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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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unseres Alterthums. Wenn wir einen Rückblick auf sie werfen, so finden wir allerdings sowohl im ganzen Kreise der Götter, wie bei den einzelnen der Lücken noch zahlreiche und das mag uns mit Recht empfindlich berühren, aber wenn wir dabei bedenken, dass wir, ehe Jacob Grimm auftrat, fast gar keine dieser Gottheiten kannten, dass sie alle in so kurzer Zeit wieder erstanden und dass zahllose Hände graben und Gott fleissige Hände segnet, dann müssen wir uns wieder erhoben fühlen und die Hoffnung bricht durch, dass wir bald jene ehrwürdigen Göttergestalten klarer und vollständiger aufgestellt sehen werden, als dies bis jetzt möglich war.

Weise Frauen. 66
    Neben den Namen der Helden finden sich in den Stammtafeln und Stammsagen keine Heldinnen: mit der Heldenarbeit hat das Weib nichts gemein, es gehört nicht ins Feld und in die Kampfreihen, sondern in das Haus, worin wir auch die Göttinnen vorzugsweise waltend erblicken, der Frau ziemen friedliche Beschäftigungen, sie ist die »Frieden webende.« Darum theilen die Frauen doch die Halbgöttlichkeit mit den Männern und wenn die Halbgöttinnen nicht so geräuschvoll auftreten, wie die Helden, so erscheint ihr Amt dafür um so bedeutsamer und von tieferem dauernderem Einfluss auf das Leben und Treiben der Menschen. Ihr Geschäft und ihre Bestimmung ist im Allgemeinen so zu bezeichnen, dass sie den obern Göttern dienen und den Menschen verkündigen. Sie stehen den Göttern unmittelbarer nah, als die Helden, im Range über diesen, sie vermitteln die Gottheit den Menschen.
    Es ist ein tiefer und schöner Zug in unserm Volke, dass es von jeher die Frau mit einer Achtung und Ehrfurcht behandelte, welche andern Völkern selbst auf der höchsten Stufe der Bildung fremd blieb. Die Deutschen glaubten, wie wir schon wissen, dass den Frauen etwas Göttliches und Vorahnendes innewohne, und das erklärt sich, wenn wir uns erinnern, dass ja selbst ihr Name göttlichen Ursprunges ist. Man hielt darum auch dafür, dass Zauber und Weissagung besonders ihre Gaben seien. Dies gilt nun in besonders hohem Grade von den halbgöttlichen Frauen, welche daher ihren Namen leiten: kluge, weise Frauen; ihr allgemeinerer Name war Idisî . Zwar beruht ihr Wesen auf menschlicher Natur, gleich dem der Helden, aber wie diese von den Göttern mit physischen Mitteln und Kräften bedacht sind, so sind jene mit höhern geistigen Gaben ausgerüstet. Sie haben das Amt den Menschen Heil oder Unheil, Sieg oder Tod anzusagen und zu verkündigen. Ihre Weisheit erspäht, ja sie ordnet und lenkt Verflechtungen unseres Schicksals, warnt vor Gefahr und räth in schwieriger Lage. Bei der Geburt des Menschen erscheinen sie weissagend und begabend, in Kampfes Nöthen sind sie hilfreich und Sieg verleihend ihm nahe.
    Unter ihnen stehen obenan die drei Schicksalsgöttinnen, die Moiren der Griechen, die Parzen der Römer, unsere Norni: Wurt, Werdandi und Scult , also das Gewordene, das Werdende, das Werdensollende, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nach nordischer Ueberlieferung quillt unter einer der Wurzeln des Weltbaumes, der Esche Yggdrasil ein hochheiliger Brunnen, welcher nach der ersten dieser Nornen genannt wird. Da erhebt sich der Saal der drei Jungfrauen, aus welchem sie hervorgehen, die jedem Menschen seine Lebenszeit Bestimmenden. So kamen sie in der Nacht, wo Helgi der Held geboren wurde, in die Burg und schufen ihm sein Schicksal; sie drehten die Schicksalsfäden und breiteten das goldne Seil mitten am Himmel aus. Die eine barg ein Ende desselben gen Osten, die andere eines gen Westen, die dritte festigte es gen Norden und alles Gebiet zwischen den beiden ersten Fäden sollte dem jungen Helden zufallen. Ein anderesmal kamen sie in ein Haus, da lag ein Kind in der Wiege und zwei Kerzen brannten über ihm. Die erste und die zweite Norne begabten es mit Glückseligkeit vor andern seines Geschlechtes. Da erhob sich aber zornig die dritte, die jüngste, welche man im Gedränge von ihrem Stuhl geworfen hatte, so dass sie zur Erde gefallen war und rief: Ich schaffe dem Kinde, dass es nicht länger leben soll, als die neben ihm angezündete Kerze brennt. Gütig aber griff die älteste der Jungfrauen rasch nach der Kerze, löschte und gab sie der Mutter mit der Mahnung, sie erst an dem letzten Lebenstage des Kindes wieder anzustecken. Von diesem Besuche der Nornen empfing das Kind den Namen Nornengast. Diese älteste der Nornen ist die Vergangenheit, jene übles schaffende Jüngste die Zukunft, die

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