Die Deutschen
niederzuwerfen«.
Der 8. Januar ist auf beiden Seiten ein Tag des gespannten Abwartens. Für den 9. Januar bereiten die Revolutionären Obleute, der Zentralvorstand der Berliner uspd und die Zentrale der kpd einen neuen Generalstreik vor. Es heißt in dem Aufruf: »Es geht aufs Ganze … um die ganze Zukunft der Arbeiterschaft, ums Ganze der Sozialen Revolution! … Es muß gekämpft werden bis aufs Letzte! … Bewaffnet Euch! Gebraucht die Waffen gegen Eure Todfeinde!«
Wieder folgen Tausende diesen Aufrufen, versammeln sich an den angegebenen Plätzen, aber wieder erhalten sie keine Anweisungen zum Handeln, wiederum bleibt es bei allgemeinen Redensarten. Müde des planlosen Umherirrens greifen mehr und mehr Arbeiter die Losung auf: »Schluß mit dem Brudermord – Einigung der Arbeiter ohne die Führer!« Ein Teil der Demonstranten wendet sich unter der mitgeführten Parole »Kein Blutvergießen, sondern Verbrüderung!« zum Zentralrat, um mit ihm zu verhandeln.
Auch das preußische Kabinett tagt. Der Kriegsminister berichtet über das Fortschreiten der Maßnahmen Noskes.
Die Führer der uspd nehmen die Verhandlung mit der Regierung wieder auf. Enttäuscht von der schwankenden Politik ihrer Führer geben viele Arbeiter und Soldaten den Kampf gegen die Regierung auf.
Unterdessen versteht die Konterrevolution die Zeit zu nutzen. Die ersten entscheidenden Schläge werden gegen die Arbeiter der großen Waffenwerke in Spandau geführt. Das Rathaus wird sturmreif geschossen, 63 Revolutionäre darin verhaftet und ihre Führer sofort erschossen.
Der Oberbefehlshaber Noske erläßt folgenden Aufruf:
»Arbeiter!
Die Reichsregierung hat mir die Führung der republikanischen Soldaten übertragen. Ein Arbeiter steht also an der Spitze der Macht der sozialistischen Republik.
Ihr kennt mich und meine Vergangenheit in der Partei. Ich bürge Euch dafür, daß kein unnützes Blut vergossen wird.
Ich will säubern, nicht vernichten.
Ich will euch mit dem jungen republikanischen Heer die Freiheit und den Frieden bringen.
Die Einigkeit der Arbeiterklasse muß gegen Spartakus stehen, wenn Demokratie und Sozialismus nicht untergehen sollen.«
Das »junge republikanische Heer« besteht weitgehend aus dem reaktionärsten Teil der kaiserlichen Armee. Statt »Freiheit und Frieden«, bringt dieses Heer vor allem Erschießungen und zum Teil bestialische Mißhandlungen.
Am Mittag des 11. Januar ziehen Noske und Oberst Detjen an der Spitze von 3000 Mann in Berlin ein. Sie marschieren demonstrativ durch viele Straßen des Zentrums zur Reichskanzlei. Vom Balkon aus hält Noske eine Begrüßungsrede an die »bewaffnete Macht der Sozialistischen Republik«.
Die letzten Kämpfe finden am 12. Januar um das Polizeipräsidium statt. Der Kommandant des Präsidiums wird mit vier seiner Mitkämpfer bei den Übergabeverhandlungen gefangengenommen und sofort erschossen. Mit Artillerie wird das Gebäude sturmreif geschossen und dann durch Stoßtrupps, die in den U-Bahnschächten ungesehen vordringen können, erobert. Die Überlebenden der Besatzung werden gefangengenommen, viele werden mißhandelt und viele ermordet.
Die ganze Stadt Berlin wird nun planmäßig von den Freikorps besetzt.
Die Gardekavallerieschützendivision führt Plakate mit sich, auf denen steht: »Berliner! Die Division verspricht euch, nicht eher die Hauptstadt zu verlassen, als bis die Ordnung endgültig wiederhergestellt ist.«
Als nächsten Akt ihrer Ordnungspolitik führt die Division unter Leitung von Hauptmann Papst die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg durch.
Die Revolution in Berlin ist beendet.
Chronik Januar-Mai 1919
Die Räterepublik in München. April 1919
1919 19. Januar: Wahlen zur Nationalversammlung. Die kpd boykottiert die Wahlen, spd und uspd erhalten zusammen 45,5 Prozent der gültigen Stimmen.
25. Januar: Anläßlich der Beisetzung von Liebknecht und 31 bei den Januarkämpfen Gefallenen kommt es in Berlin zu Massendemonstrationen.
27.–28. Januar: Kämpfe revolutionärer Arbeiter und Matrosen in Wilhelmshaven gegen das Freikorps Ehrhardt.
4. Februar: Die von der Regierung eingesetzte Division Gerstenberg erobert nach schweren Kämpfen die Stadt Bremen. Damit findet die Bremer Räterepublik ihr Ende.
Der vom 1. Rätekongreß gewählte Zentralrat überträgt sein Kontrollrecht über die Regierung an die Nationalversammlung.
5.–6. Februar: In Wismar schlagen revolutionäre Arbeiter und Soldaten einen Offiziersputsch
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