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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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Marken. Die Mitglieder des Vollzugsausschusses der Obleute der Spartakusgruppe und des Parteivorstandes der uspd entschließen sich, die Arbeiter bereits für den 9. November zum bewaffneten Aufstand aufzurufen. Ein neuer Aufstandsplan wird ausgearbeitet.
    Den Kampf soll ein Generalstreik eröffnen. Von den Großbetrieben aus sollen die bewaffneten Demonstranten in elf Marschsäulen zum Stadtinnern ziehen, die wichtigsten öffentlichen Gebäude besetzen und die herrschende Staatsmacht stürzen. Aufgabe der Demonstranten ist es, die Soldaten in den Kasernen als Bundesgenossen zu gewinnen. Kuriere bringen die Beschlüsse in die Betriebe. Im Laufe des Tages und in der Nacht wird ein Flugblatt gedruckt, das die Arbeiter und Soldaten zum Kampf für die sozialistische Republik aufruft.
    8. November 1918, 10 Uhr vormittags: Im Wald von Compiègne begibt sich der Reichstagsabgeordnete Matthias Erzberger mit drei Begleitern und einem Dolmetscheroffizier in den gegenüberliegenden Sonderzug; sie nehmen hinter den ihnen bezeichneten Plätzen Aufstellung. Kurz darauf erscheint Marschall Foch in Begleitung seines Generalstabschefs Weygand und dreier englischer Marineoffiziere. Die Deutschen übergeben ihre Vollmachten, die geprüft werden. Marschall Foch fragt: »Was führt die Herren hierher? Was wünschen Sie von mir?« Der Abgeordnete Erzberger erwidert, daß er Vorschlägen über Herbeiführung eines Waffenstillstandes zu Wasser, zu Lande, in der Luft und an allen Fronten entgegensehe. Marschall Foch erwidert: »Ich habe keine Vorschläge zu machen.« Er befiehlt seinem Generalstabschef, die Bedingungen des Waffenstillstandes vorzulesen. Es wird eine Bedenkfrist von 72 Stunden gewährt. Foch erklärt: »Verhandlungen über die Bedingungen werden unter keinen Umständen zugelassen. Deutschland kann sie annehmen oder ablehnen, ein Drittes gibt es nicht.« Private Unterhandlungen werden erlaubt. Die deutsche Delegation einigt sich auf folgende Richtlinien: »Die Bedingungen sind undurchführbar; sie machen Deutschland nicht nur wehrlos, sondern liefern es dem Bolschewismus aus; Anarchie und Hungersnot sind die unmittelbaren Begleiterscheinungen der Annahme dieser Waffenstillstandsbedingungen.«
    Der Dolmetscheroffizier, Rittmeister von Helldorf, reist mit den Bedingungen nach Berlin. Als Ablaufstunde des Ultimatums ist der 11. November, vormittags 11 Uhr, bezeichnet.
    8. November 1918, mittags: Die spd -Führer erhalten Kenntnis von der Vorbereitung des bewaffneten Aufstands. Sie warnen die Arbeiter vor »Unbesonnenheiten«. Alles sei bereits in die Wege geleitet und die Abdankung des Kaisers eine Frage von Stunden. Jede selbständige Aktion könne die Verhandlungen nur stören.
    8. November, abends: Der sozialdemokratische Parteivorstand ruft seine Vertrauensmänner aus den Betrieben zu einer Beratung zusammen, um sich über die Situation zu informieren. Einer der Vertrauensmänner erklärt: »Wir können hier beschließen, was wir wollen. Zurückzuhalten sind die Arbeiter nicht mehr.« Trotzdem erhalten die Vertrauensleute den Auftrag, sich in ihre Wohngebiete zu begeben und die Arbeiter von Gewaltmaßnahmen abzuhalten. Die Regierung rüstet sich zum Gegenschlag. Das als besonders zuverlässig geltende 4. Jägerbataillon wird nach Berlin beordert. Spätabends rücken die Soldaten in die Alexanderkaserne ein. Anschließend werden Handgranaten ausgegeben. Ein Gefreiter macht eine disziplinwidrige Bemerkung und wird sofort arretiert. Zuerst bleibt es still. Dann werden Fragen laut: »Gegen wen sollen wir marschieren? Auf wen die Handgranaten werfen?« Sie wollen wissen, »was los ist«. Die Offiziere versprechen Aufklärung am nächsten Tag. Die übermüdeten Soldaten sind zufrieden und legen sich fürs erste schlafen. Der Eisenbahnverkehr wird völlig stillgelegt. Die Vorbereitungen sind getroffen, einen Aufstand in Berlin niederzuschlagen.
    8. November 1918, nachmittags: Der Reichskanzler Prinz Max von Baden meldet ins kaiserliche Hauptquartier nach Spa, daß die spd die Abdankung des Kaisers in Form eines Ultimatums gefordert habe und nach dessen Ablauf aus der Regierung ausscheide – was bedeute, daß sie die Führung der Revolution übernehme.
    Der Kanzler verbindet mit dieser Nachricht sein Abschiedsgesuch, warnt vor einer Militärdiktatur, die unweigerlich zum Bürgerkrieg führen müsse, und schlägt vor: Neuwahlen, Nationalversammlung, dann erst Abdankung, die jedoch jetzt schon zu versprechen sei, bis dahin

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