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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz
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System bekommen wir nichts rauskopiert, ohne Spuren zu hinterlassen. Ich habe noch ein altes Telefon in meinem Schreibtisch in der Firma, die Kamera darin sollte gut genug sein, um Fotos vom Bildschirm zu machen, die man noch halbwegs lesen kann. Wenn du dich an die Tür stellst und aufpaßt, daß niemand reinkommt, sollte das zu machen sein.« Zum Glück sind in der Kanzlei Überwachungskameras nur auf den Fluren und an den Türen installiert. In den Büros hat man bisher darauf verzichtet. Maria legt ihre Stirn in Falten, aber nickt dann doch zustimmend.
    Beim nachfolgenden Mittagessen in der Kantine unterhalten sie sich über Belanglosigkeiten. Man kann schließlich nie wissen, wer am Nachbartisch sitzt, und den Telefonen in ihren Taschen trauen sie plötzlich auch nicht mehr. Rechtzeitig vor Ende der Mittagspause zurück in der Kanzlei, machen sie sich an die Arbeit. Maria stellt sich hinter die geschlossene Tür zu ihrem Büro, für den Fall, daß eines der anderen Teammitglieder vorzeitig zurück ist oder gar Veith oder Maxson überraschend auftauchen. Robert wartet nicht erst, bis das Telefon geladen ist, das Kabel des Ladegeräts ist lang genug. Die achtzehn Seiten des Memos passen auf neun Fotos, zur Sicherheit knipst er alles dreimal. Direkt danach kopiert er die Bilder auf die Speicherkarte des Telefons, die er Maria gibt, während er das Telefon in seine Sporttasche steckt.
    Um keine Zeit zu verschwenden, machen sich die beiden sofort an das Verfassen des Resümees für Veith, Maxson und den Kanzleichef. Die anderen Teammitglieder haben sie mündlich informiert, niemand soll den Verdacht bekommen, sie würden etwas zurückhalten wollen. Da jeder ihrer Arbeitsschritte auf den Kanzleicomputern detailliert dokumentiert wird, werden sie nichts dabei riskieren. Das Memo am Bildschirm zu lesen, bevor sie den Bericht verfassen und abschicken, sollte keine heiklen Spuren hinterlassen haben.
    Schon wenige Minuten nachdem Robert auf die Senden-Taste gedrückt hat, steht der Chef in ihrem Büro. Er hat den Bericht direkt gelesen und hektische Flecken am Hals. Maria kann nicht anders, sie schaut auf die leichte Wölbung über dem Gürtel ihres Chefs, der als echter Fitneßfanatiker gilt. Sie fragt sich insgeheim, ob er womöglich ein Betroffener sein könnte. Erst vor vier Wochen hatte er auf dem Firmen-Barbecue mit großer Freude »Farmers Pride Premium Beef« eigenhändig aufgelegt. Als selbsternannter Fortschritts- und Umweltfreund war er seit Anbeginn ein treuer CleanSteak-Advokat gewesen. Er hatte sich richtig gefreut, als seine Kanzlei den Auftrag bekam, beim CleanSteak-Verkauf zu helfen. Der Schock steht ihm nun ins Gesicht geschrieben.
    »Erklären Sie bitte mal kurz, wie Sie das Memo gefunden haben. Ich muß gleich Decenture anrufen, das ist ja eine Katastrophe!« Maria schaut zu Robert, er ist der Teamleiter. Seufzend erklärt Robert noch einmal die Schritte der Recherche und daß sie sich sehr sicher sein können, daß das Memo echt ist. Maria rutscht auf ihrem Stuhl hin und her. Sie kann die winzige Speicherkarte mit den Bildschirmfotos nicht spüren, die in ihrer Hosentasche steckt, und doch scheint es ihr, als wenn diese ein Loch in ihre Haut brennen würde.
    Der Chef läuft nervös im Raum auf und ab. Schließlich zückt er sein Telefon. »Jules, komm sofort her. Bring Maxson mit. Ja, sofort. Es duldet keinen Aufschub. Nein, nicht am Telefon. Wir warten hier im Büro.« Soso, der Chef war per du mit Veith, denkt Robert.
    Maxson und Veith brauchen nur eine knappe Stunde bis in die Kanzlei. Mit versteinertem Gesicht lauschen sie den Erläuterungen von Robert. Ein paar knappe Nachfragen von Maxson, mehr ist nicht nötig, um die Decenture-Vertreter ins Bild zu setzen. Auf Veiths Stirn hat sich eine steile Falte gebildet. »Ihr Team stellt sofort die Arbeit an dem Auftrag ein. Maria, Sie werden mir gleich beim Löschen aller CleanSteak-Datenbestände aus den Kanzlei-Systemen assistieren. Ich erinnere noch mal ausdrücklich an die erweiterte Vertraulichkeitserklärung, die Sie alle unterschrieben haben, und daran, daß jedwedes Nach-außen-Dringen von Informationen über diesen Vorgang eine Straftat darstellt. Die Transparenz- und Datenfreigabeerklärung, die Sie unterzeichnet haben, gilt noch für weitere achtzehn Monate.« Zum Chef gewandt fügt er hinzu: »Selbstverständlich erhalten Sie den Rest des vereinbarten Honorars. Vielleicht verwenden Sie einen Teil davon für einen Bonus für Ihre talentierten

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