Die Deutschen
kapitalistischen Systems und vom Vorbild der Jakobinerrevolution, des Aufstandes eines bewaffneten Volkes unter Führung einer qualifizierten Minderheit. Der Verlauf der Pariser Kommune hat bei den marxistischen Revolutionstheoretikern die zweite Vorstellung – die jakobinische Tradition im Marxismus – ebenso verstärkt wie die für die marxistische Revolutionstheorie nicht minder wichtige Funktion der Sowjets der Ersten Russischen Revolution des Jahres 1905. Aber gerade dieses Ereignis hat die militärorganisatorische Seite der Revolution für Revolutionäre wie Leo Trotzkij z. B. – aber auch für andere russische Marxisten – ganz scharf in den Vordergrund gerückt. Die Bolschewiki siegten in der Oktoberrevolution, weil sie die Eroberung der Macht nicht in Form eines bewaffneten Volksaufstandes anstrebten, sondern weil sie in einer nach Lenins Theorien klassischen revolutionären Situation über operative militärische Einheiten verfügten, deren taktischstrategische Ausgangslage, deren Kampfmoral, deren Bewaffnung und politischmilitärische Führung den konterrevolutionären militärischen Einheiten überlegen waren. Auch der Sieg der Bolschewiki in den Jahren des nachfolgenden Bürgerkrieges hat dort seinen Grund.
Die 3. Internationale war in ihren Theorien und Proklamationen zeit ihres Bestehens von den traditionellen jakobinisch-marxistischen Vorstellungen getragen – allerdings nicht in ihrer »legalen« Organisation, da die Apparate zur militärischen Eroberung der Macht selbstverständlich eine geheime Rolle spielten – nach den Grundsätzen der Kriegsvorbereitung und -führung. In keiner der Parteien der kommunistischen Internationale hat es jedoch dieser militärische Apparat vermocht, sich theoretisch und praktisch gegen die jakobinisch-leninistischen Revolutionsvorstellungen durchzusetzen – mit Ausnahme der Kommunistischen Partei Chinas unter der Führung Mao Tse-tungs nach der Niederlage in China im Jahre 1927.
Erst durch Mao Tse-tung ist der Marxismus theoretischorganisatorisch auf die Höhe der Zeit gekommen, d. h. mit den tatsächlichen militärischen Fragen der Eroberung der Macht in Einklang gebracht worden. Dies ist einer der wichtigen Gründe für die enorme Wirkung des maoistischen Kommunismus, für den Revolution ganz selbstverständlich Bürgerkrieg bedeutet, und zwar Bürgerkrieg nach den verschiedensten organistorischen Voretappen – wie z. B. Freischärlerkrieg – und letzten Endes die kämpferische Auseinandersetzung militärischer Einheiten, also Armeen mit dem Ziele der Vernichtung und Vertreibung des Gegners – d. h. der Besetzung des Territoriums.
Nach diesen Grundsätzen handeln wohl auch die Guerillakämpfer, die in Kuba und Fidel Castro ihr Vorbild sehen.
»Wenn die marxistische Bibel nicht als Führer zu parlamentarischer Taktik gelten kann«, sagt Bernard Shaw, »so gilt auch das gleiche von den Evangelien, diesen äußerst revolutionären Schriften. Darum verbrennen wir jedoch die Evangelien nicht, noch folgern wir daraus, daß der Verkünder der Bergpredigt uns nichts zu lehren hätte. Ebensowenig sollen wir ›Das Kapital‹ verbrennen und Marx als wertlosen Autor verschreien, den niemand lesen sollte. Marx hat seinen großen Ruf nicht umsonst erlangt. Er war ein großer Lehrmeister. Und wer seine Lehre noch nicht in sich aufgenommen hat, ist, ob Mann oder Frau, im Staatsdienst eine Gefahr. Wer aber wirklich von ihm gelernt hat, statt ihn blind als unfehlbaren Propheten anzubeten, der ist ebensowenig Marxist, wie Marx selbst einer war.«
Der Herausgeber dieses Buches ist kein Prophet. Er hat sein Material zusammengestellt, und er hat zum Schluß die Frage aufgeworfen, ob die Revolution noch eine Chance hat. Er möchte den Leser zum Nachdenken anregen und ihm die Klärung seiner eigenen Gedanken erleichtern. Er wünscht, daß diese Materialien sein soziales Gewissen schärfen und seine Bereitschaft zum selbständigen politischen Handeln erhöhen.
Ohne soziales Gewissen und ohne politische Aktivität aller gesellschaftlichen Kräfte, die den Fortschritt der Menschheit auf den Gebieten der Humanität und der Freiheit wünschen, ist die notwendige Umgestaltung der Gesellschaft nicht möglich.
Bibliographie
Die folgende Bibliographie bringt nur die wichtigsten Titel, die herangezogen wurden. Für die einzelnen Spezialgebiete wird nachdrücklich auf die Bibliographie der hier zitierten Werke verwiesen. Artikel aus Zeitungen und Zeitschriften sind nicht
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