Die deutsche Götterlehre
Dienstbarkeit; fiel er, dann durfte er sich nicht wieder erheben, sondern wurde auf der Erde hinausgewälzt. Dahin liessen sich auch Sterbende tragen, um entweder Heilung zu erlangen, oder den Göttern nahe zu sterben und so nach dem Tode rascher in ihre Gemeinschaft zu kommen.
In diesem innersten Heiligthum war es wieder ein Baum , der durch sein Alterthum, durch seine besonders laubige Krone oder anderes ausgezeichnet der Gottheit vorzüglich geweiht war; oft auch waren es drei, vier oder sieben solcher Bäume, woher die Namen des Dreieich, der belgischen Viereichen und Siebeneichen sich schreiben, denn die Eichen galten als besonders heilige Bäume. Oft standen solche Bäume nicht in Wäldern, sondern frei und dann war wohl nur ein kleiner Raum um sie herum eingefriedigt und galt als heilig. Ein solcher Baum war u. a. die wunderbar grosse Donnereiche, welche der heil. Bonifacius bei Geismar fällte und die in vier Theile zerrissen hinstürzte; aus ihrem Holze baute er, dem neuen Heiligthum seine alte Bedeutung zu lassen, dem heil. Petrus eine Kapelle.
Noch dauern Reste dieses Cultus unter uns fort; so heissen die schönsten und laubigsten Eichen in Hessen Hergottseichen, so hängt man vielfach noch Pferdehäupter an Haus und Stall auf, um Schaden durch Zauberei abzuwenden und noch im späten Mittelalter galten Träume unter gewissen Eichen für besonders bedeutsam.
Neben diesen freien Heiligthümern gab es jedoch in frühester Zeit schon Tempel für einzelne Gottheiten. Sie entstanden, sobald das Volk selbst sich bestimmtere Wohnsitze wählte und anfing, feste Wohnungen zu gründen, denn dem Heidenthum war der Gott in allen Verhältnissen dem Menschen gleich. Schon die durch Tacitus uns bekannte Mutter Erde hatte in ihrem heiligen Hain ihren Tempel, einen andern sehr berühmten besass im Jahr 14 n. Chr. die Göttin Tanfana, welche unter den Marsen in hoher Verehrung stand, der heil. Gallus zündete einen Tempel in Cöln an. Anfangs waren diese Tempel nur sehr dürftig, einfache Häuschen oder Hütten aus Holz und Zweigen unter dem heiligen Baum oder um denselben herum aufgeführt, aber auch später mögen sie nicht besonders künstlich gewesen sein. Man nannte sie hof, halla, sal, pëtahûs (Bethaus). Erhalten sind uns keine, theils, weil sie meistens aus Holz erbaut waren, theils auch, weil man die schöner und fester errichteten spätern Bauten zu christlichen Kirchen umschuf, die wieder im Lauf der Jahrhunderte vielfache Umbauten und Veränderungen erlitten. Der Norden war in Tempelbauten Deutschland weit voran und besass solcher Bauwerke eben so viele als kostbar geschmückte, selbst ganz mit Gold verzierte; doch sind auch sie spurlos untergegangen.
Wie die alten Deutschen nach Tacitus Bericht der Erhabenheit der Götter zu nahe zu treten glaubten, wenn sie ihnen Tempel errichteten, so hielten sie es auch für ihrer unwürdig, ihre Gestalt bildlich darzustellen. Sie hatten nur Symbole , welche bei feierlichen Gelegenheiten umgetragen wurden. Später jedoch, als die Kunstfertigkeit zunahm, da wuchs auch der Drang, die Gottheit, die man bisher nur glaubend schaute, im Bilde zu schauen und so entstanden die Götterbilder . Anfangs setzte man sie wohl, wie die Preussen es thaten, in die Krone heiliger Bäume und verhüllte sie mit Tüchern, als die Tempel aber entstanden, brachte man sie in dieselben hinein. Die ersten dieser Bilder waren aus Holz roh geschnitzt, später machte man solche aus Stein und endlich selbst aus Metall. In dem Tempel, den der heil. Gallus bei Bregenz am Bodensee zerstörte, fand er drei solcher Götterbilder, welche vergoldet waren, der Wand eingemauert und mit Opfern geehrt; er riss sie heraus, zerschlug sie vor den Augen des Volkes sind warf sie in den Bodensee. Wie die heiligen Symbole, so trug man bei den Festen der Götter auch ihre Bilder umher, besonders durch die Felder, denn man glaubte, dass die Nähe des Gottes der Saat Gedeihen bringen werde. Feierlicher als dies Umtragen war die festliche Umfahrt in dem Wagen der Gottheit, welchen man nur zu diesem Gebrauch in den heiligen Hainen bewahrte. Diese Wagen waren entweder offen, so dass Jedermann das Bild der Gottheit sehen konnte, wie der Wagen des Freyr im Norden, oder sie waren mit Tüchern verhüllt und nur dem Priester nahbar, wie der Wagen der Nerthus.
Zu den Götterbildern sind auch jene berühmten Irmanseulen zu zählen, deren eine Carl der Grosse unweit Heresburg in Westphalen zerstörte, wo einer der Hauptsitze des
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