Die deutsche Götterlehre
als furchtbar stehen die Priesterinnen der Cimbern da; sie erscheinen in einer Stelle bei Strabo als bejahrte Weiber mit grauem Haar und blossen Füssen; über weissem Untergewand tragen sie einen linnenen Wamms, eherne Spangen umgürten sie; so finden wir sie bei dem blutigen Menschenopfer, Kriegsgefangene schlachtend, aus deren im Opferkessel aufgefangenem Blut sie weissagen.
Ungleich edler erscheinen wieder die nordischen Priesterinnen, von denen wir Kunde haben, wie u. a. jene den Wagen des Gottes des Friedens des Glückes und der Liebe bei der jährlichen Umfahrt begleitende Jungfrau, doch ist über sie wie über die der Deutschen nur wenig mehr übrig.
Wol
(nord. Ullr) der kampfesmuthige, war vorzüglich ein Gott der Jagd. Dem Norden war er ein schöner lichter Gott, der Schild hiess dort sein Schiff, er selbst der Gott des Bogens. Die christliche Mythologie ersetzte ihn durch den heiligen Hubert und manche Gebräuche der heidnischen Zeit, welche mit seiner Verehrung zusammenhingen, wurden christlich umgedeutet auf diesen Heiligen übertragen.
Göttinnen. 48
Die älteste Urkunde des Menschengeschlechtes weiss nur von einem Gott , dem allmächtigen Vater und Schöpfer, einstimmend weisen alle heidnischen Gottheiten, wie sehr verdunkelt auch die Erkenntnis sein mochte, auf einen Gott zurück, den wir in dem deutschen Wuotan haben. Neben ihm gab es ursprünglich keine ihm an Hoheit und Macht verwandte Göttin. Und als sich die Vielgötterei entwickelte, da blieben die ersten der neuen Götter immer noch männlich, erst bei ihrer weiteren Ausbildung nahm sie Frauen in den Kreis der Himmlischen auf. Diese theilten mit jenen die Lust und Freude am Kampfe, in welchen wir sie vielfach eingreifend finden, doch tritt das bei ihnen weniger hervor, als vielmehr eine ihrem Geschlechte mehr passende weichere Seite, ihre Neigung zu den Beschäftigungen und Künsten des Friedens. Wie viele Götter, besonders die drei Hauptgötter Wuotan, Donar und Fro auch Schutzgottheiten des Landmannes sind, so sind dies die Göttinnen vorzugsweise. Wie Wuotan und Donar väterlich gedacht wurden, so finden wir in den Göttinnen Mütter wieder, welche sich des Menschen treu und liebevoll annehmen, die ihn lehren, den Boden zur Saat zu bereiten, dieselbe ihm anzuvertrauen und reiche Ernte zu gewinnen; die ihm zeigen, wie er das Korn in schmackhaftes Brod verwandeln kann, wie er den Flachs zu schönen Fäden spinnen und diese künstlich weben soll. Belehrend und gütig ziehen sie dazu im Lande herum, liebevoll mit den Menschen verkehrend:, sie gründen den geordneten Haushalt. Dadurch gewinnen sie etwas Trauliches, rücken sie der grossen Masse des Volkes näher, als die Götter und so ist es nicht zu verwundern, wenn ihr Andenken fester haften blieb, als das mancher Götter.
Wir fanden den Göttern einzelne Aemter zugetheilt; wenn auch Berührungen zwischen ihnen stattfinden, so sind die einzelnen doch wesentlich von einander verschieden. Das ist bei den Göttinnen nicht der Fall, ihrer aller Amt ist im Ganzen ein und dasselbe, sie unterscheiden sich fast nur durch ihre Namen. Diese sind mitunter den Namen der Götter genau verwandt, nur die Feminina derselben, wie denn überhaupt der Zug in der deutschen Götterlehre vorspringt, dass fast jeder männlichen eine ähnliche weibliche Gottheit zur Seite steht.
Hellia 63
war die unerbittliche Göttin der Unterwelt, zu welcher die Seelen der an Siechthum oder vor Alter gestorbenen Menschen fuhren. Tief im Dunkel der Erde lag ihre Wohnung. Da thronte sie in schauriger Gestalt, halb schwarz, halb menschenfarbig. Sie ist nach der Edda eine Tochter des bösen Loki und einer Riesin, die Schwester des furchtbaren Wolfes Fenrir und der erdumgürtenden Schlange. Ihr Saal heisst Elend, ihre Schwelle Einsturz, drohendes Unglück ihr Bett; Träge heisst ihr Knecht, Langsam ihre Magd; sie isst von der Schüssel Hunger und schneidet mit einem Messer, dessen Name unersättliche Gier heisst. Was sie einmal besitzt, lässt sie nicht mehr los, Barmherzigkeit kennt sie nicht.
Nach der Einführung des Christenthums vielleicht auch schon früher schwand der persönliche Begriff und löste sich in den localen auf: aus der Göttin Hellia, Hella wurde die Hölle, die nun dieselben Eigenschaften beibehielt, welche wir der alten Göttin beigelegt sehen, die trotz all der Seelen, welche sie verschlang, unersättlich immer nach neuen noch hascht.
Mit ihr schliesst die noch sehr mangelhafte Reihe der Gottheiten
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