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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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traurig stimmen, wenn der Lieferwagen demnächst den Geist aufgab.
    Das rote Schild des Motels war im Rückspiegel kaum noch zu erkennen. Auf beiden Seiten der schnurgeraden Straße lag hügeliges braunes Gelände, hier und da gesprenkelt von Chico-Büschen, Salbei und kurzen dicken Kiefern, manchmal auch durchbrochen von einer Reihe schiefer, verloren wirkender Zaunpfähle, die keinen Zaun mehr hielten, an denen nur zerrissener Draht hing, der sich wie uraltes Haar ringelte.

    Als der Lieferwagen die sanfte Steigung ins Hochland nahm, wurde die Luft kühler. Der Spent River stand nur bei wenigen Touristen auf dem Reiseplan. Von Wald umgeben und über weite Strecken vom Mount Hood überschattet, bestand der Fluss eigentlich nur aus einem flachen, gewundenen Sandbett, das durch schwarze Lavafelsen schnitt und in dem hier und da Altwasserarme und mit Büschen bewachsene Inseln übrig geblieben waren. Der Fluss selbst führte schon seit vielen tausend Jahren kein Wasser mehr. Aus gutem Grund war er den Archäologen nahezu unbekannt; aufgrund verschiedener Fluten in seiner geologischen Geschichte – das Kiesbett des Flusses hatte sich dabei mit Lavabrocken und abgeschliffenen Teilchen von Granit und Basalt gefüllt – und wiederholter Vulkanausbrüche war das Graben hier teuflisch schwer und enttäuschend für diejenigen, die es trotz allem wagten. In den letzten Jahrtausenden hatten nur selten Indianer in diesem Gebiet gelebt und nicht viele Spuren hinterlassen.
    Es war ein vergessener Landstrich, der keinen Menschen interessierte, dennoch war Eileen Ripper hier jetzt irgendwie fündig geworden.
    Oder zu lange in der Sonne gewesen.
    Nach einer Weile war er von der Gleichförmigkeit der Straße und Landschaft wie hypnotisiert, wurde aber mit einem Schlag hellwach, als sich die Fahrbahn in eine Folge von Schlaglöchern verwandelte. Auch die Landschaft veränderte sich: Vereinzelt wuchsen hier Gräser und kümmerliche Bäume, die ihn an die Stoppeln eines Drei-Tage-Barts erinnerten.
    Als die Asphaltstraße einer Schotterpiste gewichen war, kam er an einem kleinen Schild des Staates Oregon vorbei, das die Aufschrift trug:
    NOCH 5 KILOMETER BIS ZUM ERHOLUNGSGEBIET
    SPENT RIVER.

    Das Schild sah so aus, als sei es schon mindestens fünfzig Jahre der Sonne ausgesetzt gewesen.
    Plötzlich machte die Schotterstraße eine Kehre nach Westen.
    Als Mitch den Wagen um die Kurve lenkte, sah er etwa anderthalb Kilometer vor sich etwas aufblitzen, das die Windschutzscheibe eines Autos sein konnte. Nach einer kurzen Steigung, die der alte Lieferwagen nur noch hustend und spuckend bewältigte, sah er einen weißen Tahoe und eine stämmige Gestalt, die an der offenen Fahrertür stand und winkte. Er hielt am Straßenrand und ließ den linken Arm aus dem Fenster baumeln. In der Hand hatte er noch so viel Kraft, dass er den Türrahmen umklammern und die Geste lässig wirken lassen konnte.
    Eileen war völlig grau geworden. Dem Wetter und dem Leben im Freien ausgesetzt, hatten Kleidung, Haut und Haare die Farbe des Bodens angenommen.
    »Ich hab gewusst, dass du’s bist, wegen deiner Vorliebe für Lastwagen«, erklärte Eileen, als sie über den Randstreifen auf ihn zukam. »Mein Gott, Mitch, du bist genauso wenig zu übersehen wie ein Seemann, der mit falschen Geldscheinen um sich wirft.«
    Mitch lächelte. »Und du bist eine richtige Hüterin der Erde geworden. Wenigstens solltest du eine rote Schärpe tragen.«
    Eileen zog einen Lumpen aus der Tasche und drapierte ihn am Gürtel. »Besser?«
    »Genau richtig.«
    »Wie geht’s deinem Arm?«, fragte sie und strich leicht darüber.
    »Ist schlaff.«
    »Wir werden dich zu Feinarbeiten mit der Zahnbürste abkommandieren.«
    »Klingt gut. Was hast du denn entdeckt?«

    »Es ist toll, einfach grandios.« Sie führte einen kleinen Freudentanz auf dem Schotter auf. »Und äußerst bedenklich.
    Willst du mitkommen und es dir ansehen?«
    Mitch musterte sie kurz mit zusammengekniffenen Augen.
    »Warum nicht?«
    »Ist gleich da drüben.« Sie deutete nach Norden. »Etwa fünfzehn Kilometer von hier.«
    »Ich bin nicht sicher, ob mein Wagen das mitmacht«, erwiderte Mitch mit düsterem Blick.
    »Ich fahr hinter dir her und sammle verlorene Teile auf.«
    »Und wie willst du mir dann sagen, wo ich abbiegen muss?«
    »Es ist ein Spielchen, alter Freund. Immer der Nase nach, genau wie ich es getan habe.« Sie lächelte hinterhältig.
    Mitchs Blick wurde noch argwöhnischer, er schüttelte den Kopf. »Herr

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