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Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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den Zähnen. Öl troff über sein Kinn und auf sein grünes Gewand. Er fischte das Fleisch heraus und fuhr fort: »Interessant ist, wie er an das Schriftstück gekommen ist. Möchtest du raten?«
    Jarveena schüttelte den Kopf.
    »Ein Offizier der Truppe, die den Prinzen auf dem Generalsweg hierhergeleitete, inspizierte heute im Morgengrauen das Wachhaus. Offenbar machte er sich so unbeliebt, daß Aye-Gophlan gar nicht daran dachte, ihm die Schriftrolle zurückzugeben, nachdem sie dem Kaiserlichen unbemerkt entfallen war. Warum er aber so bereitwillig glaubt, daß ein Reichsoffizier ein Schriftstück bei sich trägt, das im alten Hochyenized verfaßt ist, ist mir ein Rätsel. Vielleicht gehört es zu der Magie, mit dem es behaftet ist.«
    Er schob sich Brocken saftigen Fleisches zwischen die Lippen und kaute eine Weile. So sehr lief Jarveena das Wasser im Mund zusammen, daß sie sich zusammennehmen mußte, damit es ihr nicht aus den Mundwinkeln sickerte.
    Um sich abzulenken, fragte sie das nächstbeste, das ihr einfiel. »Warum hat er Euch das alles ...? Ah, wie dumm von mir! Er hat es gar nicht!«
    »Stimmt.« Meliot blickte selbstzufrieden drein. »Dafür hast du dir etwas Hummer verdient. Da!« Er warf ihr ein Stück zu, das für seine Maßstäbe sehr großzügig war, und auch noch eine dicke Scheibe Brot. Beides fing sie in der Luft auf, stammelte ihren Dank und mampfte hungrig.
    » Sieh zu, daß du ein bißchen mehr zu Kräften kommst«, riet Melilot. »Du mußt heute nacht etwas für mich erledigen. Etwas sehr Wichtiges.«
    Sie blickte ihn fragend an.
    »Der Reichsoffizier, der die Schriftrolle verloren hat, ist Oberst Nizharu. Er und seine Männer sind in Zelten im Hof des Statthalterpalastes untergebracht. Offenbar befürchtet er, er könnte sich irgend etwas holen, wenn er Quartier in der Kaserne bei den hiesigen Soldaten bezöge.
    Sobald es dunkel ist, wirst du dich dort einschleichen und ihn fragen, ob er mehr für die Rückgabe der Schriftrolle und den Namen des Diebes bezahlt oder für eine überzeugende, aber falsche Übersetzung, die den unrechtmäßigen Besitzer zu einer unüberlegten Tat verführt. Es könnte ja sein«, schloß er salbungslos, »daß er sie absichtlich hat fallenlassen. Hm?«
    Es war keineswegs das erste Mal seit ihrer Ankunft hier, daß Jarveena sich nach der Speerstunde herumtrieb. Ja, es war nicht einmal das erste Mal, daß sie im Dunkeln über den breiten Statthalterweg huschen mußte, um die Palastmauer zu erreichen und darüberzuklettern, und zwar flink wie ein Äffchen, trotz der riesigen Narbe, wo ihre rechte Brust nie wachsen würde. Viel Übung ermöglichte es ihr, mit unvorstellbarer Geschwindigkeit den Umhang von den Schultern zu ziehen, ihn zusammenzurollen, daß er kaum dicker als ein Geldgürtel war, ihn um die Hüfte zu binden, und die Mauer mit Hilfe der praktischen Spalten, in denen Hände und Füße Halt fanden, schnellstens zu erklimmen. Diese Spalten wurden mit aller Sorgfalt nicht gefüllt, wenn der Obermaurer die allj ährliche Ausbesserung vornahm, dafür bekam er allerdings auch heimlich einen prallen Beutel zugesteckt.
    Zum erstenmal war es jedoch, daß auf der anderen Seite Elitesoldaten von Ranke auf sie warteten. Einer davon erleichterte sich durch dummen Zufall gerade hinter einem blühenden Strauch, als sie herabkletterte, und er brauchte nichts weiter zu tun, als ihr den Schaft seiner Lanze zwischen die Beine zu stoßen. Sie keuchte erschrocken und stürzte der Länge nach auf den Boden.
    Doch Melilot hatte alles vorhergesehen, und sie war gut vorbereitet mit einer Geschichte und Beweisen für ihre Wahrheit.
    »Bitte, tut mir nichts. Ich habe nichts Böses vor«, wimmerte sie und bemühte sich, ihre Stimme so kindlich klingen zu lassen wie nur möglich. In einer Wandhalterung in der Nähe schwelte eine Fackel. Der Soldat riß Jarveena auf die Füße und zog sie mit grausamen Griff zu ihr. Ein Unteroffizier kam aus der Richtung der Zelte herbei, die seit ihrem letzten Eindringen hier zwischen der Gerichtshalle und den Getreidespeichern an der Nordwestseite des riesigen Hofes wie Pilze in die Höhe geschossen waren.
    »Was machst du hier?« fragte er mit drohendem Baß.
    »Herr, wirklich nichts Böses. Ich muß tun, was meine Herrin mir befiehlt, oder ich werde an die Tempeltür genagelt!«
    Bestürzt starrten beide sie an. Der Soldat lockerte seinen Griff ein wenig, und der Unteroffizier beugte sich dichter über sie, um sie in dem schwachen Fackellicht

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