Die Datenfresser
sähe, dem LKA zu helfen? Das würde ihm, dem Banker, sehr zupaß kommen.
Paul muß nun nicht mehr lange nachdenken. Natürlich werde man dem LKA weiterhelfen, sagt Paul zu, diese Hundekämpfe seien schon ein schlimmes Übel, das bekämpft werden muß. Wie schön, meint der Staatssekretär, daß unsere jungen Unternehmer ihre staatsbürgerlichen Pflichten nicht vergessen. Er verabschiedet sich höflich. Der Banker ruft Paul noch hinterher: »Wir sehen uns dann bei der Unterschrift in der Investitionsbank. Einen schönen Tag auch.«
Am Montag ruft Paul kurz Peter, Mary und Alexander zu sich und erklärt ihnen die Lage. Niemand bringt Einwände vor. Eine halbe Million würde ihre drückendsten Sorgen lösen. Paul wählt die Nummer von der LKA -Visitenkarte und vereinbart einen Termin für den Nachmittag mit den Ermittlern. Er nimmt sie selbst an der Tür in Empfang. Schulterzuckend geht Alexander mit den Beamten in ein leerstehendes Büro und verbringt den Rest des Tages damit, ihnen die gewünschten Daten herauszusuchen und ihre Fragen zu beantworten. Mißtrauisch dreinblickenden Mitarbeitern erzählen die Gründer, die drei Herren mit den billigen Anzügen wären Mitarbeiter der Geschäftsausfall-Versicherung von MyBelovedPet und würden sich bei Alexander über die Datensicherheit erkundigen.
Vier Wochen später sind die Gründer in der Investitionsbank und können endlich die Unterschrift unter den ersehnten Beteiligungsvertrag setzen. Die halbe Million bedeutet mehr Zeit für die Entwicklung des MyBelovedPet-Datenuniversums. Die grauen Herren vom LKA rufen alle paar Wochen an, wenn sie mal wieder Genaueres zu einem bestimmten Hund und seinem Besitzer wissen wollen. Zwischendurch gibt es Pressemeldungen über einen Hundewetten-Ring, den die Polizei gesprengt hat.
Alexander entscheidet sich später, den Herren einen Online-Zugang mit Paßwort weiterzureichen, das ihnen einen weitreichenden Zugriff auf intern gespeicherte Daten erlaubt. Dieses Master-Paßwort hatte er ursprünglich für sich selbst und einige wenige technische Mitarbeiter vorbehalten. Da ihn die gelegentlichen Besuche aber manchesmal einige Stunden von der Arbeit abhalten, entledigt er sich kurzerhand mit der Übersendung des Paßwortes dieser lästigen Pflicht. Er informiert die drei Gründer nicht. Paul bemerkt zwar nach einigen Wochen, daß sich die Polizisten nicht mehr melden. Er macht sich so seine Gedanken, spricht aber Alexander nie darauf an.
In einigen Benutzerforen von MyBelovedPet kursieren ab und an Gerüchte über Halter von bestimmten Hunderassen, die erstaunlich gut informierten LKA -Besuch bekamen, aber niemand weiß etwas Konkretes. Vermutet wird allgemein, daß die Kampfhund-Wettkampf-Szene von Informanten unterwandert wurde. Marys Foren-Betreuer, allesamt ausgewählte, loyale Freiwillige, die nur mit kostenlosen Futterproben und anderen Testprodukten für ihre Tiere entlohnt werden, haben Anweisung, diese Diskussionen aus dem Index der systeminternen Suchmaschine zu tilgen. So sind sie zwar nicht gelöscht – was ja nur die Gerüchte mit mehr Aufmerksamkeit adeln würde –, aber auch nicht ohne weiteres aufzufinden, wenn man nicht die genaue Stelle im MyBelovedPet-System kennt.
Der Such-Tarnungs-Mechanismus war ursprünglich eingeführt worden, um schlechte Kritiken über Produkte von Sponsoren weniger leicht auffindbar zu machen. Dazu wurde ursprünglich einfach ein Gewichtungskriterium für das Suchergebnis eingeführt, das kritische Beiträge mit einem Signal versah, daß sie weit unten in der Suchergebnisliste einzusortieren sind. Wenn sich jemand zu lange und laut in einem Forum darüber beschwert, daß seine Kritik nicht mehr auffindbar ist, wird sie mit einem entschuldigenden Verweis auf vorangegangene technische Probleme wieder für eine Weile weiter oben in den Suchindex aufgenommen, nur um dann wieder graduell ganz ans Ende abzurutschen. Diesen Service bietet MyBelovedPet seit langem unter der Hand seinen Sponsoren und Werbepartnern an, um die Wirksamkeit der Werbemaßnahmen nicht durch negative Beiträge von Nutzern unterminieren zu lassen.
Die Zeit vergeht. MyBelovedPet gewinnt Scharen neuer Nutzer. Seit Alexander in einer Nacht-und-Nebel-Aktion übers Wochenende ein Modul gebaut hat, das die Einbindung der Tierprofil-Seite in Facebook extrem vereinfacht, laden immer mehr Mitglieder ihre Freunde ein. Die Werbepartner sind glücklich, die Umsätze steigen. Die Fälligkeit der Meilensteine des Investors wird
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