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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einmal einen Knochensplitter gefunden.«
    »Bei denen waren wir unten durch«, bemerkte Mitch. »Die Männer im Allgemeinen, meine ich.«
    »Ein Lager voll zorniger Frauen, die ein Lager verlassener Frauen ausgraben«, sagte Merton. »Unten durch? Allerdings.«
    »Sind hier je irgendwelche Männer gewesen?«
    »Wie bitte?«, fragte Merton gereizt.
    »Ich meine Männer, die im Lager gearbeitet, bei den Ausgrabungen geholfen haben.«
    »Außer mir kein Einziger.« Merton starrte mit finsterer Miene auf den Bildschirm.
    »Warum nicht?«
    »Eileen ist lesbisch, wissen Sie. Connie Fitz und sie… stehen sich sehr nahe.«
    Mitch dachte ein paar Sekunden darüber nach, konnte es allerdings nicht gleich mit der Wirklichkeit, seiner persönlichen Wirklichkeit, in Einklang bringen. »Soll das ein Witz sein?«
    Merton bemühte sich, zum Schwur beim eigenen Leben die Hand aufs Herz zu legen, bekam es aber nicht so recht hin.
    Mitch konnte diese Information nur soweit verdauen, dass er sich fragte, warum Eileen ihm Connie Fitz nicht offen als ihre Geliebte vorgestellt hatte. »Hätte ja auch sein können, dass Sie mich für dumm verkaufen wollen.«
    Aber das ist es nicht, was mich so stört.
    »Mr. Daney findet diese Dinge belustigend. Er sieht das eher aus anthropologischer Perspektive.«
    Mitch löste sich gewaltsam aus den unangenehmen Gedanken, die sich ihm immer stärker aufdrängten. »Sie sind doch nicht alle lesbisch, oder?«

    »Nein, nein, aber es ist tatsächlich ein leicht verrückter Zufall. Die anderen scheinen, bis auf eine Frau, alle solo zu sein und keine hat irgendein Interesse an mir gezeigt. Schon komisch, wie das meine Sicht der Welt in die Schräglage bringt.«
    »Tja.«
    »Nancy glaubt, Sie wollten alle Lorbeeren für sich einheimsen. In diesem Punkt sind die Frauen empfindlich.«
    »Stimmt.«
    »Bis Mr. Daney ankommt, sind wir hier die einzigen Männer.«
    Mitch trank die Dose Coors aus und stellte sie vorsichtig auf der hölzernen Armlehne des Campingsessels ab.
    »Soll ich die Dose für Sie zusammenquetschen?«, fragte Merton augenzwinkernd. »Nur um den Schein von Männlichkeit zu wahren.«
    Mitch antwortete nicht. Das Lager, die Knochen, sein Fund bedeuteten ihm plötzlich nichts mehr. Sein Verstand war wie ein leeres Blatt, auf dem sich, wie von Geisterhand gemalt, nach und nach eine schwer lesbare Schrift abzeichnete. Er konnte sie zwar nicht entziffern, aber sie gefiel ihm nicht.
    Als er herumfuhr, fiel die Dose von der Sessellehne und traf mit hohlem Scheppern auf dem Schotter auf. »Mein Gott«, sagte er. Nie zuvor hatte er so etwas wie eine Halluzination erlebt.
    »Stimmt was nicht?«, fragte Merton.
    »Eileen hat Recht gehabt, vielleicht bin ich immer noch krank.« Er stemmte sich hoch. »Darf ich mal Ihr Telefon benutzen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Danke.« Mitch machte unbeholfen einen Schritt nach links, als sei er drauf und dran, sein Gleichgewicht zu verlieren –
    vielleicht auch seinen Verstand. »Wie sicher ist die Leitung?«

    »Sehr sicher.« Merton beobachtete ihn besorgt. »Mr. Daneys privater Apparat.«
    Mitch wusste nicht, wem er sich anvertrauen, an wen er sich wenden sollte. Noch nie im Leben hatte er sich so von Gespenstern verfolgt und gleichzeitig so ohnmächtig gefühlt.
    Hoffe nur, dass es keine außersinnliche Wahrnehmung gewesen ist, dachte er. Bitte, lass es keine außer sinnliche Wahrnehmung gewesen sein.

    39
    New Mexico

    Dicken nahm neben Helen Fremont auf der Couch Platz. Helen starrte auf die gegenüberliegende Wand. Er nahm an, dass sie Fieberdüfte produzierte, wusste allerdings nicht, was sie damit bezweckte – falls überhaupt irgendetwas. Die Luft im Wohnmobil roch nach altem Käse und Teebeuteln. Vor zehn Minuten hatte er seinen Bericht abgeschlossen. Geduldig hatte er die alte Geschichte wieder aufgerollt und gleichzeitig versucht, sich zu rechtfertigen. Nicht nur seine Arbeit und die eigene Existenz, sondern auch seinen Widerwillen gegen die eigene Isolation, die er all diese Jahre über gespürt hatte. Jahre, in denen er sich in die Arbeit vergraben hatte, als sei sie ebenfalls eine Art Schutzanzug, der ihn gegen das wirkliche Leben abschirmte. Seit mehreren Minuten war kein Wort gefallen. Er wusste nicht, was er noch sagen sollte, geschweige denn, was als Nächstes passieren würde.
    Schließlich brach das Mädchen das Schweigen. »Haben Sie denn überhaupt keine Angst, dass ich Sie anstecke?«
    »Ich hänge hier sowieso fest.« Dicken hob die Hände

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