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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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Licht hinter dem Kathedralglas des Badezimmers. »Ich wollte dir nur sagen, du machst dir hier keine Freunde mit deiner Rumschnüffelei. Gerd Hanniek hat sich vorhin bei mir beschwert. Du wolltest ihn aushorchen. Er sagte, es war wie ein Verhör. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, ihn zu Hause aufzusuchen?«
    »Ihr habt gesagt, er sei in Sambia. Das war gelogen. Da steckt doch was dahinter.«
    »Er fährt übermorgen. Das Projekt wurde verschoben, ist das so wichtig? Du siehst hinter allem etwas. Glaub mir endlich, in dieser Geschichte ist nichts drin .!«
    »Bleib eine Sekunde am Apparat.«
    Ich legte den Hörer aufs Bett. Dieses Zwielicht machte mich rasend. Ich zog die Vorhänge auf. Es war wirklich Tag! »So – ich höre wieder. Ich wollte dir nur sagen, dieser Hanniek ist ein Riesenarschloch. Wieso ist der bei euch fest angestellt?« Vielleicht ließ sich Rüdiger provozieren. »Nicht mein Problem. Ich kenne ihn nicht näher. Vielleicht ist Hanniek nur anderer Ansicht als du. Außerdem hat er sicher bestimmte Weisungen. Ich nehme das nur an – es wäre denkbar. Und es wäre wunderschön, wenn der Fall Roczinski für uns endlich erledigt wäre. Du könntest uns helfen.«
    »Wie?«
    »Wingard ist aufgetaucht.«
    »Wo – bei euch?«
    »Nein. Dann würde ich dich nicht anrufen. Beim NDR. Das heißt: persönlich erscheint er dort erst heute nachmittag um fünfzehn Uhr. Er ist verabredet mit einem Kollegen von mir, Name tut nichts zur Sache. Und der wäre nicht gerade böse, wenn Wingard ihn versetzt und gar nicht erst erscheint.«
    »Du hast deine Drähte überall, was?«
    »Hat damit nichts zu tun. Wir wollen keine Interessenkollisionen, solange unsere Justitiare noch über den Fall nachzudenken geruhen. Rede mit Wingard, biete ihm zweitausend Dollar. Mal hören, was er sagt. Und vielleicht kann man aus dem Material wirklich noch was machen. Geh höchstens bis zwofünf. Kannst du das auslegen?«
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Dann halte ihn wenigstens hin. Ich meine, bis du das Geld von uns bekommst. Wir haben noch keine Kostennummer dafür.«
    »Warum fährst du nicht selbst nach Hamburg?«
    »Du bist ein freier Mensch, er wird dein Angebot akzeptieren …«
    »Zweitausend – das ist ein Zehntel der Summe, die er gefordert hat. Der Mann ist doch kein Idiot.«
    »Darüber gehen die Ansichten auseinander. Wenn was schiefläuft, ruf mich an. Und betrachte den Fall als ›vertraulich‹.«
    »Ich werde mich bemühen …«
    Rüdiger war nun sauer, vermutlich die ganze Redaktion, Hanniek hatte sich beschwert, hatte mich angeschwärzt, dort war nichts mehr zu holen – aber jetzt hatte ich wieder ein Ziel: Hamburg. Wingard in Hamburg. Und vertraulich, bitte, ja!
    Als Rüdiger aufgelegt hatte, ließ ich durch den Portier eine Verbindung mit München herstellen.
    Hans Gottschalk, Produktionschef der Bavaria, gibt sich stets den Anschein, als betrachte er Gespräche über Geld als Zumutung. Ich erreichte ihn telefonisch bei seinem morgendlichen Frühstück in der Kantine. Es war zwanzig vor neun. Aber diesmal ging es nicht um persönliche Honorare, um Gagenwünsche kapriziöser Künstlernaturen, deren gesundes Erwerbsstreben und kaufmännische Argumentation ihm unheimlich sind. Es ging um eine alte Ledertasche, mit Blutspuren dran. Vielleicht keine hundert Dollar wert, vielleicht eine Bombe.
    Es ging darum, einem cleveren Gebrauchtwagenhändler aus Kattowitz und Kalifornien elf Rollen Film abzujagen, die für uns sensationell sein könnten – oder auch nicht, wer weiß. Eine Spekulation.
    Und darin ist ein freier Produzent flexibler als eine öffentlich-rechtliche Anstalt.
    Kurz vor neun buchte mir der Portier einen Flug von Düsseldorf nach Hamburg – diesmal nicht auf meine private Rechnung.

 
19
 
    Norddeutscher Rundfunk. Fernsehstudio Lokstedt. Es war zehn vor drei, als Wingard vom Besucherparkplatz zum Casino ging.
    Ich fing ihn ab. Er war verwirrt. Die üblichen Floskeln: »Auch in Hamburg? So ein Zufall. Wie geht es ihnen? Hatte nicht erwartet, Sie hier zu treffen.«
    Er war nicht sehr einfallsreich, wollte sich sofort wieder verabschieden, er sei verabredet. »Ich weiß, um fünfzehn Uhr.«
    Ich versuchte, ihm klarzumachen, daß er mit mir verhandeln müsse. Er zögerte, sah sich mißtrauisch um. »Wo ist Dr. B.? Ich hatte mit ihm telefoniert.« Nun wußte ich wenigstens den Namen, den mir Rüdiger aus gutem Grund verschwiegen hatte.
    »Der ist verhindert. Er läßt sich entschuldigen. Irgendeine

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