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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Kräfte, die von den torus-förmigen Magneten des Geräts freigesetzt wurden, konnten einem schon Angst einjagen. Die Besucher wurden ermahnt, erst einmal alle mechanischen und elektronischen Utensilien, Taschen-PCs, Geldbeutel, Handys, Sicherheitsausweise, Brillen und Uhren aus ihren Taschen zu entfernen, ehe sie den Korridor entlanggingen. Kam man näher an die Maschine heran, musste man die Tageskleidung gegen metallfreie Kittel eintauschen – Reißverschlüsse, Metallknöpfe, Gürtelschnallen, Ringe, Ansteck- oder Krawattennadeln und
    Manschettenknöpfe waren nicht erlaubt.
    Alle mobilen Gegenstände im Umkreis von einigen Metern um die Maschine bestanden aus Holz oder Kunststoff. Wer hier arbeitete, trug elastische Gürtel und besondere Slipper oder Sportschuhe.
    Vor fünf Jahren hatte, in eben diesem Labor, eine Wissenschaftlerin alle Warnungen ignoriert, sodass ihr die Ringe an der Brustwarze und an der Klitoris herausgerissen worden waren. Jedenfalls erzählte man sich das. Menschen mit Herzschrittmachern, künstlichen Verstärkern der Sehnerven oder sonstigen neuralen Implantaten durften nicht einmal in die Nähe dieser Maschine kommen.
    Kaye hatte nichts dergleichen an sich oder in sich, und das war auch das Erste, was sie Herbert Roth an der Tür zu seinem Büro mitteilte.

    Roth, Anfang vierzig, schmächtig, mit Ansätzen zu einer Glatze, bedachte sie mit einem fragenden Lächeln, legte den Bleistift aus der Hand und schob einen Stapel von Computerausdrucken zur Seite. »Freut mich zu hören, Ms.
    Rafelson, aber das Gerät ist abgeschaltet. Außerdem haben wir ja schon mehrere Tage gemeinsam mit dem Scannen von Wishtoes Gehirn verbracht, das weiß ich also schon.«
    Nachdem Roth einen Plastikstuhl für Kaye herangezogen hatte, nahm sie ihm gegenüber am Schreibtisch Platz. Sie strich über das glatte Holz. Roth hatte ihr erzählt, sein Vater habe den Schreibtisch aus massivem Ahorn geschreinert, aber nicht zusammengenagelt, sondern nur verklebt. Es war ein schöner Schreibtisch.
    Er hat noch einen Vater.
    Als sie in ihrem Rückgrat den kühlen Strom spürte, der ihr äußerste Freude und Zustimmung vermittelte, schloss sie kurz die Augen. Roth beobachtete sie leicht besorgt.
    »Einen langen Tag gehabt?«
    Sie schüttelte den Kopf und fragte sich, wie sie am besten anfangen sollte.
    »Ist Wishtoes schwanger?«
    »Nein«, erwiderte Kaye und wagte den Sprung ins kalte Wasser.
    »Fühlen Sie sich durch und durch wie ein Wissenschaftler?«
    Roth blickte sich nervös um, als wirke der Raum plötzlich ein wenig fremd. »Hängt von der Situation ab.« Seine Augen verengten sich. Er konnte nicht umhin, Kaye einmal von Kopf bis Fuß zu mustern.
    »Als Wissenschaftler, der ein Geheimnis wahren kann?«
    Jetzt weiteten sich Roths Augen, es lag etwas wie Panik darin. »Entschuldigen Sie, Ms. Rafelson…«

    »Bitte nennen Sie mich Kaye.«
    »Kaye, ich halte Sie wirklich für sehr attraktiv, aber… Falls es um die Maschine geht: Ich habe bereits eine ganze Liste von Web-Sites, die zeigen… Ich meine, man hat das schon gemacht.« Er bemühte sich um ein galantes Lachen. »Teufel noch mal, ich selbst habs ja auch schon getan, natürlich nicht allein.«
    »Was getan?«
    Er wurde knallrot und schob seinen Stuhl so heftig zurück, dass die Kunststoffbeine über den Fußboden schrammten. »Ich habe keine Ahnung, wovon zum Teufel Sie reden.«
    Kaye lächelte ohne bestimmte Absicht, merkte jedoch, wie sich Roth daraufhin entspannte. Sein Gesicht nahm den Ausdruck leicht verwirrter Anteilnahme an und verlor die auffällige Röte. Ich habe irgendetwas an mir – die ganze Situation hat etwas Seltsames, dachte sie. Es ist ein magischer Augenblick.
    »Warum sind Sie gekommen?«
    »Ich biete Ihnen eine einzigartige Chance.« Kaye fühlte sich unglaublich nervös, ließ sich davon aber nicht aufhalten.
    Soweit sie wusste, hatte es in der gesamten Geschichte der Wissenschaft niemals eine Chance wie diese gegeben –
    jedenfalls nichts, das nachgewiesen und dokumentiert war.
    Einen solchen Fall kannte sie nicht einmal vom Hörensagen.
    »Ich habe gerade eine Gotteserscheinung.«
    Roth zog verblüfft eine Augenbraue hoch.
    »Sie wissen nicht, was eine Gotteserscheinung ist?«
    »Ich bin katholisch. Epiphanias ist das Fest, mit dem das Erscheinen Gottes in der Gestalt von Jesus gefeiert wird oder so ähnlich.«
    »Es ist eine Offenbarung«, erklärte Kaye. »Gott ist in mir.«
    »Du meine Güte!«, sagte Roth. Während die Worte

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