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Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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wahrlich nicht zum erstenmal — seine Laute verpfänden, die ein Goldschmied gerade neu verzierte.
    Und wenn er bereits in Lumpen herumlief und seine Suche immer noch nicht von Erfolg gekrönt war, würde er wohl annehmen müssen, das Danlis und Lady Rosanda für immer verloren waren. Doch gehörte er nicht zu jenen, die sich nutzlose Sorgen über die Zukunft machten.
    Im Basar unter der sich dem Westen zuneigenden Sonne herrschte lärmender Betrieb. Kaufleute, Handwerker, Träger, Diener, Sklaven, Ehefrauen, Nomaden, Kurtisanen, Gaukler, Bettler, Diebe, Spieler, Magier, Akolythen, Soldaten und wer weiß, wer noch, liefen durcheinander, feilschten, klatschten, zankten, intrigierten, grölten, würfelten, tranken, aßen und wer weiß, was noch. Reiter, Kameltreiber, Fuhrmänner drängten sich durch die Menge und störten sich nicht an den Verwünschungen, mit denen man sie bedachte. Musik klimperte und dudelte aus den Weinstuben. Händler priesen lautstark ihre einmalige, unübertreffliche Ware an; Nachbarn beschimpften einander; Gottgläubige beteten eintönig auf flachen Dächern. Dick hing in der Luft die Geruchsmischung von Schweiß, Braten, gebrannten Mandeln, würzigen Getränken, Leder, Wolle, Dung, Rauch, Ölen und billigen Duftstoffen.
    Gewöhnlich genoß Cappen Varra dieses bunte Durcheinander, doch jetzt kämpfte er sich mit nur einem Gedanken hindurch. Natürlich war er trotzdem wachsam, wie jeder in Freistatt es sein mußte. Als kaum spürbare Finger ihn berührten, wußte er Bescheid. Zu jeder anderen Zeit hätte er gegrinst und zu dem Taschendieb gesagt: »Bedaure Freund, ich habe es mir andersherum vorgestellt.« Jetzt aber legte er die Hand auf so grimmige Weise um den Rapiergriff, daß der Taschendieb entsetzt zurückwich und gegen eine fette Frau prallte, daß sie ihr hoch mit Blumen beladenes Messingtablett fallenließ. Sie kreischte und keifte und schlug ihm das schnell wieder ergriffene, doch nun leere Tablett über den Schädel.
    Cappen achtete nicht darauf.
    Am Ostrand des Marktes fand er, was er suchte. Wieder einmal stand Illyra in Ungnade bei ihresgleichen und betrieb ihr Gewerbe nun in einer Verkaufsbude, die sie mit schwarzem Stoff verhangen hatte. Der Gestank aus einer nahen Gerberei überlagerte fast den starken Duft des Räucherwerks, das sie in einer ungewöhnlichen Schale verbrannte, und würde sicher den ihrer feinen Krauter ganz ersticken. Ihr selbst fehlte die respekt-, ja furchterregende Aura, um die sich die meisten Wahrsagerinnen, Kartenleserinnen, Magier, Zauberer und ihresgleichen bemühten. Sie war zu jung und hätte in ihrer wallenden, farbenfrohen S’danzo-Gewandung fast verloren gewirkt, wäre nicht ihre liebliche Schönheit gewesen. Cappen begrüßte sie mit einem Kratzfuß. »Guten Tag, liebreizende Illyra.«
    Sie saß auf einem Kissen und blickte lächelnd hoch. »Einen guten Tag, Cappen Varra.« Sie hatten sich schon oft unterhalten und miteinander gealbert, und er hatte für sie gesungen. Er hätte gern mehr für sie getan und sie hofiert, aber sie schien alle Männer in sicherer Distanz zu halten, und ein Riese von Schmied, der 78
    sie ganz offensichtlich anbetete, sorgte dafür, daß sie nicht belästigt wurde. »Man hat dich hier schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen«, bemerkte sie. »War dein Glück so groß, daß es dich alte Freunde vergessen ließ?«
    »Es war gemischt, insoweit als es mir nicht die Zeit gönnte hierherzukommen, um dich zu sehen, meine Süße«, antwortete er gewohnheitsmäßig.
    Illyra wurde ernst. Die großen Augen in dem von haselnußfarbenem Haar eingerahmten olivbraunen Gesicht musterten den Besucher eindringlich. »Wenn man Hilfe braucht, findet man auch die Zeit«, sagte sie.
    Um Hilfe zu suchen, war er noch nie bei ihr gewesen, und überhaupt noch bei keiner Kartenleserin oder irgend jemandem mit übersinnlichen Kräften in Freistatt. In Caronne, wo er aufgewachsen war, hielten die Leute nicht viel von dergleichen. Doch während er später in der Welt herumgekommen war, hatte er so manches Seltsame erlebt, das ihm zu denken gab und ihm den anerzogenen Zweifel nahm. In seiner gegenwärtigen Verfassung spürte er sogar einen Schauder über den Rücken rinnen. »Kannst du meine Zukunft auch ohne deine Karten lesen?«
    Sie lächelte wieder, aber düster. »O nein, ich ziehe nur Schlüsse. Man wußte hier schließlich, daß du im Goldschmiedeviertel wohntest und so gut wie zu Molin Fackelhalters Haushalt gehörtest. Und wenn du nun

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