Die Datenfresser
von der Polizei wegen schwerer Gefährdung der Lebensmittelsicherheit festgenommen. CleanSteaks Umsätze brechen praktisch über Nacht zusammen, die Firma ist nichts mehr wert. Hunderttausende Betroffene versuchen in der Folgezeit, Schadenersatzansprüche für ihre deutlich gestiegenen Krankenkassenkosten geltend zu machen.
Robert sieht Jules Veith Jahre später auf einer Fachkonferenz wieder, sie reden kein Wort miteinander. Veith schaut ihn jedoch lange an. Dann nickt er kaum sichtbar mit dem Kopf und geht weiter.
9. Das digitale Ich –
Praktische Wege zu einer neuen digitalen Mündigkeit
Innerhalb kurzer Zeit hat sich das Netz von einer esoterischen technischen Spielwiese zum zentralen Informationsraum entwickelt. Die Wahrnehmung der Identität, der Eigenschaften, des Rufs und der Fähigkeiten eines Menschen wird immer stärker von seinem digitalen Abbild bestimmt, von dem, was man über ihn aus Suchmaschinen, Datenbanken, Fotosammlungen und Profilseiten erfährt. Es gilt also, mit diesen neuen Gegebenheiten souverän und mündig umzugehen. Ein grundlegendes Verständnis der Mechanismen und ihre aktive Verwendung, aber auch weise Beschränkung und bewußtes Abwägen von Datenkosten und tatsächlichem Nutzen sind die Wege zum Ziel.
Mündigkeit ist die Befähigung zum selbständigen, eigenverantwortlichen Handeln. Die Änderung der Spielregeln, Gepflogenheiten und Mechanismen des Alltags durch das Heraufziehen des vernetzten Digitalzeitalters hat viele Menschen an ihrer Mündigkeit zweifeln lassen. Das hat auch mit der Komplexität der Technologien zu tun, deren Funktionsweise immer schwerer zu durchschauen ist. Es entstehen Zweifel an der eigenen Kompetenz, technische Entwicklungen einschätzen zu können. Auch die Wahrnehmung der neuen entstehenden Risiken ist dadurch beeinflußt.
Die Geschwindigkeit der Veränderungen, die Komplexität der neuen Strukturen und Möglichkeiten und besonders die Risiken für den eigenen souveränen Umgang mit den digitalen Informationen führen zu einer Verunsicherung, die sich nur langsam legt. Die Erarbeitung eines ganz persönlichen Standpunkts, vor allem zur Frage, wie viele und welche Daten jeder über sich preisgeben möchte und welche Vor- und Nachteile er daraus erwartet, wird zum Kern der neuen digitalen Mündigkeit. Es gibt keine allgemeingültigen Regeln, nur wenige Erfahrungen, kein Handbuch, dem man einfach folgt, damit alles wieder einfach und überschaubar wird. Doch es führt kein Weg daran vorbei, sich mit den Risiken und Möglichkeiten vertraut zu machen, seine ganz persönlichen Grundsätze zu entwickeln und diese dann auch durchzusetzen und manchmal auszuhalten.
Nur wenige Menschen wollen tatsächlich als Datenasketen leben, daher muß ein gesunder Mittelweg gefunden werden, die Datenspuren des eigenen Lebens unter Kontrolle zu halten. Vollständiger Verzicht auf die Annehmlichkeiten und Segnungen der Techniken ist nicht das Ziel, sondern das Erreichen einer realistischen Balance. In vielen Aspekten ist jeder Mensch vorrangig Verbraucher. Daß dies Macht impliziert, ist noch nicht jedem klar. Mit der eigenen Geldbörse und der Zweitwährung – Daten – entscheidet der Verbraucher über Wohl und Wehe von Unternehmen. Warum also nicht dort zahlen, wo mit den persönlichen Informationen respektvoll umgegangen wird?
Dabei helfen würde dem mündigen Verbraucher die von der Regierung bereits versprochene Stiftung Datenschutz. Diese könnte die Transparenz und Vergleichbarkeit zwischen Anbietern herstellen, die ein Nutzer braucht, um einfacher und schneller nach sinnvollen Kriterien entscheiden zu können, wem er welche Information anvertraut und welche Datenschutzrisiken er dabei einzugehen bereit ist. Übersichtliche Darstellungen der oftmals für Laien kaum verständlichen Regelungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzerklärungen könnten dazu von Juristen der Stiftung Datenschutz erarbeitet werden. Die Stiftung Warentest macht es für Waschmaschinen, Gartengeräte oder Babyschaukeln vor. Eine Stiftung Datenschutz muß natürlich auch Negativurteile vergeben können und nicht nur nichtssagende Gütesiegel. Das persönliche Kosten-Nutzen-Verhältnis und seine Prioritätenliste muß der Datengeber allerdings für sich selbst bestimmen.
Den sozialen Spielraum herausfinden
Es gibt im vernetzten Leben kaum absolute Kategorien von »richtig« oder »falsch«. Jeder entscheidet für sich, ob er mit billigen Gebrauchtwagen vom etwas
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