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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Als er das Bild in eine dreidimensionale Darstellung brachte und rotieren ließ, konnte Kaye die Umrisse eines Säuglingsschädels und verschwommen auch dessen Gehirn erkennen. Leuchtende Felder mentaler Aktivität wirbelten innerhalb der schemenhaften gekrümmten Areale von Knochen und Gewebe herum.
    Es sah so aus, als löse sich eine undefinierbare graue Masse vom Mund des Säuglings.
    »Geht wenig in die Einzelheiten, trotzdem ist die Übereinstimmung recht deutlich zu sehen«, bemerkte Roth.
    »Ein berühmtes Experiment, wurde vor etwa acht Jahren in Japan durchgeführt. Die haben dort eine ganz normale Geburt gescannt. Die Frau hatte schon vier Kinder, war also ein Profi, was das Kinderkriegen betrifft. Die Apparate haben ihr gar nichts ausgemacht.«
    Roth musterte das Bild, summte einen Moment und schnippte mit den Fingern wie mit Kastagnetten. »Dieser Scan des Säuglingshirns erfolgte zu dem Zeitpunkt, als er oder sie sich mit der Mutter vertraut machte. Die Brustwarze für sich entdeckte, würde ich sagen.« Er deutete auf die graue Masse, vergrößerte die Zentren von Aktivität, ließ sie bis zum passenden Scheitelpunkt rotieren und legte diesen Scan des infantilen Gehirns über den von Kaye.
    Die Zentren mit Aktivität waren deckungsgleich.
    Roth lächelte. »Was sagen Sie dazu? Passt das nicht genau?«
    Kaye hatte sich einen Augenblick lang in eigene Gedanken verloren, weil ihr eingefallen war, wie Stella zum ersten Mal an ihrer Brust gesaugt hatte. Sie erinnerte sich an das wunderbare Gefühl, als das Baby ihre Brustwarzen entdeckt hatte und ihre Milch herausgeströmt war.
    »Sieht identisch aus«, bestätigte sie. »Ist irgendwas falsch gelaufen?«
    »Das glaube ich nicht. Ich könnte auch einige Vergleiche mit Tierhirnen vornehmen. In den letzten Jahren wurden einige Forschungen darüber angestellt, wie neugeborene Kätzchen und Welpen – übrigens auch Paviane – erste Bindungen zur Mutter entwickeln, allerdings sind die Aufzeichnungen nicht besonders gut. Sie halten einfach nicht still.«
    »Was hat das zu bedeuten?« Kaye verstand immer noch nicht und schüttelte den Kopf. »Was immer ER auch sein mag, er kommuniziert nicht durch Sprache – so viel war von Anfang an klar. Eigentlich ärgerlich.«
    »Gemurmel aus dem brennenden Dornenbusch?«, warf Roth ein. »Allerdings fehlen die Steintafeln mit den Geboten.«
    »Er hält weder Reden noch verkündet er Gebote, er sagt überhaupt nichts«, bestätigte Kaye.
    »Schauen Sie, das ist die größte Übereinstimmung, die ich finden kann«, erklärte Roth.
    Mit dem Finger fuhr Kaye die symmetrischen Umrisse der Vogelschwingen im Hirn des Säuglings nach. »Ich verstehe noch immer nicht, was das zu bedeuten hat.«
    Roth legte den Kopf schräg. »Sieht meiner Meinung nach so aus, als hätten sie eine emotionale Bindung zu etwas Größerem hergestellt. Sie durchlaufen gerade die so genannte Filialprägung und orientieren sich dabei an irgendjemand oder irgendetwas sehr Großem. Sie sind wieder zum Baby geworden, Ms. Rafelson.«

    16

    Kaye schloss ihre Wohnungstür auf und trat ein. Danach zog sie den Pullover aus, hängte ihn in den Schrank, blieb auf dem Gang stehen und atmete tief durch, um nicht loszuheulen. Sie war nicht sicher, wie lange sie die Situation noch würde ertragen könnte. Die Zeiten der Leere in ihrem Leben ähnelten Wüsten, die sie nicht zu durchqueren schaffte.
    »Und wie steht’s mit dir?«, fragte sie in die Luft und ging ins dunkle Wohnzimmer. »So wie ich die Sache sehe, beschützt du doch diejenigen, die du liebst, und sorgst dafür, dass sie keinen Schaden nehmen, falls du wirklich eine Art Übervater bist.
    Welche gott…welche verdammte… welche gottverdammte Entschuldigung hast du also vorzubringen?«
    Als das Handy klingelte, fuhr Kaye zusammen, riss den Blick von ihrem fiktiven Gesprächspartner in einem Winkel der Zimmerdecke los, ging zur Anrichte hinüber und griff nach dem Telefon.
    »Kaye? Hier ist Mitch.«
    Ehe Kaye antwortete, holte sie nochmals tief Luft, weil sie fast so etwas wie Angst, auf jeden Fall aber Schuldgefühle hatte. »Bin dran.« Während sie sich steif und aufrecht in den Sessel setzte und die Sprechmuschel abdeckte, schaltete sie durch Stimmaktivierung die Beleuchtung ein. Bis auf Stapel von Fachzeitschriften und Computerausdrucken, die im rechten Winkel zueinander auf dem Kaffeetisch lagen, wirkte das kleine Wohnzimmer recht aufgeräumt. Weitere Papierstöße waren auf dem Boden neben der Couch

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