Die Darwin-Kinder
Es war mehr als ein Ausruf, es kam als regelrechter Fluch heraus.
»Tut mir Leid, dass ich so durcheinander bin«, bemerkte Kaye. »Ich muss zu Stella.«
»Wir wissen noch nicht, ob es ansteckend ist – ich meine, für uns ansteckend –, oder?«
»Spielt das eine Rolle?«
»Nein, natürlich nicht.« Iris wischte sich übers Gesicht. »Es spielt überhaupt keine Rolle.«
Keine von beiden schenkte dem Kaffee Beachtung. Kaye hatte keinen Schluck probieren mögen und Iris war aufgestanden, um das Zimmer zu verlassen. Während sie sich umdrehte, sagte sie: »Ich werde etwas Alkohol und einen Badeschwamm holen. Wir wollen versuchen, das Fieber zu senken.«
31
Ohio
Der Direktor, förmlich in einen braunen Anzug gekleidet, empfing den Dienstwagen dort, wo der breite Kreisel der Auffahrt die Stufen schnitt, die zur Säulenhalle des Verwaltungsgebäudes hinaufführten. Er war fast einen Meter fünfundachtzig groß. Sein strohblondes Haar lichtete sich bereits. Auffällig an seinem Gesicht waren die Knollennase und die Tatsache, dass von Backenknochen kaum etwas zu sehen war. Zwei Frauen in grüner Krankenhaustracht, die eine kräftig und groß, die andere zierlich, standen ganz oben auf der Treppe. Ihre Gesichtszüge wurden von einer Seitenwand überschattet, die die niedrig stehende Sonne abhielt.
Ohne auf den Chauffeur zu warten, öffnete Augustine die Tür und stieg aus. Nachdem sich der Direktor die Hände an den Hosenbeinen abgewischt hatte, streckte er sie Augustine entgegen. »Es ist mir eine Ehre, Dr. Augustine.«
Augustine ergriff flüchtig die dargebotene Hand, während Dicken sein Bein herausschob, sich am Türgriff fest hielt und aus dem Wagen kletterte. »Christopher Dicken – Geoffrey Trask«, stellte Augustine sie einander vor.
Hinter ihnen bildeten die beiden Wagen des Geheimdienstes ein V, um die Einfahrt zu blockieren. Zwei Männer stiegen aus und blieben an den offenen Wagentüren stehen.
Trask wischte sich mit einem Taschentuch über die Brauen.
Jetzt, am frühen Abend – es war halb sieben –, ließ die Hitze allmählich nach, die an diesem Tag fast dreißig Grad erreicht hatte. »Wir sind wirklich froh, Sie beide hier zu haben.«
Auf eine Kopfbewegung Trasks hin kamen die beiden Frauen die Treppe hinunter. »Das hier ist Yolanda Middleton, Oberschwester und Medizinalassistentin in der Kinderklinik.«
Middleton war Ende vierzig, stämmig und hatte klassische kongolesische Gesichtszüge, kurz geschnittenes Kräuselhaar und riesengroße traurige Augen, sodass ihre Züge an eine Bulldogge erinnerten. Die Schwesterntracht war zerknittert und voller Flecken. Nachdem sie Dicken zugenickt hatte, musterte sie Augustine mit unverhülltem Argwohn. »Und das hier ist Diana DeWitt.« DeWitt war klein, hatte ein pausbäckiges Gesicht und schmale graue Augen. Ihre grünen Hosen schlotterten ihr um die Fersen, die Ärmel hatte sie hochgekrempelt. »Sie ist Schulberaterin.«
»Eigentlich beratende Anthropologin«, berichtigte DeWitt.
»Ich reise herum und besuche die Schulen. Ich bin erst seit drei Tagen hier.« Sie lächelte traurig, ihre Miene verriet jedoch nicht, dass sie sich auf den Schlips getreten fühlte. »Wir sind uns schon einmal begegnet, Dr. Augustine. Dr. Dicken, unter anderen Umständen würde ich sagen: Es ist mir ein Vergnügen.«
»Wir sollten zurück an die Arbeit gehen«, erklärte Middleton unvermittelt. »Wir haben viel zu wenig Personal.«
»Wir haben es hier mit wichtigen Leuten zu tun, Ms.
Middleton«, wies Trask sie zurecht.
Middleton war außer sich. »Und wenn uns Jesus persönlich besuchen käme, Mr. Trask: Ich würde schon dafür sorgen, dass er hier kräftig mit anpackt. Sie wissen doch, wie schlimm es steht.«
Als Trask mit aller Würde, die er aufbringen konnte, die Stirn runzelte – eine recht jämmerliche Darbietung –, mischte sich Dicken ein, um die Situation zu entspannen. »Aber wir wissen es nicht. Wie schlimm ist die Lage?«
»Wir sollten uns nicht hier draußen unterhalten.« Trask blickte nervös zu der kleinen Ansammlung von Aktivisten hinüber, die sich mehr als zweihundert Meter weiter auf der anderen Seite des Zaunes eingefunden hatte. »Die haben wirklich große Ohren, das heißt Abhörgeräte. Yolanda, Diana, könnten Sie uns begleiten? Wir setzen unser Gespräch drinnen fort.« Er ging ihnen durch den Eingang mit den Nachbildungen griechischer Säulen voran.
Einer der Agenten folgte ihnen in diskretem Abstand.
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