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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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blondgelockten Ritter auf die Jagd gehen und eine weiße Hirschkuh mit einem Pfeil erlegen, die ihm sterbend erzählte, dass er für diese Tat Buße zu tun hätte. Diese Strafe führte ihn zur Dame seines Herzens, die im Turm einer Burg eingesperrt war.
     
    Cadell war dabei, sich im Rittersaal zusammen mit seinen Männern zu betrinken. Marie hatte sich entfernt, sobald die Reste des Abendmahls abgeräumt wurden, und war zu ihrer Erleichterung nicht zurückgehalten worden. Da Cadell kaum mehr in der Lage gewesen war, sich aufrecht am Tisch zu halten, zweifelte sie an seiner Fähigkeit, in dieser Nacht den Weg in ihr Gemach zu finden. Erleichtert befreite sie ihren Kopf von dem engen Gebände. Hawisa beharrte stets darauf, dass sie wie eine Dame und königliche Nichte auszusehen hätte, auch wenn Marie der Meinung war, dass es niemandem auffallen würde, wenn sie plötzlich wieder im Bauernkittel herumlief. Nun war Hawisa nicht zur Stelle, um ihr beim Auskleiden zu helfen. Marie verzieh ihr. Manchmal hatte ihre Zofe einen derart verträumten Ausdruck im Gesicht, dass Marie sie verdächtigte, eine Liebschaft zu verheimlichen, doch alle zaghaften Fragen oder scherzhaften Anspielungen waren nur mit verbissenem Schweigen kommentiert worden.
    Marie hatte die Verschnürung ihres Bliaut gelöst, als es an der Tür klopfte. Sie erstarrte in ihrer Bewegung, und ihr Atem stockte. Doch Cadell hielt es niemals für nötig anzuklopfen. Entschlossen bat sie den unerwarteten Gast herein.
    Als sie Hawisa erblickte, glitt eine schwere Last von ihren Schultern.
    »Wo hast du den ganzen Abend gesteckt?«, fragte Marie spöttisch. »Hat jemand so starkes Verlangen nach deiner Gegenwart gehabt, dass er dich einfach nicht fortgehen lassen konnte?«
    Hawisa runzelte verärgert die Stirn, doch im Licht der Kerzen konnte Marie eine zarte Röte auf ihren Wangen entdecken.
    »Die Frau, von der ich heute sprach, ist nun hier«, sagte sie nur. Marie nickte.
    »Wie hast du sie in die Burg geschmuggelt? Hat dir jemand dabei geholfen?«
    Hawisa seufzte.
    »Ich rede mit den Leuten auf der Burg und habe einige Freunde unter den Bediensteten«, sagte sie mit leicht vorwurfsvollem Unterton. »Allein kann ein Mensch nicht viel ausrichten. Davon abgesehen hast du recht. Die Wächter am Tor halfen mir, weil ich ihre Mütter, Schwestern und Bräute kenne.«
    Marie hingegen ging den Menschen hier möglichst aus dem Weg, denn sie fürchtete, sie könnten den Schmutz ihrer Demütigung riechen. Sie mochte diese Burg nicht und mied deren Bewohner.
    »Gut, dann bringe die Frau herein«, sagte sie gleichmütig. Viel würde diese fremde Heilerin ohnehin nicht ausrichten können.
    Die Frau war noch einen Kopf kleiner als Marie und rief ihr Geschichten über das Zwergenreich in Erinnerung. Ein
Netz aus tiefen Falten zog sich über ihr Gesicht, schmutzig graue Haarsträhnen hingen bis zu ihren Hüften. Marie dachte an die verwahrlosten Bettler, die sie auf ihren Reisen gesehen hatte, doch der kluge, stolze Ausdruck in den erstaunlich lebendigen Augen der Alten schien sie für diesen Gedanken zu rügen.
    »Ich bin Angharad ferch Davydd«, erklärte das Kräuterweiblein auf Englisch ohne die angemessene Verbeugung. »Man hat mir gesagt, dass die normannische Gemahlin des Herrn Cadell mich zu sehen wünscht.«
    Marie nickte. »Ja, so ist es«, erwiderte sie. Mehr fiel ihr im Augenblick nicht ein.
    »Gibt es ein Leiden, das Euch quält? Wünscht Ihr Euch Kinder und könnt keine bekommen?«, fragte die Alte mit monotoner Stimme.
    »Es geht nicht um mich«, erwiderte Marie. »Ich möchte meinem Gemahl helfen. Er wurde vor vielen Jahren schwer verletzt und leidet heute noch an den Folgen. Hast du ein Mittel, das ihn gesund machen könnte?«
    Angharad stieß ein heiseres Lachen aus. Marie fühlte Zorn in sich aufsteigen. Sie hatte diese Frau nicht hereingebeten, um von ihr verspottet zu werden.
    »Den verbitterten Mann in jenen starken Krieger verwandeln, der er einst gewesen ist, das kann ich nicht«, meinte ihre Besucherin nachsichtig. »Gebrochene Knochen, die nicht richtig zusammenwuchsen, verursachen immer wieder Schmerz.«
    »Ich bin beeindruckt von deiner Weisheit, doch das wusste ich bereits«, sagte Marie bissig. Sie hoffte, die Alte würde nun verschwinden. Doch ihre Augen musterten Marie aufmerksam, als habe die fremde Gemahlin des Burgherrn nun doch ihre Neugierde geweckt.
    »Es ist nicht leicht, einen bissigen Hund zu zähmen«, sagte
Angharad ferch Davydd

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