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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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durchzuhalten.
    Natürlich hing ihre Anteilnahme auch mit seinem verkrüppelten Arm zusammen. Mitch konnte nur mit einer Hand richtig graben und musste dabei den Schaufelgriff in die Achselhöhle stemmen.
    Die Gruppe kauerte sich in den Sand oder auf die zwei großen Holzbänke, die sie von der Ladefläche des verbeulten Pritschenwagens geholt hatten. Es war das einzige Fahrzeug, das ihnen hier zur Verfügung stand. Auch der inzwischen nutzlose Generator war dort untergebracht.
    »Irgendwas Tolles gefunden?«, fragte Kylan. An diesem Abend waren sie nicht besonders gesprächig. Es mochte daran liegen, dass ihnen klar war, wie schnell sich all ihre Hoffnungen und Träume zerschlagen konnten. In den letzten Wochen war diese Ausgrabungsstätte zu ihrem Lebensmittelpunkt geworden. Es hatten sich hier bereits zwei Liebespaare gesucht und gefunden.
    Mitch hob die Hand hoch, als greife er nach etwas.
    »Taschenlampe«, sagte er.
    Tom Pritchard, vierundzwanzig Jahre alt und sehr dünn, dessen blondes Haar im Moment staubig und zerzaust aussah, warf ihm eine Taschenlampe aus schwarzem Aluminium zu.
    Die Studenten blickten einander mit bemüht ausdrucksloser Miene an, wie junge Leute es oft tun, wenn sie ein möglicherweise voreiliges Gefühl der Hoffnung verbergen wollen.
    »Was ist es?«, fragte die große, stämmige Caitlin Bishop, die jetzt viele Kilometer von ihrer Heimatstadt New York trennten.
    Mitch hob den Kopf und seufzte. »Wahrscheinlich nichts von Bedeutung.«
    Als sie sich um ihn scharten, war all ihre bemühte Gleichgültigkeit und Müdigkeit wie weggeblasen. Hoffnung brauchten sie ebenso nötig wie Flüssigkeit zum Ausgleich ihres Wasserhaushalts. »Was ist es – was haben Sie gefunden?«, riefen sie durcheinander.

    Mitch wiederholte, es sei vermutlich nichts von Bedeutung, wahrscheinlich gar nicht das, was er dem ersten Eindruck nach angenommen habe. Und selbst wenn: Welche Rolle spielte das schon für das Projekt? Es gab Hunderte von Muscheln aus Spiro, die sich mittlerweile in privaten Sammlungen oder Sammlungen von Universitäten befanden. Was war schon Besonderes daran, wenn er nur eine weitere Muschel dieser Art gefunden hatte? Wie sollte ein solcher Lohn der Arbeit ihn dafür entschädigen, dass er seine Familie verloren hatte?
    Er winkte mit der Taschenlampe ab und richtete ihren Strahl auf den ersten Stern am Abendhimmel. In der trockenen, unbewegten Luft war der Strahl nur deshalb sichtbar, weil sich der Staub, den sie den ganzen Tag über aufgewirbelt hatten, immer noch nicht gesetzt hatte.
    »Weiß irgendjemand was über Spiro in Oklahoma? Über den Craig-Damm?«, fragte er.
    »Man ist dort auf Spuren einer Zivilisation gestoßen, die ursprünglich am Mississippi angesiedelt war«, erklärte Kylan, die beste Studentin der Gruppe, aber nicht unbedingt die Beste beim Ausheben von Gruben. »Wurde in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts von der Pocola Mining Company entdeckt. Die reine Katastrophe: Alle Grabfunde, Töpfereien und sonstigen Gerätschaften sind der Nachwelt verloren gegangen, weil sie an Touristen verscherbelt wurden.«
    »Auch deswegen bekannt, weil dort Muschelschalen mit Gravuren gefunden wurden«, ergänzte Mitch. »Verziert mit Vögeln, Schlangen und anderen Motiven, die vage an mittelamerikanische Muster erinnern. Vermutlich auf eine Siedlergemeinschaft zurückzuführen, die regen Tauschhandel betrieb. Die Muster haben sich weiter verbreitet und finden sich auch bei Kulturen im Osten, Süden und Mittleren Westen der Vereinigten Staaten. Weiß jemand Näheres über diese Muscheln?«

    Alle schüttelten die Köpfe.
    »Zeigen Sie’s uns.« Bernard Rowland, der so groß wie Mitch war, aber breitere Schultern hatte, trat vor. Bernard war Mormone und trank kein Bier, sondern vor allem gesüßten Eistee, ein grässlich grünes Gesöff in einer großen Plastikflasche.
    Mitch führte sie durch die Reihen von Ausgrabungslöchern zur Fundstätte. Inzwischen begannen die Fliegen, die sich während der Hitze des Tages zurückgezogen hatten, überall herumzusummen. Nicht einmal fünfzehn Kilometer entfernt, Richtung Lubbock, lagen große Viehweiden und Futterstellen.
    Der Geruch, der bei entsprechendem Wind herüber drang, war überaus penetrant. Mitch fragte sich, wie jemand auf die Idee hatte kommen können, ausgerechnet hier, so nahe an den Futterstellen mit ihrem Gestank und der Fliegenplage, eine neue Wohnsiedlung zu errichten.
    Als sie an der Grube ankamen, blieben die Studenten

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