Die Diagnose: Thriller (German Edition)
wie ich eben − die Szene überschaute und sein Blick auf meinen Wagen fiel, der jetzt als Einziger auf dem Parkplatz stand. Ich war noch im Gebäude, also hatte er mich wahrscheinlich noch nicht gesehen, doch das würde sich bald ändern.
Ich ging meine Optionen durch, und das waren nicht viele. Er parkte oben am Hang, schnitt mir also den Weg zurück zum Highway ab, und im Gebäude war niemand, der mir helfen konnte. Mein Auto war ein deutlicher Hinweis darauf, wo ich war. Wenn ich versuchen würde, einzusteigen und wegzufahren, musste ich entweder direkt auf ihn zuhalten oder nach links auf den Feldweg in den Wald biegen. Wenn ich das tat, konnte er mir leicht den Rückweg abschneiden. Ich lief zurück zum Rollfeld und sah mich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Raus auf das Hallenvorfeld konnte ich nicht laufen, denn in der flachen Landschaft wäre ich weithin sichtbar, und er könnte mich leicht mit dem Wagen einfangen. Rechts am Rand des Rollfelds entdeckte ich einen Graben, der auf den Wald zuhielt. Dieser Graben war die einzige Deckung, die sich mir bot.
Ich lief mit gesenktem Kopf den Hügel hinauf und hoffte, dass er mich nicht sah. Es war matschig und steinig, und ich stolperte und fiel ein paarmal beinahe hin, aber ich kam voran. Doch als ich über die rechte Schulter blickte, sah ich, dass der Mercedes sich in Bewegung setzte und parallel zu mir den Hügel hochfuhr. Als er die Kuppe erreichte, ging die Tür auf, und ein Mann in den Zwanzigern stolperte heraus und setzte über das Rollfeld hinter mir her. Mein Verfolger war groß und blond, und er gewann schnell an Boden. Er war robust gebaut, breite Schultern und kräftige Hüften, und er starrte mich im Laufen an, als hätte er vor, mich zu zermalmen. Die gute Nachricht war, dass es nicht so aussah, als trüge er eine Waffe bei sich. Die schlechte Nachricht war, dass er auch nicht den Eindruck erweckte, als bräuchte er eine.
Ich konzentrierte mich ganz darauf, weiterzulaufen und möglichst den Wald zu erreichen. Vielleicht konnte ich ihn dort abhängen, denn seine Körpergröße würde ihm im Wald hinderlich sein. Hustend und würgend hastete ich weiter, um in Deckung zu gelangen, doch es war sinnlos. Fünf Meter vor dem Wald erwischte er mich. Er warf sich, genau wie im Central Park, mit seinem ganzen Gewicht auf mich und schlug mich zu Boden. Wir rollten ins Unterholz, und er nahm mich in den Schwitzkasten und zerrte mich grob über den Boden. Der Druck um meinen Hals war brutal, und ich schlug wild um mich, um freizukommen.
Er schleifte mich in den Wald, wo mir niemand zu Hilfe eilen konnte. Ich wollte schreien, doch meinem Mund entfuhr nur ein Gurgeln. Dann waren wir zwischen den Bäumen, und ich blieb mit einem Fuß an einer Wurzel hängen. Er zerrte noch fester an meinen Schultern, und der Schmerz schoss mir in den Knöchel, als mein Fuß sich losriss. Er schleifte mich zehn Meter weiter auf eine mit Laub und Zweigen übersäte Lichtung, wo er mich zu Boden warf. Endlich ließ der Druck um meinen Hals nach. Ich beugte mich vor und hob die Hände an die Kehle, da trat er mich in die Rippen, wie um sein Werk zu Ende zu bringen. Zitternd vor Schmerz sah ich zu meinem Angreifer auf.
Bei unserer letzten Begegnung war es dunkel gewesen, und ich hatte sein Gesicht nicht erkennen können. Jetzt sah ich es. Er hatte blaue Augen, ein schmales Gesicht und die Nase seiner Mutter. Seine blonden Haare waren strähnig und zerzaust, als würden sie nicht regelmäßig geschnitten. Er und Anna hätten ein schönes Paar abgegeben , dachte ich, während er vor Anstrengung keuchend über mir stand. Es war mir am Abend vorher klar geworden, als ich etwas über die Familie Greene gelesen hatte. Der Sohn, der bei einem Hedgefonds in New York arbeitete, nachdem er eine Eliteuniversität durchlaufen hatte, hieß Nathan. Der Name war relativ selten, und so fiel mir gleich ein, wann ich ihn das letzte Mal gehört hatte – aus Annas Mund, als sie über ihren Freund gesprochen hatte.
Mein Therapeut meinte, er litte unter einer Borderlinestörung. Er hat sich mich geangelt und dann hat er mich dafür leiden lassen, dass ich ihn liebte , hatte sie gesagt.
Nachdem ich gesehen hatte, wie vertraulich sie und Margaret Greene miteinander umgingen, war mir klar, dass er es war. Er musste es sein. Wer sonst wäre mir nach meinem Treffen mit Anna gefolgt und hätte meine Wohnung auseinandergenommen? Es konnte nur jemand mit Wut im Bauch sein, und davon hatte Nathan Greene
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