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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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zerbeulten Vorratsschrank und entnahm ihm grüne Krankenhauskittel sowie Operationsmasken. »Bis jetzt ist, Gott sei Dank, noch keiner vom Personal krank geworden.«
    Dicken und Augustine streiften die Kittel über ihre Straßenkleidung, legten Mund- und Nasenschutz an und schlüpften in sterile Handschuhe. Als sich ein alter Mann mit gebeugtem Rücken und Adlernase, der Ende sechzig oder Anfang siebzig sein mochte, durch die Schwingtür am Ende des Ganges schob, blieben sie stehen.
    »Das hier ist Dr. Kelson.« Trasks Rücken spannte sich.
    Kelson trug zwar Chirurgenschürze und -kappe, aber die Schürze schlotterte mit gelockerten Trägern um ihn herum und Handschuhe fehlten ganz. Er ging auf Augustine zu, nickte ihm unvermittelt zu und wandte sich gleich darauf zu Middleton um. »Handschuhe!« Middleton griff in den Schrank und reichte ihm dünne Gummihandschuhe, wie sie für Untersuchungen benutzt werden. Kelson schnappte sie und hob sie hoch, um sie zu inspizieren. »Keine Unterstützung vom Gesundheitsministerium. Ich habe die um ein NuTest-Gerät, Medikamente zur Virenabwehr und Nährlösungen gebeten, und die haben einfach behauptet, sie hätten nichts da. Teufel noch mal, ich weiß doch, dass die das haben, was wir brauchen! Sie geben nur nichts heraus, für den Fall, dass das allgemeine Chaos losbricht!«
    »Dazu wird es nicht kommen.« Trask lächelte verunsichert.
    »Hat Trask Ihnen erzählt, was hier alles fehlt?«, erkundigte sich Kelson bei Augustine.
    »Uns ist klar, dass wir es mit einer kritischen Situation zu tun haben«, erwiderte Augustine.
    »Wir habens hier mit gottverdammtem Mord zu tun!«, brüllte Kelson so laut, dass DeWitt zusammenfuhr. »Vor drei Monaten haben die Beamten des Krisenstabs von Ohio uns über die Hälfte unserer medizinischen Ausstattung und Arzneimittel abgeknöpft. Die haben unsere ganzen Notvorräte geplündert und uns erzählt, wir hätten doch gesunde Kinder.
    Man könne die Vorräte anderswo besser nutzen. Und Trask hat nichts unternommen, um sie davon abzuhalten.«
    »Ich verwahre mich gegen diese Art der Darstellung«, meldete sich Trask. »Ich konnte ja gar nichts dagegen tun.«
    »In meiner Verzweiflung bin ich mit einem Lastwagen in die Stadt gefahren«, fuhr Kelson fort. »Ich hab die Türen und Nummernschilder mit Dreck unkenntlich gemacht, aber die sind mir trotzdem drauf gekommen. Die Zentrale in Dayton hat mir empfohlen, mich zum Teufel zu scheren. Ich hab nichts erreicht, nichts bekommen. Also bin ich zurückgefahren und heimlich durch den Eingang in der Miller-Straße geschlüpft.
    Inzwischen ist auch der gesperrt.« Völlig benommen vor Erschöpfung schwenkte Kelson die Hand und wandte die leidgeprüften trüben blauen Augen Dicken zu. »Wer sind Sie denn?«
    Nachdem Augustine sie miteinander bekannt gemacht hatte, deutete Kelson mit dem knotigen Zeigefinger, der jetzt im Handschuh steckte, auf Dicken. »Sie kommen als Zeuge gerade recht. Die Station da drüben war als Erste belegt. Wir holen gerade Hunderte von Leichen heraus. Das sollten Sie sich ansehen. Das müssen Sie wirklich sehen.«

    32
    Pennsylvania

    Im abgedunkelten Schlafzimmer kümmerte sich Mitch um Stella, die nicht liegen bleiben wollte. Er versuchte es mit allen sanften Sätzen und Tonlagen, die ihm einfielen, aber nichts schien zu ihr durchzudringen.
    George Mackenzie sah von der Tür aus zu. Er war Anfang vierzig und mehr als füllig. Sein Gesicht mit den wachen Augen wirkte noch jung, aber über seiner Stirn wölbte sich eine sorgfältig gepflegte Mähne vorzeitig ergrauten Haars.
    Über der Oberlippe hatte er den Anflug eines Barts.
    »Ich brauche ein Thermometer für rektale Messungen oder eines für die Ohren«, sagte Mitch. »Wenn ich oral messe, beißt sie es bei einem Krampf womöglich durch. Wir werden sie sowieso fest halten müssen.«
    »Ich hole eins.« George ließ Mitch für kurze Zeit allein mit dem Kind, das sich ständig herumwarf. Stellas Stirn war so trocken wie ein aufgeheizter Ziegel.
    »Ich bin ja bei dir«, flüsterte Mitch und zog die Bettdecke zurück. Er hatte Stella ganz ausgezogen. Ihre nackten Beine wirkten auf den rosa Laken so dünn wie die eines Skeletts. So krank, so schrecklich krank. Er konnte nicht fassen, wie schlimm es um seine Tochter stand.
    Gefolgt von den Frauen, kam George mit einem blauen Plastikfutteral in der einen Hand und dem Thermometer in der anderen zurück. Kaye trug eine Wasserschüssel mit Eiswürfeln, Iris eine Flasche mit Alkohol

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