Die Dichterin von Aquitanien
wohliger Schauer über ihren Rücken jagte. Sehnsüchtig bewegte sie die Hüften, um ihn noch deutlicher in ihrem Inneren zu spüren. Er seufzte mit halb geschlossenen
Augen und zog sie in seine Arme. Das Kratzen seiner Bartstoppeln auf ihrer Wange gefiel ihr ebenso wie sein immer lauter werdender Atem, der heiser an ihre Ohren drang. Sie staunte, welch ein berauschendes Gefühl es sein konnte, einem Mann Lust zu schenken. Eine Welle der Erlösung rollte durch jedes ihrer Glieder, und sie hörte sich laut aufschreien. Niemals zuvor war ihr Körper von einem solchen Rausch erschüttert worden.
Jean strich ihr übers Haar. Das stolze Leuchten seiner Augen machte ihr klar, dass er ebendiesen Ausbruch der Lüsternheit beim ersten Mal an ihr vermisst hatte. Nun lag eine Schicht von frischem Schweiß auf ihren beiden Körpern. Sie drängte sich an ihn und schloss die Augen. Lange hatte sie derartiges Glück nur beim Schreiben ihrer Geschichten empfunden.
»Wir haben noch Essen auf dem Tisch«, meinte sie nach einer Weile, als ihr Herzschlag ruhiger geworden war. »Ich kann es holen, wenn du willst.«
Jean richtete sich langsam auf.
»Ich würde sehr gern noch bei dir bleiben, aber es ist helllichter Tag. Musst du zum Mittagsmahl nicht an der königlichen Tafel erscheinen? Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen, kleine Elfe. Du hast ein schönes Leben bei der Königin.«
Marie schüttelte den Kopf. Alles in ihr wehrte sich gegen die Vorstellung, nun wieder in ihre höfischen Gewänder schlüpfen zu müssen. Aber Jean hatte recht, Aliénor wäre befremdet über ihre Abwesenheit.
»Ich muss jetzt wohl wirklich fort«, gab sie widerwillig zu. »Bleibe einfach hier, bis ich wiederkomme. Du bist verletzt und musst dich ausruhen.«
Er grinste nur.
»Ich hatte schon schlimmere Wunden. Obwohl die königliche
Dame es sich wünscht, kann ich nicht auf ewig in ihrem Bett liegen.«
Marie nahm das hin. Sie hatten beide ihre Verpflichtungen. Angestrengt suchte sie nach einer Lösung, wie sie ihre Sehnsüchte und die Wirklichkeit vereinen konnte.
»Du kannst abends wieder zu mir kommen, wenn es im Palast ruhig geworden ist«, schlug sie schließlich vor. »Warte im Hof. Ich werde meine Zofe schicken.«
Er zog die Augenbrauen hoch, und sie musste ungewollt lachen.
»Diesmal schicke ich sie wirklich, das kannst du mir glauben.«
Jean rollte sich über sie und presste seinen Körper auf den ihren.
»Ich würde es dir raten, denn sonst finde ich allein den Weg hierher«, sagte er und biss sanft in ihre Schulter. Marie kicherte, strich über seinen Rücken, berührte seine Hüften, seine Schenkel und andere, vertraute Stellen, um seine Lust neu zu entfachen. Es konnte noch nicht Mittag sein, ein wenig Zeit blieb ihnen mit Sicherheit.
6. Kapitel
E in Jahr später brach Aliénor mit dem jungen Henry und seiner Marguerite Richtung England auf, wo die Krönung von Henris Nachfolger stattfinden sollte, doch wollte sie nicht Zeugin dieser Zeremonie sein, sondern blieb in der Normandie, um anschließend mit Marguerite zurückzukehren. Marie erfuhr wenig von den Vorgängen, welche die Königin wie gewöhnlich nur mit Raoul de Faye und Richard besprach. Sie hörte Gerüchte, dass es wieder Ärger mit Thomas Becket gäbe, doch war sie zum ersten Mal nicht nur damit beschäftigt, Geschichten für den Hof der Königin zu schreiben und ihre Pflichten als Aliénors Dame zu erfüllen, sodass sie sich kaum Gedanken über den schwierigen Erzbischof machte. Sie hatte in der Zwischenzeit gelernt, mit einem Geheimnis zu leben, das sie weitaus mehr in Anspruch nahm denn politische Ereignisse. Jean erschien nun fast jede Nacht in ihrem Schlafgemach. Hawisa brachte ihn herein, sobald alle Türen im Gang sich geschlossen hatten, und er schlich selbst im Morgengrauen davon. Falls es Getuschel gab, so drang dies nicht an Maries Ohr und wurde auch niemals in ihrer Gegenwart erwähnt. Nur Hawisa wusste von ihrer heimlichen Liebschaft. Sie hatte Marie eine Salbe gegeben, die sie auf den Rat der Waliserin Angharad aus Zedernöl, Weihrauch und Olivenöl mischte und die angeblich gegen Schwangerschaften half, wenn eine Frau sich vorher an den entsprechenden Stellen mit ihr einrieb. Marie
benutzte sie zur Sicherheit, obwohl Jean meist bemüht war, sich rechtzeitig aus ihrem Körper zurückzuziehen. Da ihre Blutungen stets regelmäßig einsetzten, ließ die Angst vor einer Schwangerschaft allmählich nach, so wie auch andere Sorgen schwanden.
»Du bist
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