Die Darwin-Kinder
Treppe aus der Grube hinaufzusteigen.
Stella, Celia und LaShawna gingen zusammen zum Kleinbus zurück, stiegen hinter Kaye ein und nahmen schweigend Platz.
John Hamilton und Mitch blieben stehen und unterhielten sich, während sie darauf warteten, dass Bloch zu ihnen stieß.
Kaye konnte ihren Mann und John hören, schnappte aber nur hin und wieder Satzfetzen auf, wenn die Windböen, die den Staub aufwirbelten, einen Moment nachließen.
»… und das ist schlimm«, sagte John. »Sie sagen, bei zwei Kindern sei es noch schlimmer. Der Sommer in Maryland wird hart werden. Sie wollte mitkommen, aber es war einfach zu viel für sie.«
Kaye benetzte die trockenen Lippen und starrte nach vorn.
Stella legte ihr eine Hand auf die Schulter und strich ihr über die Wange.
»Wie geht’s euch allen denn so?«, fragte Kaye unvermittelt, drehte sich trotz der stechenden Schmerzen in ihren Beinen herum und musterte die Mädchen – die jungen Frauen.
»Uns geht’s wunderbar«, erwiderte LaShawna gedankenverloren. »Ich wünschte nur, ich wüsste, was an dieser Sache so wichtig ist.«
»Ich… kkh… glaube, ich weiß es«, sagte Celia. »Es hat mit der Politik der Menschen zu tun.«
»Und wie geht’s dir, Liebes?«, fragte Kaye Stella.
»Uns geht’s wunderbar.« Auf Stellas Wangen leuchteten goldene Schmetterlingsmuster auf, die Angst und gleichzeitig freudige Gefühle ausdrückten.
Sie versteht es, dachte Kaye. Sie begreift, was wir gerade gesehen haben. In dieser Hinsicht ähnelt sie ihrem Vater.
Sie sah zu, wie Stella sich zurücklehnte, ihr Gesicht einen entrückten, nachdenklichen Ausdruck annahm und die Wangen zu einem Beigeton verblassten. Celia und LaShawna ließen sich ebenfalls zurücksinken und alle drei verschränkten die Arme.
An diesem Abend blieben Stella, Celia und LaShawna auf ihrem Zimmer. Sie übernachteten in einem Motel in Portland, in dem Kaye, Mitch und John Hamilton andere Zimmer bezogen hatten. Die Mädchen hatten darum gebeten, sie miteinander allein zu lassen. »Wir wollen es uns einfach gemütlich machen und noch einmal über alles nachdenken«, hatte Stella erklärt.
Sie hatten alle gemeinsam zu Abend gegessen und zugesehen, wie Senatorin Bloch und Oliver Merton in einer Limousine weggefahren waren, um einen Nachtflug zurück nach Washington, D.C. zu erreichen. Jetzt entspannten sie sich und dachten schweigend nach.
Der Anblick der Knochen hatte Stella zu schaffen gemacht.
Auch Will war jetzt kaum mehr als ein Skelett. Von all dieser Zeit, all diesem Leben waren nur lose Bruchstücke zurückgeblieben. Anfangs waren auch Celia und LaShawna still und in ihre eigenen Gedanken vertieft.
Die Aussicht auf die baldige Trennung stimmte sie traurig, aber auf alle drei warteten zu Hause Arbeit und liebe Menschen, um die sie sich kümmern mussten. Celia wohnte bei den Hamiltons, war bei einer Anlauf- und Hilfsstelle für Sheviten in Maryland beschäftigt und führte ein eigenständiges Leben. LaShawna besuchte eine örtliche High School, wollte dort ihren Abschluss machen und danach ein Junior College besuchen, um sich zur Krankenschwester ausbilden zu lassen.
Gemeinsam mit ihrem Vater betreute sie ihre kleine Schwester und die Mutter, die allein nicht mehr viel unternehmen konnte.
So vieles hatte sich in den wenigen Monaten verändert.
Stella, die an einem Stapel von Kissen lehnte, setzte sich auf, beschrieb mit der Handfläche einen Kreis und deutete mit dem Kinn ruckartig wie ein gurrender Vogel nach unten. Gleich darauf tat es LaShawna ihr nach. Celia stöhnte zwar in schwachem Protest auf, gesellte sich aber zu ihnen auf das Bett, das vom Fenster am weitesten entfernt stand. Die Vorhänge hatten sie zugezogen. Als sich ihre Handflächen berührten und sie einen Kreis bildeten, spürte Stella, wie ihre Wangen aufflammten und ihr das Blut in die Ohren schoss.
» Wer wir auch sein mögen«, sang LaShawna, »was wir auch sein mögen. Oder wer. Wer wir auch sein mögen. Oder was: Holt uns hinein, helft uns heraus. Wer wir auch sein mögen.«
Es war ein Singsang, der ihnen zur Konzentration verhalf. Sie hatten ihn schon früher an der Spezialschule Sable Mountain praktiziert, wenn die Lehrerinnen und Betreuerinnen nicht zusahen oder zuhörten, vor allem nach einem anstrengenden Tag.
Während ihre Gerüche durch das Zimmer drangen und etwas wie Elektrizität zwischen ihnen hin und her floss, begann LaShawna, mit Ober- und Unterstimme zwei verschiedene Melodien zu summen. Das beherrschte
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