Die Darwin-Kinder
bedeutete, dass eine weitere Lebensphase der Sinnlosigkeit anheim fiel.
Man hatte ihn zwei Jahre eingesperrt, weil er angeblich einen tätlichen Angriff mit einer tödlichen Waffe – einem großen Stück Holz – auf Beamte ausgeübt hatte. Kaye hatte er schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr gesehen. Dass sie jetzt für Marge Cross in der Virenforschung arbeitete, kam seiner Meinung nach ebenfalls dem Eingeständnis einer Niederlage gleich.
Und dann war da noch Stella, die der Staat in eine Spezialschule in Arizona gesperrt hatte.
Fallon Dupres kam zu ihm herüber. Er drehte sich in dem Moment um, als sie ihn mit verschränkten Armen vorsichtig musterte. »Es ist kein Wellhorn, Mitch. Es ist eine zerbrochene Venusmuschel.«
»Dabei hätte ich es schwören können.« Er hatte geglaubt, eindeutig ein mittelamerikanisches Muster identifizieren zu können.
»Sie ist so voller Kritzel wie eine Schreibunterlage. Aber es ist kein Wellhorn, tut mir Leid.« Fallon wandte sich um, warf ihm nochmals einen Blick zu, bedachte ihn mit einem Lächeln, das vielleicht mehr eigenes Bedauern als Anteilnahme ausdrückte, und ging davon.
Mitch blieb ein paar Minuten unter dem bläulich-schwarzen Himmel stehen und fragte sich, wie viel Wunschdenken noch in ihm steckte und wann er es gänzlich verlieren würde. Für ihn hatte sich jetzt eine weitere Tür geschlossen.
Er konnte nach Norden fahren, unterwegs Zwischenstation machen und Stella besuchen – falls man ihn ließ. Das konnte man im Vornherein nie wissen.
Er wählte Eileens Nummer.
8
Washington, D.C.
Als Gianelli, der einen Stapel von Unterlagen bei sich hatte, den Saal vom hinteren Eingang her betrat, sah Thomasen auf.
Augustine warf ihm einen Blick über die Schulter zu. Dem Senator, der als letztes Ausschussmitglied eingetroffen war, folgte ein Geheimdienstagent, der sich mit einem weiteren Agenten an der Tür postierte. Nach den beiden kam eine kleine, angespannt wirkende Frau herein: Laura Bloch, wie Augustine erkannte. Den Senatorenposten hatte Gianelli vor allem ihr zu verdanken, sie besaß einen großartigen politischen Verstand. Augustine hatte außerdem läuten hören, dass Bloch auch etwas von einer Meisterspionin hatte.
»Freut mich, dass Sie’s hierher geschafft haben«, rief Chase quer durch den Saal. »Wir haben uns schon Sorgen gemacht.«
Gianelli lächelte hinterhältig. »Die Allergien sind schuld.«
Nach Bloch trat Kaye Lang Rafelson in den Saal, was Augustine verblüffte. Ihm fiel sofort auf, dass hier eine ganz bestimmte Situation arrangiert worden war. Sicher würde der gegenwärtigen Leiterin des Nationalen Krisenstabs die Verspätung noch Leid tun.
Kaye ging zum Zeugenstand vor, wo Stuhl und Mikrofon auf sie warteten. Als Erstes wurde sie dem Ausschuss vorgestellt, dessen Mitglieder sie dem Namen und Ruf nach alle kannten.
Senator Percy wirkte beunruhigt. Wie Augustine roch er den Braten. »Dr. Rafelson steht nicht auf unserer Zeugenliste, Dick«, sagte er, als Bloch Gianelli half, sich auf dem Podium einzurichten.
»Sie hat uns Wichtiges über bestimmte neue Entwicklungen mitzuteilen«, erklärte Gianelli kurz angebunden.
Während Kaye vereidigt wurde, sah sie nicht ein einziges Mal zu Augustine hinüber, obwohl er nicht einmal anderthalb Meter von ihr entfernt saß.
Senatorin Thomasen unterdrückte ein Gähnen. Es schien ihr durchaus recht zu sein, dass Gianelli ihr das Heft des Handelns aus der Hand nahm.
Nach leichtem Gerangel um das Procedere, weiteren Zwischenrufen von Senator Percy und Entgegnungen von Senator Chase hob Percy schließlich resignierend die Hände hoch und gab damit die Bühne für Kaye frei. Es war ihm deutlich anzumerken, wie sehr es ihn störte, dass die Leiterin des Krisenstabs noch immer nicht eingetroffen war.
»Dr. Rafelson, Sie arbeiten bei Americol, nicht wahr?«, fragte Thomasen mit Blick auf die Personalangaben des Zeugensteckbriefs, den Gianelli ihr gereicht hatte.
»Ja, Frau Senatorin.«
»Und womit befasst sich Ihre Arbeitsgruppe?«
»Wir untersuchen, auf welche Weise Mäuse und Schimpansen endogene Retroviren abwehren, Frau Senatorin.«
»Bravo«, warf Senator Percy ein. »Sehr löblich, Ihr Bestreben, die Welt von Viren zu befreien.«
»Durch unsere Arbeit versuchen wir herauszufinden, welche Rolle Viren in unserem Genom und im täglichen Leben spielen«, korrigierte Kaye. Diese Unterscheidung schien über Percys Horizont zu gehen.
»Sie arbeiten auch mit den Centers for Disease
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