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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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während er, Papen, Vizekanzler und preußischer Ministerpräsident werde. Er als Vizekanzler werde bei allen Vorträgen des Reichskanzlers anwesend sein. Hindenburg kann sich immer noch nicht zu einer Entscheidung durchringen.
    Die Gespräche in den Hauptquartieren der verschiedenen Parteien laufen auf Hochtouren, und plötzlich glaubt man zu wissen, daß Schleicher plane, den Reichspräsidenten noch in der Nacht in Schutzhaft zu nehmen und die Macht an sich zu reißen. Göring wird aktiv und warnt Staatssekretär Meißner. Im Hause Hindenburg ist man bereit, an die Putschabsicht zu glauben. Papen nutzt diese Stunde – und noch in der Nacht geht die Aufforderung an Hitler, Frick und Göring, »anderntags um 11 Uhr in der Präsidialkanzlei zur Vereidigung zu erscheinen«.
    Montag, 30. Januar morgens. Anhalter-Bahnhof. General von Blomberg wird von Hindenburgs Sohn abgeholt und fährt in seiner Begleitung in das Reichspräsidentenpalais, wo Hindenburg dem völlig Überraschten seine Bestallung zum Reichswehrminister überreicht und ihn vor der Bildung einer Regierung vereidigt.
    Im Reichskanzleramt bei Papen ist man sich noch uneins, denn Hugenberg will auf keinen Fall der von Hitler geforderten Reichstagsauflösung zustimmen. Papen verhandelt bald mit der einen, bald mit der anderen Partei, und schließlich treten sich die Antipoden selbst gegenüber: Hitler gibt die feierlichsten Versprechungen ab, während Hugenberg immer wieder auf seiner Forderung beharrt. Meißner mahnt die Streitenden, daß es bereits fünf Minuten über die Zeit sei und der Herr Reichspräsident Pünktlichkeit liebe. Aber es wird 11 Uhr 15, und immer ist noch kein Ende abzusehen – bis sich schließlich Hugenberg bereit erklärt, den Reichspräsidenten über die Frage der Reichstagsauflösung entscheiden zu lassen.
    Als erster hebt Adolf Hitler die Hand zum Schwur: »Ich schwöre: Ich werde meine Kraft für das Wohl des deutschen Volkes einsetzen, die Verfassung und die Gesetze des deutschen Volkes wahren, die mir obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen und meine Geschäfte unparteiisch und gerecht gegen jedermann führen.«
    Hitler kehrt mit seinem Anhang in sein Hauptquartier ins Hotel »Kaiserhof« zurück. Ihm und seinen engsten Mitarbeitern, Dr. Goebbels und Göring, ist es klar, daß sie vom Wunschbild der totalen Herrschaft noch weit entfernt sind. Ist die Weimarer Verfassung inzwischen auch noch so durchlöchert, so agieren sie alle doch noch auf dem Boden der Demokratie und des Parlementarismus: heute berufen, können sie morgen wieder gestürzt werden. Auch fühlen sie sich in dem neugeschaffenen Kabinett eingeengt, ja gefesselt. In diesen Stunden wohl wird in den Köpfen dieser drei Männer der Gedanke an einen Staatsstreich geboren, denn sie wollen die absolute Macht, die Ausschaltung aller anderen Parteien und die Sicherheit, an der Regierung zu bleiben. Den Rahmen zu diesen Überlegungen bildet die große Siegesfeier der Nationalsozialisten. Während Hitler aus seinem neuen Domizil in der Wilhelmstraße die Vorbeimarschierenden grüßt, steht ein paar Häuser weiter der alte Reichspräsident am Fenster und glaubt vermutlich, daß er recht gehandelt habe.
    Am andern Tag steht Hitler neben Papen vor Hindenburg, um ihm sein »Regierungsprogramm« vorzutragen. Hitler redet von großzügiger Aufbauarbeit, von seinem Arbeitsbeschaffungsprogramm, von Fragen, die man sofort entscheiden müsse, und von denen, die man besser geheimhielte. Mit militärischer Prägnanz stellt er dem Reichspräsidenten vor, daß es der rechte Weg sei, wenn ihm der Reichstag eine Art Ermächtigungsgesetz bewillige. Hindenburg ist angenehm davon berührt, daß nach der Verfassung mit der Mehrheit der Parteien regiert werden soll.
    Aber nun erklärt Hitler: mit dem jetzigen Reichstag könne er dieses Ziel nicht erreichen; der Reichstag müsse aufgelöst und Neuwahlen müßten ausgeschrieben werden. Dadurch kommt Hindenburg wieder in arge Bedrängnis und ist froh, daß Papen und sein Staatssekretär Meißner den Wunsch Hitlers unterstützen. So gibt Hindenburg seine Zustimmung. Als Wahltag wird der 5. März 1933 festgelegt.
    Der neue Propagandachef Goebbels geht an seine Arbeit: jedes Mittel ist ihm recht, jede Lüge willkommen, jede Phrase steht ihm zu Diensten. Göring säubert unterdessen als preußischer Innenminister sein Ministerium, die gesamte Polizei und alle Behörden von »unliebsamen Elementen«, sa und ss üben ihre Terrorfunktion aus und

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