Die Deutschen
das hintere Tor der Stadt geöffnet, so daß die Bündischen ihr Geschütz auf der Spitze der Anhöhe aufstellen konnten. Daran hatten die Bauern nicht gedacht. Sie hatten ihr eigenes Geschütz auf einem Vorsprung des Berges aufgestellt. In einigen Augenblicken wurde dieses durch die höher postierte Batterie der Bündischen zum Schweigen gebracht, und gleich darauf wurde ihre eigene Artillerie gegen sie selbst gerichtet. Im Rücken also und schräg in der Flanke von den Kanonenkugeln vorwärtsgetrieben, mußten die Bauern ihre Stellung verlassen und wurden buchstäblich dem Feinde in den Rachen geworfen: denn während des Verrates der Stadt hatte die Reiterei der Bündischen Zeit gehabt, das Lager zu umreiten. Die Bauern wurden reihenweise von hinten nach vorne und von vorne nach hinten gestoßen und so aufgerieben, daß nur die wenigsten flüchten konnten, und auch diese nur durch Berechnung des Truchseß, welcher der Schlacht ein Ende machen wollte, ehe der Herzog Ulrich mit seiner Reiterei auf dem Walfelde erscheinen konnte. Um drei Uhr war die Schlacht für die Bauern gänzlich verloren. Mehr als 9000 Mann blieben auf dem Platze. Der Truchseß erbeutete fünf Fahnen, achtzehn Kanonen, die ganze Wagenburg der Bauern; aber er hatte schwere Verluste erlitten. Ohne die Verräterei eines Breitschward wäre die Schlacht für ihn verloren gewesen.« Damit ist der Aufstand in Württemberg niedergeschlagen, und es beginnen die Racheakte an den Bauern. Jäcklein Rohrbach wird gefangen, an einen Pfahl gekettet und lebendig verbrannt, während sich die Sieger bei einem Mahl an diesem Anblick weiden.
Zur gleichen Zeit wird die bäuerliche Aufstandsbewegung in Thüringen liquidiert.
Am 17. März 1525 bricht die Revolution in der Stadt Mühlhausen in Thüringen aus. Die Macht, bisher in den Händen der Patrizier, geht in die des neugewählten »ewigen Rates« über, der ausschließlich aus Anhängern des Reformators Thomas Müntzer besteht. »Es ist das Schlimmste, was dem Führer einer extremen Partei widerfahren kann«, schreibt Friedrich Engels in seinem »Bauernkrieg«, »wenn er gezwungen wird, in einer Epoche die Regierung zu übernehmen, wo die Bewegung noch nicht reif ist für die Herrschaft der Klasse, die er vertritt, und für die Durchführung der Maßregeln, die die Herrschaft dieser Klasse erfordert … Er findet sich notwendigerweise in einem unlösbaren Dilemma: was er tun kann, widerspricht seinem ganzen bisherigen Auftreten, seinen Prinzipien und den unmittelbaren Interessen seiner Partei; und was er tun soll, ist nicht durchzuführen … Wer in diese schiefe Stellung gerät, ist unrettbar verloren …«
Mühlhausen mit seinem »ewigen Rat« ist am Ende nicht mehr als eine republikanische Reichsstadt mit einer äußerlich demokratischen Verfassung. Die geforderte Gemeinschaft aller Güter, die Verpflichtung aller zur Arbeit und die Abschaffung aller Obrigkeit bleiben Programm und Proklamation.
Auf dem Papier wird Mühlhausen in eine christliche Gemeinde umgeschaffen, und alle Bürger werden als gleiche Glieder einer Brüderschaft erklärt. Die Reichen entsagen freiwillig ihren Privilegien und geloben, den Armen ein Minimum an Kleidung und Nahrung zu sichern.
Gerade weil Müntzer die Kluft zwischen seinen Theorien und der Wirklichkeit erkennt, setzt er alle Kraft ein für die Organisierung der von ihm ausgelösten Bewegung. Er weiß, daß nur ein äußerstes Maß an Leidenschaft in der Lage ist, die objektiven Schwierigkeiten zu überwinden. So wird aus dem Reformator ein Revolutionsprophet, und Mühlhausen die Zitadelle der Revolution.
Die Ausstrahlung ist gewaltig. In Thüringen, im Eichsfeld, im Harz, in den sächsischen Herzogtümern, in Hessen und Fulda, in Oberfranken und im Vogtland hören die Bauern auf Müntzer, organisieren sich nach seinem Gebot, erheben sich auf seinen Ruf.
Die großen Herren in Thüringen sind anfänglich gegenüber der Aufstandsbewegung ebenso ratlos, wie es die Herren in Schwaben und Franken waren. Aber sie sind Meister im Kriegshandwerk und nicht minder in Listen. Und sie haben einen unter sich, den einundzwanzigjährigen Landgrafen Philipp von Hessen, der es fertigbringt, eine Armee gegen die Bauern anzuwerben. Die Bauern ziehen sich erschreckt auf Fulda zurück, dessen Koadjutor Mitglied der Evangelischen Brüderschaft ist. Aber kaum nähert sich der Landgraf, so geht er zu diesem über. Die Bauern plündern sein Schloß. Der Koadjutor verhandelt weiter, und die Bauern
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