Die Datenfresser
die Suche nach neuen Investoren beginnen.
Staatsbürgerliche Pflichten
Eines Morgens stehen unangemeldet drei Herren in preiswerten Anzügen im Büro. Beamte des Landeskriminalamts bitten um ein vertrauliches Wort mit der Geschäftsführung: Es gäbe da eine besorgniserregende Serie von Vorfällen mit illegalen Kampfhund-Turnieren im letzten Jahr. Oft genug könne man der Halter und Veranstalter nicht habhaft werden.
Durch Internetrecherchen seien die Kriminalisten auf die Haustier-Plattform gestoßen. Beim Ermittlerblick durch MyBelovedPet.com sei ihnen aufgefallen, daß sich einige hundert Liebhaber von Hunderassen, die besonders häufig bei solchen Wettkämpfen eingesetzt werden, in den entsprechenden Rassehunde-Foren der Webseite tummelten und ihre kräftigen Lieblinge auf den Profilseiten anpriesen. Da wolle man diskret nachfragen, ob man mal einen Blick in die internen Datenbestände werfen könne.
Interessant für die Ermittler seien etwa die über das System vermittelten Anfragen zu einigen Tierärzten, die im Rufe stehen, die typischen Verletzungen, die bei Hundekämpfen entstehen, verschwiegen zu behandeln. Und wenn man dann mal die dazugehörigen Halter identifiziert hat, wäre es auch sehr hilfreich, zusätzlich zu wissen, wer ihre Freunde sind, mit wem sie wie oft und wann über die Plattform Kontakt halten, ob vielleicht gar Verabredungen zu Turnieren per System-Nachrichten abgewickelt werden.
Nein, einen Gerichtsbeschluß gebe es nicht, man sei eher auf der Suche nach Ermittlungsansätzen. Unter gesetzestreuen Tierfreunden könnte man doch sicher auf dem kleinen Dienstwege helfen? Selbstverständlich streng vertraulich, niemand würde etwas erfahren. Die Gründer zögern und bitten um Bedenkzeit. Einer der Männer vom LKA reicht Paul seine Visitenkarte und betont nochmals, wie wichtig und hilfreich die Kooperation von MyBelovedPet wäre.
Am Wochenende danach ist Paul wie immer auf dem Golfplatz. Er mag das Spiel eigentlich nicht, es ist ihm zu langsam und öde. Auf die sozialen und geschäftlichen Kontakte in dem relativ exklusiven Golfclub mag er jedoch nicht mehr verzichten, seit ihn sein damaliger Chef zu Beraterzeiten eingeführt hatte. Also verbringt er fast jeden Sonntagnachmittag hier draußen.
Der Nachmittag plätschert wie immer dahin. Ein bißchen Abschlag üben, eine große Runde übers Grün, freundlich grüßen hier, nach der werten Gemahlin erkundigen da. An einer kleinen Baumecke stehen zwei ältere Herren ins Gespräch vertieft. Einer von ihnen erkennt Paul und winkt ihn heran. Es ist ein Bankier, wohlvernetzt im Lande und jungen Gründern durchaus wohlgesonnen. Ob Paul wohl einen Moment Zeit habe? Er stellt den zweiten älteren Herren vor, es ist der stellvertretende Innenstaatssekretär des Landes.
Paul ahnt schon, wohin der Hase läuft, als er die markante Stimme des Mannes hört. Und richtig, nach einigen Höflichkeiten kommt er auf den Besuch des LKA bei MyBelovedPet zu sprechen. Man möge doch erwägen, der diskreten Bitte nachzukommen, im öffentlichen Interesse, diese grausamen Hundewettkämpfe müßten endlich ein Ende finden. Der Banker stimmt dem mit verblüffender Intensität zu. Paul erklärt den beiden, daß Internet-Nutzer sensibel sind und man daher ziemlich vorsichtig sei mit Zugriffen von Dritten auf die internen Daten, aber man schon die prinzipielle Notwendigkeit sähe, den Behörden zu helfen. Ein schwieriges Thema eben.
Der Banker blickt zum stellvertretenden Staatssekretär und nimmt Paul dann auf einen kurzen Spaziergang beiseite. Einer seiner vielen Nebenjobs ist der als Mitglied des Förderbeirates der landeseigenen Investitionsbank, die unter anderem junge Unternehmen durch Investments fördern soll. Dort liegt seit geraumer Zeit ein Antrag von MyBelovedPet.com auf eine stille Beteiligung von einer halben Million Euro zu sehr attraktiven Konditionen.
Schauen Sie, junger Mann, meint der Banker. Der Antrag liege nun im Umlaufverfahren auf seinem Tisch, er wollte den wohl morgen bearbeiten und eine Beschlußempfehlung für den Investitionsbank-Vorstand abgeben. Es sei ein so vielversprechendes junges Unternehmen. Allerdings sei es schon hart, aus der Flut von Beteiligungsanträgen immer die richtigen herauszufiltern. Nun ergäbe es sich, daß er aufgrund diverser Komplikationen, mit deren Details er Paul nicht weiter belästigen wolle, auf ein wenig guten Willen des Innenministeriums angewiesen sei. Ob denn Paul nicht vielleicht doch eine Möglichkeit
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