Die Dichterin von Aquitanien
schlagen wollte. Er muss diese Burg danach überwacht haben lassen. Fulk wurde abgefangen. Ich weiß nicht, wie Cadell davon erfahren hat. Vermutlich hat auch er seine Spione.«
Marie hob ihre verbundenen Hände. Sie hatte plötzlich den Wunsch, Hawisa zu ohrfeigen, doch hätte ihr das selbst mehr Schmerz bereitet als der Zofe.
»Und was hast du dir von alldem versprochen?«, fragte sie eisig. »Meinst du, dass der Prinz dich nun als seine Buhle nach Dinefwr holt und du dort ein angenehmes Leben führen kannst?«
Kaum war diese Frage ausgesprochen, kam es Marie nicht einmal unglaubwürdig vor, dass die Dinge sich tatsächlich so entwickeln könnten. Hawisa war ein ausnehmend reizvolles Mädchen.
»Eine Gwenllian ferch Madog würde ich nicht zur Feindin haben wollen«, fügte sie kurz darauf hinzu.
Hawisa schüttelte nur den Kopf.
»Ich erwarte gar nichts, Marie. Ich bin froh, ein solches Glück erlebt zu haben, nichts weiter.«
»Bei Gott, du bist eine vollkommene Närrin!«, schrie Marie unvermittelt. »So wie meine Mutter, die den schönen Reden eines halbwüchsigen Grafensohns nicht widerstehen konnte und den Rest ihres Lebens damit zubrachte, ihm nachzuweinen.«
Nun richtete Hawisa sich auf und schenkte Marie ein nachsichtiges Lächeln.
»Ich bin kein Mensch, der lange der Vergangenheit nachweint, glaub mir. Aber es freut mich, dem letzten Briten, der den Normannen noch Widerstand leisten will, meine Liebe und Unterstützung geschenkt zu haben.«
Marie stieß einen tiefen Seufzer aus.
»Das also war es. Du meinst, dein Prinz ist ein besserer Herrscher als mein Onkel, aber auch ihm geht es nur darum, so viel Land und Macht wie möglich zu gewinnen. Mich hast du verraten, weil du mich für eine Normannin hältst. Und das macht mich zu deiner Feindin.«
Hawisa sprang auf.
»Niemals wollte ich dir schaden«, rief sie empört. »Und ich werde dir helfen, wenn ich kann. Das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist.«
Ihre Stimme war so heftig und laut, dass Maries Kopf zu schmerzen begann. Ihr fehlte die Kraft, weiter aufzubegehren, und sie sank wieder auf ihre Matratze. Vielleicht war Cleopatra das einzige Wesen auf der Welt gewesen, dem sie wirklich hatte vertrauen können. Jetzt war sie völlig allein.
Hawisa bewegte sich zögernd zur Tür.
»Ich werde Guy de Osteilli holen. Es gibt einiges, was er dir erzählen muss. Aber bitte verzweifle nicht.«
Diese Worte trugen kaum dazu bei, Marie zu beruhigen, aber sie wartete ergeben auf den Besuch ihres Ritters.
Er sah weniger geschniegelt aus als sonst. Seine verquollenen Augen erinnerten Marie an Cadell.
»Es freut mich, Euch bei Bewusstsein zu sehen«, begann er mit künstlicher Fröhlichkeit. »Ihr werdet genesen, das hat dieses walisische Weib uns allen versichert.«
Marie staunte, wie viel Vertrauen er in Angharads Urteil hatte.
»Was hat sich in der Zwischenzeit ereignet?«, fragte sie.
Guy schob einen Schemel an ihr Bett und setzte sich.
»So einiges, das könnt Ihr mir glauben.«
Er fuhr sich mit der Hand durch seine Locken.
»Unser wackerer Henri hat ein Heer versammelt, um den aufmüpfigen Walisern eine Lehre zu erteilen. Doch leider meinte das Wetter es nicht gut mit ihm. Regen und Stürme setzten seinen Männern gewaltig zu. Er kennt das Gelände nicht so gut wie die Waliser. Hier hätte Euer Gemahl ihm tatsächlich Hilfe leisten können, aber dazu kam es eben nicht. Erdrutsche begruben einige Ritter. Dazu kamen Angriffe
aus dem Hinterhalt. Jedenfalls war das Heer des großen Königs etwas geschrumpft, als er unverrichteter Dinge den Rückzug antreten musste. Deshalb bekam er einen seiner berüchtigten Tobsuchtsanfälle. Er hatte zwei Söhne des Prinzen Rhys als Geiseln in seiner Gewalt. Den Älteren, Maredudd, ließ er blenden.«
Marie schauderte.
»Der andere Sohn, Hywel, wurde allerdings verschont«, beendete Guy seine Rede mit der einzig guten Nachricht.
Marie schloss die Augen. »Prinz Rhys wird sich rächen wollen, indem er mir Schaden zufügt, meint Ihr nicht?«, murmelte sie.
Plötzlich strich Guy ihr mit der Hand übers Gesicht. Sie staunte, wie zart die Berührung eines kampferprobten Mannes sein konnte.
»Dazu muss es nicht kommen. Verliert die Hoffnung nicht.«
Marie nickte stumm, obwohl die Worte des Ritters sie kaum trösteten.
»Was ist mit meinem … mit Cadell ap Gruffydd?«, fragte sie schließlich. »Rhys weiß von seinem Verrat. Wird er ihn nicht festnehmen wollen?«
Sie wollte nicht hinzufügen, was
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