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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Skepsis.
    »Wir gehen das Risiko ein.« Gianelli schniefte.
    »Sie sollten niemals Risiken eingehen«, riet ihm Bloch und holte ein Taschentuch aus der Handtasche.
    »Ich gehe stets Risiken ein«, erklärte Gianelli. »Deshalb bin ich ja hier.« Er putzte sich die Nase. »Gottverdammte Allergien.« Er beobachtete, wie Kaye das aufnahm.
    »Washington ist voller Rotznasen.«
    »Macht mir nichts aus«, sagte Kaye. »Schließlich bin ich als Mutter daran gewöhnt.«
    »Gut, wir können Profis brauchen«, bemerkte Bloch.

    6
    New Mexico

    Dr. Juries Büro war klein und so mit Kartons voll gestopft, als sei er erst vor wenigen Tagen angekommen. Als Dicken und Turner eintraten, schob Jurie seinen alten Aeron-Stuhl zurück.
    Auf den Regalen standen nicht sonderlich viele Bücher: ein paar zerfledderte Studienbücher, die Jurie zum schnellen Nachschlagen offenbar bevorzugte, und Aktendeckel voller wissenschaftlicher Texte, wie Dicken vermutete. In dem engen Raum zählte er sieben stählerne Laborhocker, in dichtem Halbkreis um den Schreibtisch herum gruppiert. Auf dem Schreibtisch stand ein Computer mit flachem Bildschirm, dessen Doppelfeld gerade Ergebnisse von zwei Experimenten anzeigte.
    »Haben Sie sich schon akklimatisiert, Dr. Dicken?«, fragte Jurie. »Bekommt Ihnen die Höhenluft?«
    »Mir geht’s gut, danke«, erwiderte Dicken, während sich Turner und Presky auf die Hocker fläzten.
    Jurie lud Dicken mit einer Geste ein, auf einem zweiten alten Aeron-Stuhl ihm gegenüber am Schreibtisch Platz zu nehmen.
    Ehe er sich setzen konnte, musste er erst einen Stapel Kartons zur Seite schieben. Als er sein Bein beugte, spürte er Schmerzen. Sobald er saß, fragte er sich, wie er jemals wieder von diesem Stuhl aufstehen sollte.
    Jurie trug bequeme Schnürschuhe, Wollhosen, ein dunkelblaues Hemd mit breitem Revers und einen cremefarbenen Strickpullunder. Seine Kleidung sah sauber, aber zerknittert aus. Obwohl er schon fünfundfünfzig war, wirkte sein gut geschnittenes Gesicht immer noch jugendlich und sein Körper drahtig. Er hatte ein Gesicht, das sich in einer Werbeanzeige hervorragend über dem Kragen eines Arrow-Hemdes ausgemacht hätte. Ihm fehlte nur noch die Pfeife, dann hätte Dicken ihn für einen Mann gehalten, der jedes Klischee vom Wissenschaftler erfüllte. Allerdings war sein Körper so zierlich, dass er in seiner Wirkung nicht ganz an einen Robert Oppenheimer heranreichte. Dicken schätzte ihn auf knapp einen Meter sechzig.
    »Ich habe noch weitere Mitglieder unserer Forschungsgruppe zu dieser Besprechung eingeladen. Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie hier so vorführe, Dr. Dicken.« Nachdem er mit einem Griff über den Schreibtisch den Computer in den Schlaf-Modus versetzt hatte, kreiste er auf seinem Stuhl vor und zurück.
    In diesem Augenblick steckte eine Frau den Kopf durch die Tür und klopfte mit der vorgeschobenen Faust gegen die Zimmerwand.
    »Ah«, sagte Jurie. »Dee Dee – Dr. Blakemore. Stets die Pünktlichkeit in Person.«
    »Allzu pünktlich«, erwiderte sie. Dr. Blakemore war schätzungsweise Ende dreißig, angenehm rundlich, hatte langes, mausgraues Haar und selbstsichere Züge. Sie drängte sich durch die Tür und nahm umständlich auf einem der Hocker Platz. Während der nächsten Minuten stießen vier weitere Mitglieder der Forschungsgruppe zu ihnen, blieben jedoch stehen.
    »Dank Ihnen allen, dass Sie gekommen sind«, eröffnete Jurie die Besprechung. »Wir alle sind hier, um Dr. Dicken zu begrüßen.«
    Zwei der Männer waren mit Bierdosen bewaffnet, die sie offenbar auf der Party geschnorrt hatten. Dicken fiel auf, dass einer von ihnen – Dr. Orlin Miller, früher Angehöriger der Western Washington University – immer noch bei Bud Light statt Heineken war.
    »Wir sind eine lockere Gruppe«, erklärte Jurie. »In gewisser Weise recht zwanglos.« Er lächelte nie und machte beim Sprechen kleine, unerwartete Pausen zwischen den einzelnen Worten. »Uns hier im Zentrum für Pathogene interessiert vor allem, wie Krankheitserreger uns als genetische Archive und Speicher benutzen. Außerdem, in welcher Weise wir uns diesen Eingriffen inzwischen angepasst und unsererseits gelernt haben, sie zu nutzen. Es spielt dabei eigentlich gar keine Rolle, ob die Viren böse Gene aus unserem Inneren sind oder aber Invasoren, die von außen kommen: Das Ergebnis ist stets dasselbe – ein ständiger Kampf um Vorteile und um Kontrolle. Manchmal gewinnen wir diesen Kampf und manchmal verlieren wir ihn,

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