Die Diagnose: Thriller (German Edition)
Wirklichkeit nur ein Sekundenbruchteil war, bevor ich auflegte. Ich konnte sie nicht per Voicemail konfrontieren, das musste ich schon persönlich tun.
26
Es war ein klarer Tag, an dem sich der Himmel blau über mir wölbte, als ich mit der Nachmittagssonne im Rücken aus der Stadt fuhr. Die Temperatur lag bei über zwanzig Grad, und als ich am Tag das klimatisierte Krankenhaus betreten hatte, war es mir vorgekommen, als würde ich einen Kühlschrank betreten. Der Unabhängigkeitstag rückte näher, doch sobald ich aus der Stadt raus war, herrschte auf dem Long Island Expressway kaum Verkehr. Zwischen den wenigen Autos fiel mir das hinter mir bald auf.
Es war ein dunkler Mercedes Crossover, doch im Rückspiegel konnte ich nicht erkennen, wer am Steuer saß. Er fuhr im Abstand von knapp zweihundert Metern hinter mir her und blieb mir auf den Fersen, wenn ich LKWs überholte. Ich beschleunigte ein paarmal und fuhr wieder langsamer, um zu sehen, ob ich ihn hinter mir lassen oder zum Überholen provozieren konnte, doch er blieb stoisch hinter mir. Als nichts geschah und er keine Anstalten machte, näher zu kommen, fragte ich mich nach einer Weile, ob ich paranoid war. Pagonis konnte es nicht sein – nicht in einem Mercedes –, und wer interessierte sich sonst für mich? Doch Laurens Drohung wollte mir nicht aus dem Kopf gehen.
Nach einer Weile kam ich zu dem Schluss, dass ich herausfinden musste, ob ich mir das Ganze bloß einbildete. Ich hatte noch reichlich Benzin im Tank, doch an der nächsten Tankstelle wechselte ich auf die Ausfahrt. Ein Blick in den Spiegel überzeugte mich davon, dass der Mercedes mir weiterhin im selben Abstand folgte. Als ich an der Zapfsäule hielt und ausstieg, parkte er rund fünfzig Meter von mir entfernt. Drinnen rührte sich nichts, und die Sonne funkelte auf der Windschutzscheibe, sodass ich den Fahrer nicht erkennen konnte. Ich betrat in die Tankstelle, um zu bezahlen und zur Toilette zu gehen, und hoffte vage, wenn ich herauskäme, wäre er fort. Doch er war noch da, und ich sah, wie er ebenfalls losfuhr, als ich weiterfuhr, kurz hinter einem anderen Wagen festhing, als wir wieder auf die Schnellstraße bogen, dann aber wieder in derselben Entfernung wie vorher auftauchte.
Da wusste ich, wer hinter dem Steuer saß – und dass er nicht aufgeben würde. Er würde mir bis vor das Haus der Shapiros in East Hampton folgen. Wenn ich ihn nicht konfrontierte, würde er mir bis zu Anna auf den Fersen bleiben, und dann müsste ich mich mit beiden gleichzeitig befassen. Seit ich ihm zum ersten Mal begegnet war, wusste ich, dass er nicht rational handelte, dass er alle Selbstkontrolle verloren hatte. Für andere war er keine Gefahr, nur für mich. Die Kilometer flogen vorbei, begleitet vom steten Rums-Rums des Straßenbelags, und nichts veränderte sich, außer der Luft, die süßer wurde. Bei offenem Fenster roch ich das Heidekraut am Straßenrand und einen Hauch von Meeresbrise. Wir fuhren langsamer, verließen zusammen die Schnellstraße und bogen für das letzte Stück des Weges auf die zweispurige Straße zu unserem Ziel.
Wir passierten Bridgehampton, ohne dass die unsichtbare Verbindung zwischen uns abriss, obwohl er jetzt weiter zurückblieb – hier draußen zwischen den Kartoffelfeldern und Wäldern konnte er mir nicht so dicht folgen wie vorher. Ich hatte keine Ahnung, wie ich ihn abschütteln sollte, doch ich wollte ihn nicht zu ihr führen. Meine Gelegenheit kam, bevor ich Zeit hatte, irgendetwas zu planen oder überhaupt darüber nachzudenken. Die Straße machte eine S-Kurve, zuerst rechts und dann links, und als ich um die zweite Kurve bog, hatte ich eine Straßenbaustelle vor mir, ein Mann winkte eine Reihe von Autos durch eine einspurige Lücke. Er bedeutete mir anzuhalten, doch ich gab Gas und schoss noch hindurch.
Im Rückspiegel sah ich, dass der Mercedes zum Halten gezwungen wurde. Der Fahrer hatte keine Wahl, denn der Mann hatte sich ihm in den Weg gestellt. Genervt blendete er die Scheinwerfer auf, doch der Straßenarbeiter blieb stur. Ich hatte eine Minute, bevor er wieder hinter mir wäre, und ich beschleunigte um eine weitere Kurve durch den Wald. Ich brauchte ein Versteck, doch ich sah nichts, was funktionieren würde, bis ich an einem alten Sherman-Panzer vorbeikam, der am Straßenrand stand, die Kanone nutzlos aufs Meer gerichtet. Es war ein Kriegsdenkmal, und direkt dahinter zweigte ein Weg in den Wald ab.
Mit einem Blick in den Rückspiegel versicherte ich
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