumatismus.«
    »Höchstens. Es sei

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