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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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hätte sein können. Vielleicht diese Fürstin, von der Rittersporn in den Tagebüchern schreibt?«
    »Da hast du wohl zu flüchtig gelesen«, kühlte die Zauberin sie etwas ab. »Rittersporn beschreibt die Fürstin Anarietta genau, und andere Quellen bestätigen, dass ihre Haare, ich zitiere, von kastanienbrauner Farbe waren, schimmernd, eine wahrlich goldgleiche Aureole.«
    »Dann war sie es nicht«, stimmte die Adeptin zu. »Bei mir war die Frau schwarz. Geradezu wie diese Kohle. Aber der Traum war   … hmmm   … bemerkenswert.«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Sie haben miteinander gesprochen. Aber das war kein gewöhnliches Gespräch.«
    »Was war daran ungewöhnlich?«
    »Die meiste Zeit hindurch hatte sie die Beine über seinen Schultern.«
     
    »Sage mir, Geralt, glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?«
    »Und du, glaubst du es?«
    »Ja.«
    »Jetzt weiß ich schon, was uns zusammengeführt hat. Die einander anziehenden Gegensätze.«
    »Sei nicht zynisch.«
    »Warum? Zynismus soll doch von Intelligenz zeugen.«
    »Das ist nicht wahr. Bei all seiner pseudointelligenten Hülle ist Zynismus abstoßend unaufrichtig. Ich kann Unaufrichtigkeit nicht ausstehen. Da wir schon dabei sind   … Sag mir, Hexer, was liebst du an mir am meisten?«
    »Das.«
    »Du verfällst vom Zynismus in Trivialität und Banalität. Versuche es noch einmal.«
    »Am meisten liebe ich an dir deinen Verstand, deine Intelligenzund deine seelische Tiefe. Deine Unabhängigkeit und Freiheit, deine   …«
    »Ich verstehe nicht, woher du so viel Sarkasmus nimmst.«
    »Das war kein Sarkasmus, das war ein Scherz.«
    »Solche Scherze kann ich nicht leiden. Vor allem zur Unzeit. Alles, mein Lieber, hat seine Zeit, und jegliches Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde. Es gibt eine Zeit zu schweigen und eine Zeit zu reden, eine Zeit zu weinen und eine zu lachen, eine Zeit zum Pflanzen und eine zum Ausziehen, Verzeihung, Ausraufen, eine Zeit für Scherze und eine Zeit für den Ernst   …«
    »Eine Zeit für körperliche Zärtlichkeiten und eine Zeit, sich ihrer zu enthalten?«
    »Nein, nimm das nicht so wörtlich! Nehmen wir lieber an, dass jetzt die Zeit der Komplimente ist. Sich ohne Komplimente zu lieben, kommt mir physiologisch vor, und Physiologie ist platt. Mach mir Komplimente!«
    »Niemand – von der Jaruga bis zur Buina – hat so ein schönes Popochen wie du.«
    »Na prima, jetzt hast du mich zur Abwechslung zwischen irgendwelchen barbarischen Flüsschen im Norden einsortiert. Mal ganz abgesehen von der Qualität der Metapher, hättest du nicht sagen können: Von der Alba bis zur Velde? Oder von der Alba bis zum Sansretour?«
    »Ich bin mein Lebtag nicht an der Alba gewesen. Ich versuche, Urteile zu vermeiden, die nicht von gründlicher Erfahrung untermauert sind.«
    »Och! Wirklich? Ich darf also annehmen, dass du genug Popochen – denn davon war ja die Rede – gesehen und erfahren hast, um ein Urteil fällen zu können? Was, Weißhaariger? Wie viele Frauen hattest du denn vor mir? Hm? Ich habe dich etwas gefragt, Hexer! Nein, nein, lass sein, Pfoten weg, auf diese Weise drückst du dich nicht vor der Antwort. Wie viele Frauen hattest du vor mir?«
    »Keine. Du bist meine erste.«
    »Na endlich!«
     
    Nimue betrachtete schon ziemlich lange das Bild, das in subtilem
Chiaroscuro
zehn Frauen darstellte, die um einen runden Tisch saßen.
    »Schade«, sagte sie schließlich, »dass wir nicht wissen, wie sie wirklich aussahen.«
    »Die Großmeisterinnen?«, prustete Condwiramurs. »Von denen gibt es doch jede Menge Porträts! Allein schon in Aretusa   …«
    »Ich sagte: ›wirklich‹«, fiel ihr Nimue ins Wort. »Ich meine keine geschönten Konterfeis, die nach anderen geschönten Konterfeis gemalt wurden. Vergiss nicht, es hat eine Zeit gegeben, in der die Bilder von Zauberinnen vernichtet wurden. Und die Zauberinnen selbst. Und dann gab es eine Zeit der Propaganda, als die Meisterinnen schon allein durch ihr Aussehen Achtung, Bewunderung und fromme Furcht erregen sollten. Aus dieser Zeit stammen sämtliche
Versammlungen der Loge
,
Verschwörungen
und
Konvente
, die Gemälde und Grafiken, die einen Tisch darstellen und daran zehn herrliche, berückend schöne Frauen. Aber echte, authentische Porträts gibt es nicht. Mit zwei Ausnahmen. Authentisch ist das Porträt von Margarita Laux-Antille, das in Aretusa auf der Insel Thanedd hängt und durch ein Wunder den Brand überstanden hat. Authentisch ist das Porträt von Sheala de

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