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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz
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die neuen Datenschutz-Bedingungen für ein großes Studentenportal erstellt, das genau die gleichen Anforderungen hatte. Die Textbausteine daraus lassen sich prima weiterverwenden.
    Das klingt dann etwa so: »Datenschutz und Datensicherheit sind uns wichtig! Nur ausnahmsweise und unter strikter Beachtung unserer datenschutzfreundlichen Richtlinien können anonymisierte Nutzungsdaten ohne persönliche Informationen vertrauenswürdigen und geprüften Partnerunternehmen zur Verfügung gestellt werden.« Daß die Prüfung der Vertrauenswürdigkeit sich darauf erstreckt, daß Peter nach Bauchgefühl entscheidet, ob der Partner wohl halbwegs seriös oder schon kriminell ist, bevor ein Vertrag unterschrieben wird, wird ebensowenig erwähnt wie das Detail, daß sich aus der Zusammenführung aller Informationen problemlos auch die anonymen Nutzeraccounts den realen Personen zuordnen lassen. Es gibt pro Postleitzahlenbereich nur sehr wenige Menschen, die eine Angorakatze haben, 42 Jahre alt und Abonnent der Zeitschrift »Der Rassekatzenfreund« sind.
    Mary denkt sich ein System von Punkten aus, die sie Bienchen nennt. Für jede Nachricht in einem Forum gibt es ein Bienchen, für jeden erfolgreich eingeladenen Freund dreißig. Wer einen Bienenstock von fünfhundert Bienchen gesammelt hat, bekommt Futter für eine Woche für seinen vierbeinigen Liebling kostenlos geschickt. Die Futterbüchsen hat Mary bei einem Sponsor organisiert, der seine neue Serie von Bio-Tierfutter bekannt machen will. Es kostet also nur den Versand, ein Schnäppchen im Vergleich zu dem, was ein Gruppe-A-Nutzer wert sein wird.
    Paul macht sich intensiver auf die Suche nach mehr Partnern für die anderen, ein wenig direkteren Einnahmewege. Tierartikelversender, Tierärzte, Tierspezialbekleidung, Haustierzeitungen, Gassi-Geh-Dienste, Hunde-Hotels, Pferdehöfe, Kliniken für künstliche Befruchtungen, Haustierfriedhöfe und Rassekatzen-Cloning-Services in Korea, Paul schreckt vor nichts mehr zurück.
    Die Umsätze müssen fließen; wie sie generiert werden, ist egal. Und MyBelovedPet könnte theoretisch seinen Partnern einiges offerieren: direkter Verkauf über die Webseite mit gezielt angepaßten Angeboten an Mitglieder, aus deren Profil, ihren Umfrageangaben und Nachrichten man ersehen kann, daß sie die Dienstleistungen und Waren mit hoher Wahrscheinlichkeit kaufen könnten. Discounts und andere Incentivierungen für Mitglieder mit vielen Bienchen sollen den notwendigen Anreiz schaffen.
    Das Ziel für die Verbesserung der Position gegenüber den potentiellen Investoren ist klar: Mehr Nutzer müssen schnell her, sie müssen stärker eingebunden und länger auf der Plattform gehalten werden. Neue Funktionen werden nur noch danach bewertet, ob sie neue Teilnehmer anlocken und halten können. Es geht dabei nicht mehr allein um reine Nützlichkeit, sondern darum, wie attraktiv und anziehend ein neues Feature ist. Je schneller ein Neuling dazu verlockt wird, mehr Zeit auf der Seite zu verbringen, mehr Daten von sich und seinem Tierchen einzugeben und viele seiner Freunde einzuladen, desto besser.
    Schnell stellt sich heraus, daß die Fülle an notwendigen Funktionen nicht mit der bisherigen Strategie, die vor allem niedrige Ausgaben im Blick hatte, zu realisieren ist. Alexander rollt nur noch mit den Augen, wenn er gefragt wird, wann die Software für das Bienchen-System und die Schnittstellen für die Werbe- und Verkaufspartner endlich fertig werden.
    Paul und Peter ziehen sich aus dem Alltagsgeschäft zurück, sie sind nur noch auf Achse, um Investoren zu suchen und Finanzierungsverhandlungen zu führen. Mary versucht derweil, die unruhig werdenden Mitarbeiter bei der Stange zu halten. Die meisten sind Studenten und Praktikanten mit Minimalgehalt ohne finanzielle Reserven, die durch die anstehende Stundung ihrer Löhne in arge Probleme geraten. Mary versucht es mit Durchhalteparolen, die sie von ihren Vorgesetzten aus der Beraterzeit gelernt hat – mit eher mäßigem Erfolg. Die Zeit, »bis das Licht ausgeht«, sind noch knapp vierzig Tage. Es muß etwas geschehen.
    Eines Abends raufen sich Paul, der gerade von einem weiteren frustrierenden Meeting mit potentiellen Investoren zurückkam, und Alexander zusammen und beschließen, mit ein paar technischen Tricks die Nutzerzahlen nach oben zu schummeln. Sie weihen am nächsten Morgen Peter und Mary ein, sonst aber niemanden. Der Mut der Verzweiflung verdrängt alle noch vorhandenen ethischen Bedenken. Es geht

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