Die Darwin-Kinder
Browning und richtete sich auf.
»Der Krisenstab ist sich dieser Fälle sehr wohl bewusst und hat einen speziellen Plan entwickelt, um ihren Folgen entgegenzuwirken. Es stimmt, dass es Fehlgeburten gegeben hat, auf die den Berichten nach erneut Schwangerschaften gefolgt sind. Allerdings fehlt jeder Beweis dafür, dass diese Neugeborenen die bekannte Art virusinduzierter Mutationen aufweisen werden. Tatsächlich stimmt das derzeit von Männern exprimierte Retrovirus nicht mit den uns bekannten SHEVA-Viren überein. Es ist durchaus möglich, dass wir jetzt ein Neuaufleben der Krankheit mit neuartigen Viren und neuartigen Komplikationen beobachten.«
»Das sind ja erschreckende, schlimme Neuigkeiten, Ms.
Browning«, mischte sich Senator Percy ein. »Glauben Sie nicht auch, dass es höchste Zeit ist, diese Invasoren aus dem Feld zu schlagen?«
Browning ordnete ihre Unterlagen. »Allerdings, Herr Senator. Inzwischen haben wir einen Impfstoff entwickelt, der einer Übertragung von SHEVA und vielen anderen Viren im Kern entgegenwirkt.«
Kaye hielt sich am Tischrand fest, um das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Es gab überhaupt keinen neuen Impfstoff, wie sie mit hundertprozentiger Sicherheit wusste. Das hier war wissenschaftlicher Mist in reinster Form. Allerdings war jetzt gewiss nicht der passende Zeitpunkt, Browning zur Rechenschaft zu ziehen und vorzuführen. Sollte sie ihr Netz ruhig weiterspinnen.
»Wir gehen davon aus, dass wir es schaffen werden, diese weitere Entwicklung neuartiger Viren von Anfang an zu unterbinden«, fuhr Browning fort und setzte eine altmodische runde Lesebrille auf, um von ihrem internetfähigen Handy Notizen abzulesen. »Darüber hinaus empfehlen wir Quarantänemaßnahmen und die Ausrüstung aller infizierten Mütter mit Chips, um sie mithilfe von GPS erfassen zu können und einen weiteren Ausbruch von SHIVER zu verhindern. Wir hoffen, dass uns der Bundesgerichtshof demnächst die Erlaubnis erteilt, auch alle SHEVA-Kinder mit diesen Chips auszustatten.«
Kaye musterte die Gesichter auf dem Podium, in denen nichts als nackte Angst zu lesen war, und wandte sich danach wieder Browning zu, die ihrem Blick lange standhielt. Die Augen über der Großmutterbrille wirkten spießig und geradeheraus.
»Nach den vom Präsidenten vorgegebenen Direktiven 298
und 341 und der uns vom Abgeordnetenhaus übertragenen Vollmacht, festgelegt in unserer grundlegenden Satzung, können wir alle betroffenen Mütter unter absolute Quarantäne stellen. Für Männer, die das neue Retrovirus verbreiten, ordnen wir separaten Hausarrest an und holen sie aus den Haushalten heraus, in denen sie ihre Partnerinnen anstecken könnten. Die Leitlinie besteht darin, die Geburt weiterer SHEVA-infizierter Kinder zu verhindern.«
Chase war blass geworden. »Und wie verhindern wir das, Ms. Browning?«
»Falls die Ausrüstung mit Chips nicht sofort klappt, greifen wir auf ältere Methoden zurück. Den betroffenen Männern werden Knöchelketten angelegt, damit wir ihre Aktivitäten überwachen können. Schon jetzt werden weitere Pläne entwickelt. Wir
werden
diese neue Krankheitswelle
verhindern, Herr Senator.«
»Wie lange wird es dauern, bis wir unsere Körper völlig von diesen Viren reinigen können?«, fragte Senator Percy.
»Das ist Ms. Langs Fachgebiet.« Browning wandte sich mit unschuldiger Miene zu Kaye um, sozusagen von Kollegin zu Kollegin. »Kaye, gibt es irgendwelche Fortschritte?«
»Unsere Abteilung probiert gerade neue Verfahren aus. Bis jetzt konnten wir noch keine Lebendgeburten verzeichnen, nachdem wir überlieferte Viren – endogene Retroviren – aus den Embryonen von Mäusen oder Schimpansen entfernt hatten. Wenn man einen Großteil oder alle der alten viralen Gene, einschließlich SHEVA, entfernt, führt das nach der Zellteilung zu schweren chromosomalen Anomalien. Die befruchteten Eizellen können sich dann nicht festsetzen, es kommt zu frühen Absorptionen und Fehlgeburten. Außerdem haben wir bei Americol auch noch keine Fortschritte in der Entwicklung eines wirkungsvollen Impfstoffs erzielt. Wir müssen noch viel lernen. Viren…«
»Da haben wirs«, unterbrach Browning und wandte sich wieder den Senatoren zu. »Ein Scheitern auf ganzer Linie. Wir müssen jetzt mit praktischen Mitteln Abhilfe schaffen.«
»Dr. Rafelson, dabei erhebt sich natürlich die Frage, ob man Ihnen bei dieser Arbeit wirklich trauen kann, wenn man bedenkt, wo Ihre Sympathien liegen, nicht wahr?« Senator
Weitere Kostenlose Bücher