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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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in Maribor ein Wirtshaus mit solch einer Küche, dass sogar der König bei ihm Gäste empfangen hat. Gleich werden wir essen, ich sag euch!«
    Zoltan nickte. »Und zuvor kosten wir von einer frisch geräucherten Maräne, die in den unergründlichen Tiefen des hiesigen Sees an die Angel gegangen ist. Und wir trinken Fusel aus den unergründlichen Tiefen des hiesigen Kellers.«
    »Und erzählen, meine Herren«, erinnerte Yarpen, während er eingoss. »Erzählen!«
     
    Die Maräne war noch warm, fett, sie roch nach dem Rauch von Erlenspänen. Der Schnaps war so kalt, dass geradezu die Zähne schmerzten.
    Als Erster erzählte Rittersporn, blumig, flüssig, farbig und beredsam, er versah die Geschichte mit derart schönen und phantasievollen Ornamenten, dass sie beinahe den Gang der Handlung überdeckten. Dann erzählte der Hexer. Er berichtete die reine Wahrheit, doch er sprach so trocken, hölzern und farblos, dass Rittersporn es nicht aushielt und ihm immer wieder ins Wort fiel, wofür er von den Zwergen Tadel einsteckte.
    Später war die Erzählung zu Ende, und eine lange Stille trat ein.
    »Auf Milva, die Bogenschützin!« Zoltan Chivay räusperte sich, hob den Becher. »Auf den Nilfgaarder. Auf Regis den Kräutersammler, der in seiner Hütte die Wanderer mit Stoff aus Mandragora bewirtet hat. Und auf diese Angoulême, die ich nicht kennengelernt habe. Möge ihnen die Erde leicht sein, ihnen allen. Mögen sie dort, im Jenseits, in Hülle und Fülle haben, woran es ihnen in dieser Welt mangelte. Und mögen ihre Namen für alle Zeiten in Liedern und Geschichten weiterleben. Trinken wir.«
    »Trinken wir«, wiederholten Rittersporn und Yarpen Zigrin tonlos.
    Trinken wir, dachte der Hexer.
     
    Wirsing, ein graumelierter Bursche, blass und dünn, das pure Gegenteil des Stereotyps von einem Schankwirt und Meister der kulinarischen Künste, stellte ein Körbchen mit schön weißem und duftendem Brot auf den Tisch und danach einen riesigen Holzteller, auf dem auf einer Unterlage aus Meerrettichblättern die Schnecken lagen, von Knoblauchöl glänzend und sprühend. Rittersporn, Geralt und die Zwerge machten sich entschlossen darüber her. Das Essen war ausnehmend schmackhaft und dabei ungewöhnlich unterhaltsam in Anbetracht der Notwendigkeit, mit sonderbaren kleinen Zangen und Gabeln zu jonglieren.
    Sie aßen, schmatzten, griffen nach dem Brot, um das Öl auszuwischen. Sie fluchten wohlgemut, wenn eine Schnecke nach der anderen aus den Zangen rutschte. Zwei junge Katzen amüsierten sich wie wild, indem sie auf dem Fußboden die leeren Gehäuse wegstießen und ihnen nachsetzten.
    Der aus der Küche heranwehende Geruch zeigte an, dass Wirsing die zweite Portion briet.
     
    Yarpen Zigrin winkte unwillig ab, doch ihm war klar, dass der Hexer nicht nachlassen würde.
    »Bei mir«, sagte er und saugte ein Schneckenhaus aus, »gibt es im Grunde nichts Neues. Ein bisschen gekämpft   … ein bisschen regiert, denn sie haben mich zum Unterberghauptmann gewählt. Ich werde Karriere in der Politik machen. In jedem anderen Geschäft ist die Konkurrenz groß. Aber in der Politik treten sich Dummköpfe, Schmiergeldnehmer und Diebe auf die Füße. Da kann man sich leicht hervortun.«
    »Also ich«, erklärte Zoltan Chivay und gestikulierte mit einer in der Zange gehaltenen Schnecke, »habe mit der Politik nichts am Hut. Ich werde ein Dampf-Wasser-Hammerwerk gründen, zusammen mit Figgis Merluzzo und Munro Bruys. Erinnerst du dich an sie, Hexer, an Figgis und Bruys?«
    »Nicht nur an sie.«
    »Yazon Varda ist an der Jaruga gefallen«, teilte Zoltan trocken mit. »Ganz dumm, in einem der letzten Gefechte.«
    »Schade um ihn. Und Percival Schuttenbach?«
    »Der Gnom? Oh, dem geht es gut. Ein Fuchs, hat sich vor der Einberufung gedrückt, sich auf irgendwelche uralten Gnomenrechte herausgeredet, dass ihm die Religion das Kämpfen verbiete. Und er ist damit durchgekommen, obwohl doch alle sehen konnten, dass er das ganze Pantheon von Göttern und Göttinnen für einen marinierten Hering hergegeben hätte. Jetzt hat er eine Juwelierwerkstatt in Nowigrad. Weißt du, er hat mir den Papagei abgekauft, Feldmarschall Duda, und ausdem Vogel eine lebendige Reklame gemacht, indem er ihm beigebracht hat, zu rufen: ›Brrrillanten, Brrrillanten‹. Und stell dir vor, es funktioniert. Der Gnom kann sich nicht retten vor Kunden, er hat alle Hände voll zu tun und die Kasse noch voller. Ja, ja, das ist Nowigrad! Dort liegt das Geld auf der Straße.

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