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Die Deutschen im Osten Europas: Eroberer, Siedler, Vertriebene - Ein SPIEGEL-Buch

Die Deutschen im Osten Europas: Eroberer, Siedler, Vertriebene - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Die Deutschen im Osten Europas: Eroberer, Siedler, Vertriebene - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Großbongardt
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Kreuzzügen ins Morgenland wurden nicht nur religiöse Ziele verfolgt – auch wirtschaftliche und machtpolitische. Der Aufruf im Jahr 1108, gegen die Wenden vorzugehen, habe schnell die »Gestalt eines Siedlungsplanes« angenommen, resümiert Charles Higounet. Knapp zwei Generationen später, 1147, folgte eine zweite, gewaltigere Welle, auch Polen und Dänen beteiligten sich an der Heerfahrt. Zwar ließen sich die Wenden nach brutaler Gewaltanwendung taufen, schließlich gab es nur eine Alternative: Bekehrung oder Tod. Weil aber militärische Erfolge im Rahmen dieser dreimonatigen Expedition fast ausblieben, galten die Unternehmungen eigentlich als Misserfolg – nicht aber bald darauf das Engagement der Ordensritter, die ursprünglich im Heiligen Land karitativ-medizinisch tätig gewesen waren. Als »Orden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem«, verpflichtet auf die Gelübde der ehelosen Keuschheit, des Gehorsams – und der Armut.

    Solche Typen, trotz allem kampferprobt, brauchten ungarische und polnische Herrscher, um im 13. Jahrhundert ihre Länder von Heiden säubern und, praktischerweise gleich mit, die Grenzen sichern zu lassen gegen ungläubige Aggressoren. Sowohl vom Kaiser als auch vom Papst ließen sich die Ritter juristisch verbindlich zusichern, dass nach der Missionierung und der damit verbundenen Unterwerfung des Baltikums, der Heimat der Prussen, dieses Land dem Orden gehören solle: als Souverän, niemandem verpflichtet.
    Dann fasste der Deutsche Orden in Livland Fuß, 1308 holte er sich Pommerellen samt Danzig, 1346 das bis dahin zu Dänemark gehörende Estland, 1398 Gotland, den Hauptsitz der überaus lästig und gefährlich gewordenen Piraten in der Ostsee, 1402 die Neumark. Manches Territorium wurde auch gekauft, dem Orden verpfändet oder ihm übertragen – etwa Samaiten, das Verbindungsstück zwischen Preußen und Livland. Ein mächtiges Land, nur Litauen konnte nicht bezwungen werden. Es blieb, wie das ab 1569 staatlich mit ihm vereinte Polen, Hauptgegner des Ordensstaates und dessen Neigung, sich auf Kosten anderer immer weiter auszubreiten. Weil seine Anführer die Gefahr spürten, die seit 1386 von der polnisch-litauischen Koalition ausging, ließ
Hochmeister Jungingen im August 1409 beiden Kontrahenten »Fehdebriefe« zukommen – hieß: Kriegserklärung.
    Zu den Verirrungen einer stark nationalistisch geprägten Vergangenheitsdeutung im 19. Jahrhundert gehört Heinrich von Treitschkes Beschreibung der folgenden Niederlage der Deutschen bei Tannenberg. Die Ordensbrüder definierte er als Kulturträger, die mit »deutschem Fleiß« Gaben »deutscher Gesittung über die leichtlebigen Völker des Ostens« verteilt hätten, der Ordensstaat sei wie ein »fester Hafendamm« gewesen, »verwegen hinausgebaut in die wilde See der östlichen Völker«, die bis dahin »im Zustand der Tierheit« gelebt hätten. Der Aggressor als Sinnstifter – Treitschkes Bewertung geisterte lange durch die Welt der Deutschen.

    »Wer jetzo zieht ins Ungarland«
    Habsburgische Wiederaufbauhilfe nach den Türkenkriegen: die Anwerbung der »Donauschwaben«
    Von Georg Bönisch

    Der Begriff irritiert ein wenig: Donauschwaben. Und er ist viel jünger als das Phänomen, das er beschreibt. Ein österreichischer Geograf hat ihn Anfang der zwanziger Jahre geprägt, ein deutscher Historiker und Geologe wenig später verbreitet – seither heißen sie so, all jene Menschen aus größtenteils deutschsprachigem Raum, die im 17., 18. und 19. Jahrhundert der Heimat den Rücken kehrten und sich im damaligen Ungarn längs des Mittellaufs der Donau niederließen: in der Batschka beispielsweise oder im Banat oder in der Baranja, Syrmien oder Slawonien.
    Hier, im südöstlichen Zipfel des habsburgischen Reiches, hatten lange die Türken geherrscht, und als sie nach etlichen Kriegen schließlich besiegt werden konnten, hinterließen sie abgebrannte Dörfer, verwilderte Landschaften und ehedem fruchtbare Ackerböden, die nun Wüsteneien waren. Ungarn, in ganz Europa berühmt für die Zucht von Rindern etwa und seinen Weinbau, lag ziemlich danieder. Also musste ein Wiederaufbau organisiert werden – mit Hilfe Deutscher. Ursprünglich schwebte einem Chefplaner der Habsburger vor, das Königreich deswegen zu »germanisiren«, um das »hungarische zu Revolutionen und Unruhen geneigte Geblüt mit dem teutschen« zu »temperiren«. Diese Idee fruchtete nicht bei seinem Monarchen, wohl aber die mit einer Übersiedlung

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