Die Dichterin von Aquitanien
einfach fallen?«, fragte Marie verärgert und hielt ihm einen gefüllten Pokal hin. Jean nippte an dem Wein, musterte dann kurz das Silber, in dem zarte Blüten eingraviert waren.
»Daraus also trinken königliche Damen«, stellte er nüchtern fest.
»Es geht um Régnier«, beharrte Marie. »Warum behandelte er Emma einfach wie Luft, nachdem …«
»Was sollte er denn sonst tun?«, unterbrach Jean mit ehrlichem Staunen in seinen Augen. »Emma gefiel ihm, aber er plante nicht, mit ihr so weit zu gehen. Nach all dem Wein an diesem Abend verlor er die Beherrschung, und sie ließ ihn gewähren. Als mittelloser Ritter konnte er jedoch schlecht die Königin bitten, ihm die Halbschwester ihres Gemahls zur Frau zu geben. Eine heimliche Liebschaft schien ihm zu gefährlich. Er wollte nicht seine Zukunft am Hof aufs Spiel setzen.«
Marie zuckte verwirrt zurück. In Jeans Worten lag unleugbare Wahrheit, aber alles in ihr lehnte sich dagegen auf, sie hinzunehmen.
»Emma selbst wollte ihn. Hat der Wunsch einer Frau denn keinerlei Bedeutung in dieser Welt?«
Jeans Hände legten sich auf ihre Wangen. Er hob ihr Gesicht zu dem seinen, um sie endlich wieder zu küssen. Marie schmiegte sich glücklich an seinen Körper. Ihr Unmut schwand.
»Manche Frauen machen ihre Wünsche so deutlich, dass sie unwiderstehlich werden«, flüsterte er und schlang seine Arme um ihre Taille, um sie hochzuheben. Marie spürte ein plötzliches Schwanken und sah, wie er schmerzhaft das Gesicht verzog.
»Du bist verletzt, mein Ritter«, sagte sie mit einem Lächeln. »Du solltest dich hinlegen. Ich zeige dir mein Schlafgemach.«
Jean ließ sich widerstandslos in den Nebenraum führen. Marie zog die Steppdecke zurück, sodass er sich auf das Laken legen konnte. Dann sank sie an seine Seite, doch wollte sie zunächst alle Missverständnisse aus der Welt schaffen.
»Dieser Priester hat uns damals im Garten gesehen und deshalb auch über mich geredet«, begann sie. »Ich weiß nicht, warum ich niemals auf die Idee kam, dass wir einfach beobachtet wurden. Ich gab dir die Schuld, weil ich Angst davor hatte, dir zu trauen. Ich muss dir etwas zeigen.«
Jean hatte ihre Hand ergriffen, aber sie entzog sich ihm und eilte zu ihrer Truhe, wo sie nach dem Stein suchte.
»Siehst du, ich habe ihn noch«, sagte sie, nachdem sie endlich fündig geworden war. »Die Erinnerung an unser Gespräch damals in Windsor hat mich in schweren Zeiten getröstet. Aber ich wollte nicht, dass du bemerkst, wie viel du mir bedeutest. Was kann jemand wie du schon von mir wollen? Dich schmachten sicher viele schöne Frauen an.«
Zu ihrem Befremden lachte Jean. Er nahm den Stein aus ihrer Hand und ließ sanft seine Finger über die unebenen Flächen gleiten. Marie musterte ihn ratlos.
»Ein mittelloser Wicht wie ich könnte diese Frage ebenso
der königlichen Dame stellen. Du könntest einen Baron oder Grafen haben«, meinte er mit einem spöttischen Grinsen. »Ich habe mir oft gesagt, dass Régnier vernünftiger war als ich, weil er sich Emma gleich aus dem Kopf schlug. Aber ich kann dich nicht aufgeben, denn wenn wir zusammen sind, dann scheinst du mir die richtige Frau an meiner Seite. So empfand ich es schon damals als dummer Junge in Windsor.«
Er ließ den Stein aus seinen Fingern gleiten und schlang erneut seine Arme um Maries Taille. Ihre Wange schmiegte sich an seine Brust.
»Ich hatte ein paar Mädchen in Angoulême und in Limoges. Manche von ihnen hatten hübschere Gesichter als du, das stimmt, aber ich habe mich irgendwann an ihnen sattgesehen«, fuhr er fort, während seine Hände über ihren Rücken strichen. »Nachdem ich dich hier wieder traf, gab es keine andere mehr. Das musst du mir glauben.«
Marie glaubte es. In jeder seiner Berührungen lag Zuneigung, und die blauen Augen leuchteten vor Glück, als sie ihm half, ihre Gewänder über ihren Kopf zu ziehen. Jeans Hände streichelten ihre Brüste, glitten über ihren Bauch und berührten schließlich eine verborgene Stelle zwischen ihren Beinen, von der aus Blitze durch ihren Unterleib jagten. Sie stöhnte vor Wonne. Diese anderen, schönen Mädchen mussten ihm gezeigt haben, wie er einer Frau Genuss verschaffen konnte. Die Angst vor Zurückweisung oder Schmerz hemmte sie nicht mehr, denn ihr Körper hatte nur noch das Verlangen, sich mit dem seinen zu vereinen. Um sein verletztes Bein zu schonen, legte sie sich selbst mit gespreizten Schenkeln über seine Hüften und nahm ihn in sich auf, während ein
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