Die Delfine von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Wasserschnapper zu fangen«, sagte Mario leise und blickte Sheila an. »So nennt man diese Unterwasserfalle. Ich habe im Internet schon davon gelesen. Ein Wasserschnapper ist ausgesprochen tückisch. Er ist nämlich – na ja, er ist irgendwie verhext.«
»Verhext?«, fragte Sheila verständnislos.
»Ja. Ich bin im Meer geschwommen, habe mich in einen Delfinverwandelt und bin ein bisschen getaucht. Dann habe ich auf einmal das große grüne Ding unter Wasser entdeckt.« Mario schluckte. »Es hatte ein Gesicht. Augen, die mich ansahen. Einen Mund, der mit mir redete. Komm, sagte er. Und ich musste hinschwimmen. Es ging nicht anders. Der Mund wurde immer größer und größer. Ich wurde in den Wasserschnapper hineingesaugt und war gefangen. Den Rest kennst du.«
Sheila spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam.
»Und warum … warum hat der Wasserschnapper es nicht bei mir gemacht?«, fragte sie.
Mario zuckte mit den Schultern. »Vielleicht kann ein Wasserschnapper nur immer einen einzigen Meereswandler festhalten, wer weiß? Außerdem glaube ich, dass die Falle für mich bestimmt war.«
»Warum ausgerechnet für dich?«
»Das ist jetzt zu kompliziert, dir alles zu erklären«, sagte Mario ausweichend.
Sie standen auf und sahen sich an. Sheila begann, sich unbehaglich zu fühlen.
»Ich glaube, ich muss jetzt langsam zurück«, sagte sie. »Zoe vermisst mich bestimmt schon. Wenn ich zu lange wegbleibe, alarmiert sie noch die Küstenwache.«
»Wer ist Zoe?«
»Wenn ich Pech habe, wird sie meine Stiefschwester.«
»Oh.« Mario grinste. »Kapiert. Und das willst du nicht?«
»Nicht, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt«, antwortete Sheila.
»Treffen wir uns mal wieder?«, fragte Mario unvermittelt. »Wie lange macht ihr hier noch Urlaub?«
»Noch vierzehn Tage«, antwortete Sheila, ohne dass sie nachrechnen musste.
Seit Urlaubsbeginn zählte sie die Tage, die sie mit Zoe in einem Zimmer aushalten musste.
»Ich begleite dich ein Stück zurück«, sagte Mario. »Ich will sehen, wo du wohnst.«
»Willst du zur Sicherheit nicht doch noch zum Arzt gehen?«, fragte Sheila besorgt.
»Auf gar keinen Fall.«
»Na ja«, sagte Sheila, »du musst es wissen.«
Sie gingen nebeneinander den Strand entlang. Sheila suchte ihre Sachen zusammen und kletterte dann die Böschung hinauf, gefolgt von Mario.
Auf der Kuppe blieben sie stehen. Die Luft war so heiß, dass sie flimmerte. Sheila deutete zu der Hotelanlage.
»Dort drüben, das ist unser Hotel. Wir wohnen in dem kleinen Bungalow ganz rechts. Siehst du den großen Strauch? Die Terrasse daneben – das ist unsere.«
Mario nickte. Dann fragte er auf einmal: »Hast du schon jemandem etwas davon erzählt?«
Sheila wusste sofort, was er meinte. Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich war mir nicht sicher, ob ich mir das Erlebnis neulich in der Nacht nicht nur eingebildet habe.«
»Ich würde an deiner Stelle auch nichts sagen. Niemandem. Du weißt nicht, wie sie reagieren. Zu keinem ein Wort. Das ist sicherer.«
»Aber warum –«, begann Sheila, doch Mario ließ sie nicht ausreden.
»Sie werden dir sowieso nicht glauben. Und wenn du es ihnenvorführst, halten sie dich vielleicht für ein Monster.« Seine Stimme klang gepresst.
Sheila sah ihn irritiert an. »Ist dir das schon passiert?«
»Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede«, sagte er. Sein Gesicht war jetzt verschlossen. Er schien es mit einem Mal eilig zu haben. »Ich muss jetzt auch zurück. Wir sehen uns. Ciao.«
Und ohne ein weiteres Wort verschwand er hinter den Dünen.
6. Kapitel
Alissas Entscheidung
Diesmal war niemand da, der ihn rettete.
Er kämpfte verzweifelt gegen das Gefängnis aus Tang an. Die Luft wurde knapp.
Er musste an die Wasseroberfläche, um Atem zu holen. Schon tanzten Sterne vor seinen Augen. Mit letzter Kraft suchte er nach der Öffnung. Sie musste doch irgendwo sein!
Jemand lachte.
DU BIST MEIN – FÜR IMMER!
Zaidons Stimme. Sie war in seinem Kopf.
Schweißgebadet fuhr Mario hoch. Er saß aufrecht im Bett. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
Nur ein Traum, Gott sei Dank!
Durch die Jalousie fiel Dämmerlicht. Es war früher Morgen. Die Gardine bewegte sich leicht im Wind. Draußen zwitscherten die ersten Vögel.
Mario schwang seine Beine über die Bettkante. Er musste aufs Klo. Seine Knie zitterten, als er aufstand. Einen so schlimmen Albtraum hatte er lange nicht mehr gehabt.
Als er vom Bad zurückkam und schon die Klinke seiner Zimmertür in der Hand hatte, fiel
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