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Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Titel: Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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ich hatte doch ganz fest damit gerechnet, dass es zwischen uns knistert. Aufgeregte Blicke, kleine Gesten, ein verstohlenes Lächeln – na, so ein Zeug eben. Stattdessen ignorierte sie mich und turtelte mit meinem alten Sandkistenkumpel.
    Scheiße!
    Ich tat, was jeder richtige Mann in so einer Situation tut: Ich brummte irgendetwas Grantiges in mich hinein und holte mir ein Bier.
    * * *
    »Zwei Stunden noch, dann ist er total besoffen«, seufzte Susann.
    Sie hatte sich bei Sven eingehakt, und die beiden spazierten gemächlich durch die kleinen Wege der Laubenkolonie. Der Vollmond schien, und es war eine sternenklare Nacht.
    »Er wäre garantiert stocknüchtern, wenn du jetzt mit ihm durch die Nacht schlendern würdest anstatt mit mir «, behauptete Sven.
    »Du hast es doch selbst gesehen«, sagte Susann. »Er guckt mich überhaupt nicht an. Einmal kurz Hallo und seitdem unterhält er sich mit allen Leuten außer mit mir, immer eine Bierflasche in der Hand. Echt, er hat mit dem kleinen Jan eine längere Konversation geführt als mit mir!«
    »Das liegt vielleicht daran, dass Jan ihn nicht nervös macht«, lächelte Sven.
    »Scheiße, nervös. Der ist nicht nervös. Der ist gefühlskalt! Erst schmeißt er sich an mich ran …«
    »… und zwar buchstäblich!«, kicherte Sven.
    »… und dann tut er so, als wäre ich ein Niemand!«
    »Na ja«, sagte Sven, »es ist ja auch nicht gerade so, dass du heute Abend besonders seine Nähe suchst!«
    »Das ist nicht meine Aufgabe.«
    »Deine Aufgabe?« Sven ächzte. »Hast du irgendwo eine Betriebsanleitung für fortgeschrittene Flirtarbeit gelesen? Tu, was du tun musst, damit du ihn bekommst. Und vergiss den ganzen Schmonzes , wer nach landläufiger Meinung eigentlich was machen müsste! Piet tickt nicht so wie andere Leute, der startet nicht durch, der wartet ab. Der wartet auf dich! Also: ran an den Speck und reingebissen!«
    Susann sah Sven mit einem viel sagenden Blick an. Der atmete tief aus, verstehend, und lächelte: »Ja, ja, Ich weiß. Ich hab gut reden. Ausgerechnet ich! Aber darum geht’s jetzt nicht. Hör zu, Susann: Heute kümmern wir uns um dein Problem, und später, in ein paar Tagen, dann um meins .«
    Sie legte ihren Arm um seine Schulter und drückte ihn fest an sich. Leise fragte sie: »Bist du dir sicher, dass du okay bist?«
    Sven nickte.
    »Sicher?«, vergewisserte sie sich noch einmal.
    Sven wand sich aus ihrem Griff und gab ihr einen spaßhaften Klaps auf den Po. »Ich bin sicher, Süße«, sagte er. »Los jetzt, schnapp ihn dir!«
    * * *
    Ich wollte die Bierflasche gerade ansetzen, als eine Hand von der Seite auf sie zuschnellte, die Flasche packte und von meinem Mund entführte. Es war Susanns Hand. Sie stellte die Pulle auf den Büffettisch, der mittlerweile – bis auf das knappe Dutzend von Jan flüchtig angeknabberter Bockwürste, dem noch nicht einmal geöffneten Glas mit den ominösen Vertriebenen-Gurken und drei Becher Schokopudding – ziemlich geplündert war.
    »Tanz mit mir!«, sagte sie und zog mich in die Mitte des Raumes. Erst jetzt merkte ich, dass aus den Lautsprechern Lady in Black von Uriah Heep jaulte. Schmusemusik. Ich war völlig perplex und sagte kein Wort, bis wir beide uns auf der Tanzfläche, mehr oder weniger eng umschlungen, langsam drehten. Und was ich schließlich sagte, war nicht besonders originell.
    Ich sagte: »Hallo.«
    Susann antwortete nicht. Sie legte stattdessen den Kopf auf meine Schulter.
    » I don’t know how she found me, in darkness I was walking« , erklang es aus den Boxen.
    Natürlich hatte ich schon früher schöne Frauen im Arm gehalten und mit ihnen getanzt, und schwindelig war mir auch schon früher gewesen. Doch jetzt, in diesem Moment, überkam mich das Gefühl, dass ich beides zum allerersten Mal erleben würde. Und das lag nicht daran, dass ich schon etwas betrunken war. Das lag auch nicht daran, dass ich irgendeine schöne Frau im Arm hielt, sondern daran, dass es Susann war, die ich sanft an mich presste. Sie spürte. Sie riechen konnte.
    Ich wollte etwas zu ihr sagen, irgendetwas – aber keiner der Sätze, die ich im Geiste erwog, wurde meinen tatsächlichen Gefühlen auch nur ansatzweise gerecht. Also sagte ich gar nichts.
    Und dann küsste ich sie.
    Auf den Hals.
    Ganz vorsichtig.
    Susann hob den Kopf an. Ich war mir sicher, dass sie nun eine schnippische Bemerkung machen würde. Doch sie suchte meinen Mund. Und dann küsste sie mich auch.
    »Du hast eine Fahne«, flüsterte sie.
    »Und

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