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Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Titel: Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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herrschte Hormonkrieg an der Algarve – und Petra war Feindin Nummer eins.
    Regt euch doch nicht auf , hätte sie den Weibern gern zugerufen. Eure Macker interessieren mich gar nicht! Aber andererseits war’s auch ziemlich lustig, die aufgetakelten Zicken geifern zu sehen. Petra winkte dem Kellner, der ohnehin ständig zu ihr herüberschaute. Sie wollte noch so ein Glas Caipidingsda mit Sonnenschirmchen.
    * * *
    Als Chantal die dritte und letzte Zugabe absolviert hatte, ging das Licht im Saal an.
    »War das nicht toll?«, schwärmte Knut.
    Fand ich nicht. Ich fand die Musik sturzöde. Und die ganze Zeit in direkter Augenhöhe zu Chantals rasierten Fußballerwaden zu sitzen, die aus ihrem/seinem geschlitzten Kleid lugten, war auch nicht gerade ein ästhetischer Hochgenuss. Am schlimmsten aber fand ich es, die ganze Zeit Susann beobachten zu müssen!
    Sie war meinen Blicken den ganzen Abend ausgewichen. Dafür nahm sie zweimal, obwohl (oder vielleicht auch gerade weil ) sie wusste, dass ich ihr zusah, zärtlich Norberts Hand in die ihre.
    Jetzt war es hell und ich war es leid, sie nur verstohlen zu betrachten. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und sah Susann direkt an. Als sie den Blick erwiderte, zwang ich mich, den meinen nicht zu senken. Es war, als ob ich Susann regelrecht anbetteln würde, mich endlich zu beachten. Und das tat sie dann schließlich auch. Zumindest indirekt: »Wollen wir noch irgendwo etwas trinken gehen?«, fragte sie zur allgemeinen Überraschung. Und dabei sah sie von einem zum anderen, am längsten aber musterte sie mich. Ich nickte sofort begeistert wie ein kleiner Junge, dem man einen Gratis-Lutscher in Aussicht gestellt hatte, was Susann zum ersten Lächeln dieses Abends motivierte. Knut und Sven wollten den Abend natürlich auch noch nicht beenden. Und Norbert, diese dumme Nuss, sagte doch tatsächlich: »Ich muss morgen früh einen Flieger nach Frankfurt nehmen. Nehmt’s mir nicht übel, aber ich geh nach Hause. Mir wird das sonst zu spät.« Dann küsste er Susann und wünschte ihr viel Spaß.
    War der Mann wirklich so dämlich, dass er die Gefahr, die von mir ausging, nicht erkannte? Oder war er sich Susanns Liebe wirklich so verdammt sicher? Ich hätte ihm am liebsten die Zunge herausgestreckt, als er davonflanierte in seinen blitzeblanken Schuhen und mit sechs Kilo Telefon in der Hand.

    »Mein Wagen steht dahinten«, sagte Knut und zeigte in eine Seitenstraße. Als ich mit den Augen der Richtung seines Fingers folgte, sah ich plötzlich einen Mann hastig in einer Einfahrt verschwinden. War das nicht der alte Knacker von vorhin? Versteckte der sich vor uns ? Hatte der mich schon die ganze Zeit beobachtet? Oder ging bloß die Fantasie mit mir durch?
    Ach, war doch egal! Es gab jetzt Wichtigeres!

    Eine Viertelstunde später saßen wir im Pickenpack , einer überdimensionierten Kneipe, in der jeder schief angeschaut wurde, der etwas anderes als Bier oder Croques konsumierte. Wir hatten Glück, dass es erst halb elf war, relativ früh fürs Pickenpack , und dass wir deshalb tatsächlich einen Tisch mit vier leeren Stühlen fanden. We’re on a Road to Nowhere , behaupteten die Talking Heads aus den Lautsprechern, als wir uns setzten. Und ich hoffte sehr, dass sie damit Unrecht hatten.
    Auf der Fahrt hierher hatten wir kaum geredet, doch jetzt konnte Susann ihr langes Schweigen nicht mehr aufrechterhalten. Frauen sind nun mal ganz, ganz schlecht darin, Dinge unterm Deckel zu halten. »Okay«, wandte sie sich Sven zu, »ihr habt also Piet zurückgebracht!«
    Dass Susann über mich und nicht mit mir sprach, war hundsgemein! Aber ich war fest entschlossen, heute Abend alles zu schlucken, was Susann mir reinzuwürgen gedachte. Sie durfte mir so lange Psychoprügel verabreichen, bis sie zufrieden war. Ich fühlte mich so demütig wie noch nie in meinem Leben.
    »Ich finde, er hat lange genug gebüßt«, sagte Sven.
    Susann sah mich skeptisch an. Ich blickte wie ein trauriger Hundewelpe zurück. Wahrscheinlich hatte ich es mit der demonstrativ zur Schau gestellten Zerknirschtheit etwas übertrieben, denn jetzt fingen Sven, Knut und auch Susann zu lachen an.
    »Was?«, fragte ich.
    »Wenn du dich jetzt sehen könntest!«, lachte Sven.
    »Du siehst aus wie Maria Schell!«, lästerte Knut.
    »Wer?«, fragte ich.
    Und da lachten Sven und Knut noch mehr.
    Ich fand’s ja schön, dass der Tonfall etwas lockerer wurde, aber ich wollte nicht, dass wir jetzt ins Herumalbern abglitten. Mir war die

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