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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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kleinen Gläser ganz oben enthielten irgendwelche Fleischklümpchen, die in farbloser Flüssigkeit schwammen, die Gläser darunter, die auf größeren Gitterplatten standen, komplette innere Organe.
    Middleton sah aus, als sei ihr übel. Ihre Haut war zum Farbton von Oliven verblasst, die Augen hatte sie fast geschlossen.
    »Wie viele?«, fragte Augustine.
    »Hier lagern die Überreste von vielleicht sechzig oder siebzig Kindern, weitere sind im ganzen Gebäude verteilt.«
    »Was glauben Sie… zu welchem Zweck?«
    »Das wage ich nicht einmal zu raten«, erwiderte Dicken.
    »So viele Kinder haben wir auf keinen Fall verloren«, erklärte Middleton. »Und Dr. Jude… Dr. Pickman sind abgefahren, noch ehe…« Sie ließ den Satz in der Luft hängen, schloss die erste Tür und öffnete die zweite. Der Gefrierschrank war bis oben hin mit Tabletts voll gestopft, auf denen eingefrorene Gewebeproben auf Objektträgern oder in kleinen Flaschen mit Lösungen lagerten.
    Nachdem Augustine die Tabletts kurz gemustert hatte, trat er vor und bedeutete Middleton, die dritte und danach die vierte Tür zu öffnen. Die Gummispitze seines Stockes quietschte bei jedem Schritt auf dem Linoleum. »Und Sie sind wirklich sicher, dass nichts davon aus den letzten zwei Tagen stammt?«, sagte er in dem Versuch, sich an irgendeine vernünftige Erklärung zu klammern, etwas zu finden, was all diese Gläser, Röhrchen und Petrischalen, die versiegelt, ordentlich nummeriert und mit gelb-roten Warnschildchen versehen waren, in einen plausiblen Zusammenhang brachte.
    »Es ist eine riesige Sammlung von Gewebeproben«, sagte Dicken. »Von gesundem Gewebe, von krankem Gewebe – von allem, was sie bekommen konnten. Das Labor zur Gewebeanalyse ist perfekt ausgestattet. Jurie und Pickman haben an allen Kindern, die in dieser Schule und in denen der Region gestorben sind, Autopsien durchgeführt. Ich nehme an, die haben die Toten überall eingesammelt, wo sie Zugriff hatten. Das hier ist die zentrale Sammelstelle und Anatomie, in die sie die Leichen gebracht haben.«
    »Und Cross hat die Ausrüstung finanziert?«, fragte Augustine. Er verhielt sich so ruhig und wirkte derart am Boden zerstört, dass Dicken seinen Zorn im Zaum hielt.
    »Americol.«
    »Mhm. Mhm.« Augustine nahm Middleton die Liste mit den Codes aus der Hand, um die nächsten drei Gefrierschränke zu öffnen und zu untersuchen. Zwei enthielten die inzwischen schon vertrauten Tabletts mit Proben, der letzte fünf in durchsichtigen Kunststoff gehüllte Leichen, die an Haken und Schlingen von der Decke des Gefrierschranks baumelten.
    »Mein Gott«, sagte DeWitt.
    »Ich hätte es wissen müssen«, murmelte Augustine. »Das ist mal sicher. Ich hätte es wissen müssen.«
    Middleton ging auf den offenen Gefrierschrank zu.
    »Autopsien müssten bei den Kindern doch eigentlich eine ganz normale Prozedur sein, oder nicht? Haben wir es damit zu tun?

    Mit pathologischen Untersuchungen, die zum Wohl der Schüler, zu ihrem Schutz durchgeführt wurden?«
    »Nein«, erwiderte Augustine schroff. »Von hier wurden niemals Untersuchungsergebnisse nach Washington weitergeleitet. Und ich bezweifle, dass sie auch nur zur Zentralstelle in Ohio geschickt wurden, sonst hätte ich davon gehört. Nach dem Stand von letzter Woche waren insgesamt 379 Kinder, die unter Obhut der Schulen standen, gestorben.
    Statistisch ausgedrückt, war die Sterblichkeitsrate also sehr niedrig. Vermutlich befinden sich viele dieser Kinder hier.
    Man hätte ihre Leichname zu ihren Familien überführen müssen. Und im Falle, dass kein Mensch Anspruch auf sie erhob, hätte man sie bestatten müssen.« Augustine schloss die Tür. »Das hier habe ich niemals genehmigt.«
    Dicken trat vor. »Hat diese… Forschung den Kindern irgendwie genützt?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Augustine. »Möglich, aber ich bezweifle es. In anatomischer Hinsicht sind die Kinder uns so ähnlich, dass es nie unbedingt nötig erschien, innere Organe oder ganze Leichen zu Forschungszwecken zu konservieren.
    Biopsien und spezielle Gewebeproben von den Toten waren alles, was ich jemals genehmigt habe. Sie selbst wären sicher ebenso verfahren.«
    Dicken bestätigte es mit flüchtigem Nicken.
    »Das hier deutet auf eine Sterblichkeitsstudie in großem Stil hin. Die Untersuchung von Leichen bis ins letzte Detail, Tausende von Gewebeanalysen… Ich muss mich setzen.«
    Als DeWitt einen Stuhl brachte, sackte Augustine darauf zusammen, beugte sich schließlich

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