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Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Titel: Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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aufgeregt.
    Ich kam hinter meiner Stereoanlage hervor und ging auf Susann zu. Sie lächelte mich, wie ich fand, recht unverbindlich, an. Ich grinste schief. Wir hatten seit dem Friseurtag nicht mehr miteinander gesprochen. Und ich war nervös.
    »Hi«, sagte sie.
    »Hallo«, sagte ich.
    Und dann beschlossen wir beide mehr oder weniger zeitgleich, dass wir uns vielleicht ein kleines Begrüßungsküsschen geben sollten, bewegten die Köpfe aufeinander zu, spitzten die Lippen, koordinierten unsere Motorik jedoch denkbar schlecht: Während ich Susanns Lippen ansteuerte, wollte sie meine Wange küssen. Jeder drehte seinen Kopf in einen für den anderen völlig unerwarteten Winkel. Und so landete mein Kuss versehentlich auf ihrem Kinn, während sie mir feucht aufs Auge hauchte. Wir lachten leise und verlegen. Dann ging ich einen Schritt zurück und sah sie mir noch mal an. Wirklich: Wow!
    » Du … Du siehst …«, hob ich an – doch in diesem Moment kam Sven hereingepoltert, so betont fröhlich, dass ich schlagartig verstummte. Er sang den Hochzeitsmarsch – »Daa damm da damm, daa damm da damm. Daa damm da damm damm, da daa damm da damm« – und schwenkte dabei eine Plastiktüte. »Partytime!«, juchzte mein alter Kumpel. Und selbst ich, Mister Unsensibel, merkte, dass Sven uns seine Fröhlichkeit nur vorspielte. Himmel, der Kerl war in letzter Zeit solch ein monströser Trauerkloß gewesen, da kann er doch nicht tatsächlich quasi über Nacht zur putzmunteren Stimmungskanone mutieren. Ich schaute ihm in die Augen. Sie sahen klar aus. Zumindest betrunken war er also nicht.
    »Hi, Alter«, sagte ich und nahm Sven die Tüte, in der sich offenbar weitere Schallplatten befanden, ab. Ich warf Susann einen Blick zu, doch die schaute Sven an. Nicht mich.
    Ich trug die Tüte mit den Platten zur Anlage und stellte die Scheiben zu den anderen. Sven besaß im Gegensatz zu uns nicht nur LPs, sondern auch Singles. Ihm war es nicht peinlich, Songs zu mögen, die den lieben langen Tag im Radio heruntergedudelt wurden. Ich schaute mir die Cover an: Orchestral Manoeuvres in the Dark, Kool and the Gang, Toto und, kein Witz: Village People !
    Langsam füllte sich der Raum. Petras und Dilles Eltern erschienen und brachten den kleinen Jan mit, der uns von nun an ständig um die Beine wuselte, sich an einem Knackwürstchen nach dem anderen vergriff, in jedes aber nur einmal herzhaft hineinbiss und es dann wieder zurück auf das Büffet legte. Zwei von Dilles Kollegen schoben mit einer Sackkarre Getränkekisten in den Saal. Insgesamt sechs Fuhren! Bier hauptsächlich, aber auch etwas Cola und Selters. Und drei Kartons Sekt. Ich zeigte auf den imposanten Kistenstapel neben dem Tapeziertisch und fragte Dille: »Auch vierzig Prozent billiger?«
    Dille grinste stolz: »Yup.«
    Sven hatte sich inzwischen hinter der Anlage postiert und begonnen Platten aufzulegen. Babooshka von Kate Bush war seine erste Wahl. Immer mehr Leute erschienen, Verwandte des angehenden Ehepaares zumeist, aber auch einige andere Typen, die ich noch nie gesehen hatte. Kollegen von Dille, Eltern von Kindern, mit denen Klein Jan in den Kindergarten ging. Ein Pärchen, das nicht älter war als wir und dennoch so piefig und muffig aussah, als hätte es zu Hause eine Schrankwand aus furnierter Eiche herumstehen, stellte sich als Dilles und Petras Doppelkopfpartner vor. Jeden zweiten Dienstag würden sie sich auf ein Spielchen treffen. Ich hörte zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal, dass meine beiden Freunde Doppelkopf überhaupt kannten .
    Als Sven David Bowies Ashes to Ashes auflegte, waren schon rund dreißig Leute im Saal. Ich suchte nach Susann. Dann fand ich sie. Sie stand neben Sven, den Arm auf seiner Schulter. Sven sagte irgendetwas, und sie lachte. Sie himmelte ihn richtig an.
    Na, toll!
    Vielleicht war ich blöd, aber ich hatte gedacht, da wäre etwas zwischen Susann und mir. Ich meine, ich hatte diese Ahnung immer mal wieder während der letzten Jahre. Aber seit dieser Sache in meiner Küche schien es doch nun konkret zu sein! Mein Kopf auf ihrer Brust, ihre sanfte Hand auf meiner Wange – das bedeutete doch irgendetwas. Das war doch kein kumpelhaftes Verhalten. Das hieß doch, dass sie sich zu mir hingezogen fühlte, oder? Ich hatte natürlich nicht erwartet, dass sie an diesem Abend auf mich zustürzen, mir ohne Umschweife die Zunge in den Rachen schieben, mich in eine stille Ecke zerren und sich mir dort als willige Liebessklavin darbieten würde – aber

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