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Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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aufgewachsen, und wollt Euch auch persönlich im Land umschauen, mit eigenen Augen sehen, welche Gesteine, Pflanzen und Tiere es hier gibt.«
    Cappen hielt es für angebracht, an der Unterhaltung teilzunehmen, nicht daß er befürchtete, Jamie würde einem Freund die Liebste ausspannen, oder Danlis würde sich von einem wilden Hochländler sonderlich angezogen fühlen. Trotzdem ...
    Jamie sah auf seine Weise nicht schlecht aus. Er war riesenhaft, um einen Kopf größer als Cappen und hatte übermäßig breite Schultern. Er mochte vielleicht etwas tapsig wirken, doch der Schein trügte, wie der Spielmann festgestellt hatte, als sie sich einmal in einer Sporthalle austobten — er hatte feste Knochen und schier eiserne Muskeln. Eine auffallend rote Mähne rahmte ein jungenhaftes Gesicht mit sanften blauen Augen ein, die zu seinem fast schüchternen Wesen paßten. Heute war er einfach gekleidet: er trug ein schmuckloses Hemd und ein Beinkleid mit überkreuzten Trägern. Auffällig war nur der Dolch an seinem Gürtel und die Streitaxt am Sattelknauf.
    Und Danlis — wie konnte selbst ein Dichter die richtigen Worte finden, ihre Schönheit zu beschreiben? Sie war groß und schlank, und ihre Züge hätten in ihrer Regelmäßigkeit und durch den alabasterfarbenen Teint fast kalt gewirkt, wären nicht die großen, grauen Augen gewesen, das hochgesteckte, goldene Haar und die feingeschwungenen Lippen, aus denen die für eine Frau aufregend tiefe Stimme kam. (Wie oft hatte er wachgelegen und sich nach diesen Lippen gesehnt und sich schließlich damit getröstet, daß sie ihn immerhin die feste, feingeäderte Hand küssen ließ.) Trotz der zunehmenden Wärme und dem Staub, den die Hufe aufwirbelten, blieb ihr Kapuzenreitgewand makellos, und nicht ein Schweißtropfen glitzerte auf ihrer Haut.
    Bis Cappen endlich völlig wach war, hatte ihr Gespräch sich den Göttern zugewandt. Danlis interessiert sich dafür, welche in Jamies Heimat verehrt wurden —wie sie sich überhaupt für fast alles interessierte. (Einige Themen, die sie für unfein hielt, mied sie allerdings.) Jamie seinerseits wollte gern von ihr hören, was so in Freistatt vorging. »Ich kenne nur eine Seite der Dinge, und Cappen interessiert das alles nicht«, sagte er. »Man brummelt über Euren Herrn—Molin heißt er, nicht wahr?«
    »Er ist nicht mein Herr«, berichtigte Danlis. »Ich bin eine freie Gesellschafterin seiner Gemahlin. Er ist ein Hohepriester in Ranke und auch ein Baumeister.« »Warum verärgert der Kaiser Freistatt? Fast überall, wo ich war, waren die Statthalter vernünftiger und ließen die einheimischen Götter in Frieden.«
    Danlis überlegte. »Wo soll ich anfangen? Zweifellos wißt Ihr, daß Freistatt ursprünglich zum Königreich Ilsig gehörte. Infolgedessen erbaute man Tempel für die Götter von Ilsig — vor allem natürlich für Ils, den Göttervater, und seine Gemahlin Shipri, die Allmutter, aber für andere, wie den Erntegott Anen, ebenfalls, und für Thufir, den Beschützer der Pilger ...«
    »Aber keinen für Shalpa, den Gott der Diebe«, warf Cappen ein, »obgleich er gerade jetzt mehr Anhänger als jeder andere hat.«
    Danlis ignorierte seine spöttische Bemerkung. »Ranke war ein völlig anderes Land, mit ganz anderen Göttern«, fuhr sie fort. »Gottvater ist Savankala, der Donnerer, seine Gemahlin ist Sabellia, die Herrin der Sterne, ihren Sohn Vashanka nennt man den Zehntöter, und seine Schwester und Gemahlin ist Azyna. Sie sind die Gottheiten des Sturmes und Krieges. Venafer schreibt, es sei ihnen zu verdanken, daß Ranke schließlich so mächtig wurde. Mattathan ist prosaischer und meint, der kriegerische Geist, den sie vermittelten, hätte letztendlich zur Eroberung Ilsigs durch das rankanische Reich geführt.«
    »Ja, meine Dame, ja, das habe ich ebenfalls gehört«, sagte Jamie, während Cappen sich dachte, wenn seine Liebste einen Fehler hatte, dann den, daß sie gern Leute belehrte.
    »Freistatt hat sich seither verändert«, sprach sie weiter. »Es wurde vielsprachig, turbulent, korrupt, ein Krebsgeschwür, unter dem die Bürger leiden. Die schädlichsten Elemente sind die zunehmend eingeführten Kulte, nicht zu vergessen die Hexer, Zauberer, Scharlatane und dergleichen, die die Dummheit der Menschen reich macht. Recht und Ordnung waren hier schon lange überfällig, und niemand anderer als das Reich ist imstande, beides durchzusetzen. Eine wichtige Maßnahme für den Übergang ist die Einführung der rankanischen

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