Die Darwin-Kinder
bereitete sich geistig auf die Ausschusssitzung vor.
»Sie lässt Sie grüßen.«
»Nett von ihr.«
Kaye blickte auf das gerahmte Porträt zur Rechten des großen Schreibtischs. »Wir waren sehr betroffen, als wir vom Tod des Abgeordneten Wickham erfuhren.«
»Hat hier alles auf den Kopf gestellt«, murmelte Gianelli, während er sie taxierte. »Hat mir allerdings zur nötigen Beförderung verholfen, deshalb sitze ich hier. Ich bin noch ein Welpe. Viele Leute in diesem Gebäude meinen, mir gutes Benehmen beibringen zu müssen.«
Gianelli, der jetzt ernst und voll bei der Sache war, beugte sich vor.
»Ist es wahr?«
Kaye wusste, worauf er anspielte, und nickte.
»Gestützt auf welches Material?«
»Auf die laufenden pharmazeutischen
Untersuchungsberichte, die bei Americol eingehen. Auf die systematische Sammlung epidemiologischer Daten, die zweitausend örtliche Krankenhäuser in Erfüllung ihrer Verträge an Americol liefern.« Kaye schluckte nervös.
Gianelli nickte. Während er sich das durch den Kopf gehen ließ, huschte sein Blick irgendwie schreckhaft über ihre Schulter. »Irgendwelche staatlichen Quellen?«
»RSVP Plus, Air Force LEADER 21, Centers of Disease Control Virocol, National Health Institute, Laufende Überwachung der Öffentlichen Gesundheit.«
»Aber keine Quellen, die nur dem Krisenstab zugänglich sind?«
»Nein, allerdings haben wir den Verdacht, dass der Krisenstab seinerseits einige unserer eigenen Kanäle anzapft.«
»Von welcher Zahl gehen Sie inzwischen aus?«, fragte Gianelli.
»Von einigen Zehntausend, es könnten auch mehr sein.«
»Jesus, Homer und alle guten Geister.« Gianelli lehnte sich zurück, wobei die alten Stahlfedern seines hohen Bürostuhls ächzten. Als wolle er sich selbst beruhigen, hob er die Arme und verschränkte die Hände im Nacken.
»Wie geht’s Ihrer Tochter?«
»Sie ist in einem Lager in Arizona.«
»Der gute alte Charlie Chase und sein wunderbares Arizona.
Aber wie geht es ihr dort, Frau Dr. Rafelson?«
»Sie ist gesund. Und hat Freunde gefunden.«
Gianelli schüttelte den Kopf. Kaye konnte nicht ausmachen, was er gerade dachte oder empfand.
»Es könnte eine harte Sitzung werden. Laura, am besten wir informieren Dr. Rafelson kurz über die einzelnen Akteure im Unterausschuss.«
»Man hat mich in Baltimore instruiert.«
»Niemand kennt diese Leute besser als wir, stimmt’s, Laura?«
»Niemand«, bestätigte Laura Bloch.
»Lauras Tochter Annie war in der Joseph-Goldberger-Schule.
Sie ist gestorben«, erklärte der Senator.
»Das tut mir Leid.« Plötzlich füllten sich Kayes Augen mit Tränen.
Bloch tätschelte Kayes Arm und verschanzte sich hinter einer grimmigen Miene. »Sie war ein liebes Kind. Ein bisschen verträumt.« Sie richtete sich auf. »Sie werden gleich als Zeugin vor einem Pavian, zwei Kobras, einer Gans, einem staatlich anerkannten Leitaffen und einem gefleckten Leoparden auftreten.«
»Senator Percy ist der Pavian«, sagte Gianelli. »Jakes und Corcoran sind die Kobras, die sich bedeckt im Gras halten.
Allerdings verabscheuen sie die Mitarbeit in diesem Ausschuss, deshalb glaube ich kaum, dass sie Ihnen irgendwelche Fragen stellen werden.«
»Senatorin Thomasen leitet den Ausschuss. Sie ist die Gans«, fuhr Bloch fort. »Sie hält sich gern für jemand, der die anderen Viecher im Zaum hält, hat aber selbst keine dezidierte Meinung. Senator Chase behauptet, auf unserer Seite zu stehen…«
»Er ist der Leitaffe«, sagte Gianelli. »Allerdings wissen wir nicht, wie er abstimmen wird, wenn es hart auf hart kommt«, fügte Bloch hinzu.
Gianelli sah auf die Uhr. »Ich werde Sie als Erste ins Spiel bringen. Laura hat mir gesagt, dass die Leiterin des Krisenstabs immer noch im Stau steckt.«
»Zwanzig Minuten entfernt«, erklärte Bloch.
»Sie arbeitet hart daran, dass die Leitung des Nationalen Krisenstabs auf Kabinettsebene angesiedelt wird, damit sie die alleinige Kontrolle über den Etat erhält. Die Leiterin ist unser Leopard.« Gianelli kratzte sich an der Oberlippe. »Von Ihnen erwarten wir, dass Sie uns dabei unterstützen, ihre Vorschläge
– sicherlich unglaublich schlimme Vorschläge
–
abzuschmettern.«
»In Ordnung«, erwiderte Kaye.
»Mark Augustine wird auch da sein«, sagte Bloch. »Haben Sie irgendwelche Probleme damit?«
»Nein.«
»Sie kommen miteinander aus?«
»Wir hatten Meinungsverschiedenheiten, haben aber zusammengearbeitet.«
Über Blochs Gesicht huschte ein Anflug von
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