Die Deutschen
wird den Völkern auferlegt werden, ein Jahrhundert des Aufruhrs, der Gesetzlosigkeit und Gottlosigkeit wird folgen. Der verstorbene König wagte nicht zu schreiben ›von Gottes Gnaden‹, weil es wahr ist. Wohlan, gnädigste Königin, lassen Sie uns jetzt den Menschen, den mit Zerreißung und namenlosem Elend bedrohten Völkern zeigen, daß wir unsere heilige Pflicht kennen und wie wir sie verstehen … Kniefällig beschwöre ich Sie, setzen Sie sich ein zum Wohle Europas.« König Leopold von Belgien schreibt an den König von Preußen: »Das ungeheure Unglück zu Paris bringt die dringendste Gefahr, nicht allein für die europäischen Monarchien, sondern selbst für die Existenz der menschlichen Gesellschaft … Besitz, Familie, Religion und gerade die vielgepriesene Freiheit und Sicherheit stehen auf dem Spiele … Vielleicht ist ein Krieg kein übles Mittel gegen die Gärung, die jetzt existiert, es würde zum Respekt der Autorität führen.« Metternich erklärt: »Europa ist auf 1791 und 1792 zurückgeführt; wird ein Jahr 1793 ausbleiben? Österreich steht nicht allein vor der Gefahr einer Revolution. Wie groß ist die gemeinsame Gefahr! In Wahrheit, man könnte verzweifeln am Heil des sozialen Körpers!« Die Nachricht vom Sieg der Revolution in Frankreich löst bei seinen westlichen Nachbarn zahlreiche Volkserhebungen aus. Die Parolen der revolutionären Massen sind: Sturz der alten Regierungen, Einsetzung von liberalen Ministerien, Herstellung der nationalen Einheit, Volksvertretungen, Volksbewaffnung, Presse- und Versammlungsfreiheit, Geschworenengerichte, Beseitigung der bäuerlichen Feudallasten.
Die Volkserhebungen laufen wie ein Brand durch die Länder. Am 8. März ist Berlin bereits von jener Unruhe erfaßt, auf die Börse, Polizei und Regierung meist mit starken Ausschlägen reagieren. Noch ist eigentlich nichts geschehen. Die Bürger verfassen Petitionen; sie versuchen dabei, die Arbeiter von der politischen Willensbildung auszuschließen. In der »Vossischen Zeitung« vom 7 . März steht: »Die erste Bedingung zur einträglichen Arbeit ist Ordnung, Ruhe, Frieden! Die Not, das Unglück schickt Gott! Er schickt sie nicht dem Arbeiter allein, er schickt sie allen!« Ein schwacher Trost für die Tausende von Berliner Arbeitslosen. Die Stadtverordneten, die sich für sie an den König wenden, schließen ihre Petition mit dem Satz: »In tiefster Ehrfurcht ersterben wir Ew. Königlichen Majestät alleruntertänigst gehorsamste Stadtverordnete von Berlin …«. Eine Deputation der Stadtverordneten, die um eine Audienz bittet, läßt der König wissen, er könne sie heute nicht empfangen, sie möchten morgen wiederkommen.
Die Militärs, unter Führung des Prinzen Wilhelm, wollen die anlaufende Bewegung bereits im Keime ersticken. Den Wirten großer Lokale wird verboten, Versammlungen abhalten zu lassen. Die Berliner Garnison wird verstärkt. Patrouillen ziehen durch die Straßen. Reservisten werden eingezogen.
Am Abend des 9. März tagt eine Art von Volksversammlung bei den Zelten – einem bescheidenen Vergnügungspark der Berliner –, »die man zwar ruhig gewähren ließ«, so berichtet der Major von Oelrichs vom Stabe des Prinzen von Preußen, »die aber doch das Ausrücken verschiedener Truppenteile veranlaßte, namentlich hielten zwei Eskadronen Garde du Corps auf dem Pariser Platz.«
»Inzwischen« – schreibt von Oelrichs weiter – »nahm die Aufregung immer mehr zu, und von nun an fanden beinahe jeden Tag in einem anderen Stadtteile tumultuarische Zusammenrottungen statt, so daß die Truppenteile der Garnison beinahe jeden Abend ganz oder teilweise ausrücken und bis 11 Uhr und 12 Uhr nachts auf den Straßen verweilen mußten, wodurch die Leute sehr ermüdet wurden«.
Am Nachmittag des 13. erklärt der Polizeipräsident Minutoli dem General von Pfuel, Gouverneur von Berlin: »Bei der frechen und herausfordernden Haltung der Arbeitslosen wird notwendig sein: das Schloß zu besetzen, eine Kompanie für die Stadtvogtei, Verstärkung der Brandenburger Torwache, Schutz für das Staatsgefängnis in Moabit, Kavallerie zwischen Dorotheen- und Anhalterstraße.« In der hellen Mondnacht findet wieder eine Volksversammlung bei den Zelten statt. Plötzlich ertönt Pferdegetrappel, und Züge von Gardekürassieren tauchen auf, die in die Menge reiten und sie mit gezogenem Pallasch vor sich hertreiben. »Fort mit dem Militär!« rufen die Massen. Aber schließlich zerstreuen sie sich.
Am 14. findet eine
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