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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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lächelte nicht – »und die Lebensweise der Hexer sind ins Wanken gekommen, denn der Kampf zwischen Gut und Böse wird jetzt auf einem anderen Schlachtfeld und in ganz anderer Weise ausgetragen. Das Böse hat aufgehört, chaotisch zu sein. Es ist keine blinde Elementargewalt mehr, gegen die ein Hexer antreten muss, ein Mutant, ebenso mörderisch und ebenso chaotisch wie das Böse selbst. Heute folgt das Böse Gesetzen – denn die Gesetze dienen ihm. Es handelt im Sinne abgeschlossener Friedensverträge, denn es wurde beim Abschluss dieser Verträge bedacht   …«
    »Er hat die Siedler gesehen, die nach Süden getrieben werden«, erriet Zoltan Chivay.
    »Und nicht nur die«, fügte Rittersporn ernst hinzu. »Nicht nur die.«
    »Ja und?« Yarpen Zigrin setzte sich bequemer hin, faltete die Hände auf dem Bauch. »Jeder hat etwas gesehen. Jedem ist beiirgendeinem Anblick übel geworden, jeder hat für kürzere oder längere Zeit den Appetit verloren. Oder den Schlaf. Das kommt vor. Das kam früher vor, und es wird weiter vorkommen. Mehr Philosophie als aus diesen Schneckenhäusern hier ist daraus nicht zu holen. Weil es mehr gar nicht gibt. Was passt dir nicht, Hexer, was geht dir gegen den Strich? Die Veränderungen, denen die Welt unterliegt? Die Entwicklung? Der Fortschritt?«
    »Vielleicht.«
    Yarpen schwieg lange, betrachtete den Hexer unter buschigen Brauen hervor.
    »Der Fortschritt«, sagte er schließlich, »ist wie eine Herde Schweine. Und so muss man diesen Fortschritt betrachten, so muss man ihn bewerten. Wie eine Herde Schweine, die auf dem ganzen Gehöft herumlaufen. Aus der Existenz dieser Herde ergeben sich verschiedene Vorteile. Es gibt Schinken. Es gibt Wurst, es gibt Speck, es gibt Eisbein in Aspik. Kurzum, Nutzen! Und da braucht man nicht die Nase zu rümpfen, dass alles vollgeschissen ist.«
    Alle schwiegen eine Weile, bedachten im Stillen allerlei ernste Dinge und Angelegenheiten.
    »Wir müssen uns betrinken«, erklärte Rittersporn schließlich.
    Niemand erhob Einspruch.
     
    »Der Fortschritt«, sagte Yarpen Zigrin in die Stille hinein, »wird auf lange Sicht die Finsternis vertreiben. Die Dunkelheit wird dem Licht weichen. Aber nicht sofort. Und gewiss nicht kampflos.«
    Geralt, den Blick zum Fenster gerichtet, lächelte in sich hinein. »Die Dunkelheit, von der du sprichst, ist ein Zustand des Geistes, nicht der Materie. Zum Kampf gegen so etwas muss man ganz andere Hexer ausbilden. Es ist höchste Zeit, damit zu beginnen.«
    »Zu beginnen, sich umzuqualifizieren? Meinst du das?«
    »Überhaupt nicht. Die Hexerei interessiert mich nicht mehr. Ich trete in den Ruhestand.«
    »Von wegen!«
    »Das ist mein voller Ernst. Ich habe Schluss gemacht mit dem Hexerberuf.«
    Es trat ein langes Schweigen ein, unterbrochen vom wütenden Miauen der Kätzchen, die sich unter dem Tisch kratzten und bissen, treu dem Brauch ihrer Art, für die Spaß ohne Schmerz kein Spaß ist.
    »Er hat Schluss gemacht mit dem Hexerberuf«, wiederholte schließlich Yarpen Zigrin gedehnt. »Ha! Ich weiß selber nicht, was ich davon halten soll, wie König Desmond sagte, als man ihn beim Falschspiel erwischte. Aber vermuten kann man das Schlimmste. Rittersporn, du bist mit ihm unterwegs, verbringst viel Zeit mit ihm. Lässt er noch andere Anzeichen von Paranoia erkennen?«
    »Gut, gut.« Geralts Gesicht war wie von Stein. »Spaß beiseite, wie König Desmond sagte, als bei einem Festmahl die Gäste plötzlich blau anliefen und zu sterben begannen. Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte. Und jetzt zur Tat.«
    Er nahm das Schwert von der Stuhllehne. »Da ist dein Sihill, Zoltan Chivay. Ich gebe ihn dir mit Dank und einer Verbeugung zurück. Er hat mir gedient. Geholfen. Er hat Leben gerettet. Und Leben genommen.«
    »Hexer   …« Der Zwerg hob die Hände zu einer Abwehrgeste. »Das Schwert gehört dir. Ich habe es dir nicht geliehen, sondern geschenkt. Geschenke   …«
    »Sei still, Chivay. Ich gebe dir dein Schwert zurück. Ich brauche es nicht mehr.«
    »Von wegen«, wiederholte Yarpen Zigrin. »Schenk ihm Schnaps ein, Rittersporn, denn er redet wie der alte Schrader, als ihm im Schacht eine Hacke auf den Kopf gefallen war. Geralt, ich weiß, dass du eine tiefgründige Natur und eine erhabene Seele bist, aber ich bitte dich sehr, red nicht solchen Stuss, dennim Publikum sitzen, wie man leicht sieht, weder Yennefer noch sonst eine von deinen magischen Konkubinen, nur wir alten Hasen. Und alten Hasen brauchst du nicht

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