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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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waren zwei Drittel der Schüler erkrankt, davon fünfzig Prozent gestorben. Prova hatte die Hälfte aller Schüler verloren, allerdings hatte die Schule weniger als hundert. In der Regel lieferten die Mormonen ihre Kinder nicht kampflos aus. In den drei Schulen in Utah waren nicht einmal tausend SHEVA-Kinder untergebracht.
    Augustine fragte sich, wie viele der Kinder, die zu Hause erzogen wurden, wie manche Institutionen es nannten –
    gemeint waren die untergetauchten Virus-Kinder –, erkrankt und gestorben waren. Er nahm an, dass die Krankheit schon bald auch auf sie übergreifen würde.

    In Ohio, Iowa und Indiana gab es zwölf Schulen mit insgesamt dreiundsechzigtausend Kindern, die man dort aus dem ganzen Mittleren Westen zusammengezogen hatte. Mehr als dreizehntausend waren mittlerweile gestorben.
    Während er die Statistiken für Illinois durchging, klingelte das Telefon. Er nahm ab.
    Es war Rachel Browning vom Büro für Sonderaufklärung.
    »Hallo Mark. Wie ich höre, haben Sie angerufen. Ein trauriger Tag.«
    »Rachel, schön, dass Sie sich melden. Wir brauchen hier sofort Medikamente und…«
    »Warten Sie eine Sekunde. Hab gerade einen Anruf auf der anderen Leitung.« Als leichte Jazz-Musik durch den Hörer drang, lief Augustine die Galle über, fast hätte er aufgelegt.
    Aber er ließ seine Hände vom Telefon. Geduld war das Gebot der Stunde, ganz besonders in dieser Situation. Und ganz bestimmt für ein fernes Gespenst wie ihn, für ein Schlusslicht, dessen letzter Funken von Autorität jeden Augenblick verlöschen konnte.
    Schließlich war Browning wieder am Apparat. »Es steht eins zu vier, Mark«, bemerkte sie so, als melde sie Sportergebnisse.
    »Nach unserer Rechnung hat es im Bundesdurchschnitt jedes fünfte SHEVA-Kind getroffen, Rachel. Wir brauchen…«
    »Sie hängen da draußen voll mit drin, wie ich höre. Sieht so aus, als betrage die Ansteckungsrate mehr als siebzig Prozent«, unterbrach ihn Browning. »Hält sich mindestens drei Stunden in der Luft. Entsetzlich. Das kann kein Mensch mehr kontrollieren.«
    »Inzwischen verlangsamt sich der Prozess.«
    »Es sind ja auch nicht mehr viele übrig, die sich anstecken könnten, jedenfalls nicht in den Schulen.«

    »Wir könnten die Verluste fast auf Null reduzieren, wenn wir eine angemessene medizinische Versorgung hätten«, erklärte Augustine. »Wir brauchen Ärzte und Medikamente.«
    »Der Schuldirektor in Ohio ist ein korruptes Schwein«, sagte Browning. »Zumindest darauf können wir uns einigen. Er hat aus den Lagern der Schule Arzneimittel beiseite geschafft, weil die Kinder ja so gesund waren. Den Gerüchten nach haben einige seiner Angestellten die Medikamente gegen zehn Prozent Gewinnbeteiligung an russische Mafiosi in Chicago verkauft. Und jetzt werden die Mittel in Moskau auf dem Schwarzmarkt verscherbelt.«
    »Das wusste ich nicht.« Augustine klopfte mit dem Fingernagel auf die Schreibtischplatte.
    »Das hätten Sie aber wissen sollen, Mark. Die Gerechtigkeit bewegt sich auf leisen Sohlen und schlägt jetzt zu. Allerdings hilft das weder Ihnen noch den Virus-Kindern. Was noch schlimmer ist: Es gibt hier in Washington viele, die sich vor Angst in die Hose machen. Ich habe auch Angst.«
    »Keiner von den Erwachsenen hier hat sich angesteckt. Für uns besteht keine Gefahr. Wir wissen inzwischen über die Entstehungsgeschichte dieser Krankheit und ihren Charakter Bescheid.« Das war zwar gelogen, aber er musste ein bisschen auftrumpfen.
    »Falls diese Krankheit mit alten Viren zu tun hat – und das nehme ich an, Sie etwa nicht? –, dann steuern wir auf eine ausgewachsene biologische Katastrophe zu. FDD 298, Mark.«
    Es war drei Jahre her, dass Augustine die Einzelheiten der Presidential Decision Directive 298, der Notstandsverordnung, gelesen hatte.
    »Hayford hat gerade einen Antrag zur Notstandsverordnung im Abgeordnetenhaus eingebracht«, fuhr Browning fort.
    »Danach wird kein Virus-Kind mehr außerhalb der Spezialschulen des Krisenstabs geduldet. Keines. Nicht einmal in den Indianerreservaten oder in Utah. Alle Schulen werden unter die direkte Kontrolle des Bundeskrisenstabs gestellt. Das wird Ihnen gefallen. Die Gesetzesvorlage sieht drastischere Strafen als bisher bei Verstoß gegen die Anordnungen vor.
    Außerdem eine Verdreifachung des Personals, das für die Durchsetzung der Verbote und für Verhaftungen zuständig ist.
    Also werden wir wohl jeden fetten Werkspolizisten anheuern, der eine Waffe hat, die größer ist als

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