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Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Gottheiten, deren Tempel als Symbol und Treffpunkt dienen sollen.«
    »Aber sie haben doch bereits ihre Tempel«, gab Jamie zu bedenken.
    »Kleine, armselige, gerade groß genug für die paar Rankaner hier, von denen ohnehin wenige lange in der Stadt bleiben«, entgegnete Danlis. »Sie erwecken lediglich einen falschen Eindruck von den Gottheiten und dem Reich. Nein, der Kaiser hat entschieden, daß Savankala und Sabellia den größten und prächtigsten Tempel im gesamten Landesteil bekommen müssen. Molin Fackelhalter wird ihn erbauen und einweihen. Dann können die Entarteten und Volksbetrüger aus Freistatt verjagt werden. Danach kann der Statthalter sich müheloser der kleinen Verbrecher und Gesetzesübertreter annehmen.«
    Cappen glaubte nicht, daß es so einfach sein würde, wie sie es sich vorstellte, doch ehe er dazu kam, das zu sagen, fragte Jamie bereits: »Haltet Ihr das wirklich für so klug, meine Dame? Gewiß, viele hier verehren fremde Götter oder erkennen überhaupt keine an, doch gibt es durchaus eine sehr große Zahl, die zu den alten Göttern von Ilsig beten, und sie betrachten euren—uh — Savankala als Eindringling. Ich will Euch damit nicht beleidigen, aber so ist es. Sie sind empört, daß er ein größeres und prunkvolleres Gotteshaus bekommen soll, als das von Ils mit den Tausend Augen ist. Einige befürchten, daß Ils das nicht ungestraft hinnehmen wird.«
    »Ich weiß«, gestand Danlis, »und ich bedauere das Leid, zu dem es führt. Ich bin überzeugt, Lord Molin fühlt wie ich. Trotzdem müssen wir die Vertreter der Finsternis bezwingen, ehe das Geschwür, das sie sind, sich im ganzen Reich ausbreitet.«
    Endlich gelang es Cappen etwas einzuwerfen: »O nein. Ich bin schon eine ganze Weile in der Stadt und lebte den größten Teil davon im Labyrinth. Dadurch lernte ich so manche, die sich Magier oder Zauberinnen nennen, persönlich kennen. Sie sind wirklich nicht so, wie ihr Rankaner glaubt, also weder verrucht noch böse, und die meisten sind eher zu bedauern. Sie bedienen sich ihrer Täuschungen und kleiner Tricks, um sich hier in dieser verkommenen Stadt, in die es sie verschlug, gerade am Leben zu erhalten.«
    Danlis warf ihm einen scharfen Blick zu. »Hast du nicht selbst gesagt, daß die Menschen in Caronne gegen Zauberei sind?« »Das stimmt auch. Doch das kommt daher, daß wir hauptsächlich Verstandesmenschen sind, für die alle Magie nicht mehr als Bühnenzauberei ist, mit der man andere täuscht. Ich selbst habe ein paar verblüffende Tricks gelernt.«
    »O wirklich?« fragte Jamie erstaunt.
    »Nur zur Ergötzung natürlich«, erklärte Cappen hastig, ehe Danlis ihr Mißfallen äußern konnte. »Einige sind sehr gefällig und nichts weiter als eine Übertragung dreidimensionaler Geometrie.« Als er bemerkte, wie interessiert sie aufblickte, fügte er hinzu: »Ich studierte in meiner frühen Jugend Mathematik. Ehe mein Vater starb, bestand er darauf, daß ich als Edelmann erzogen und ausgebildet würde. Ich muß gestehen, ich habe viel vergessen, doch an einige nützliche oder amüsante Einzelheiten erinnere ich mich noch.«
    »Dann führ sie uns doch vor, wenn wir Rast machen«, bat ihn Jamie.
    Das tat Cappen auch, als sie es sich auf einem Hügel am Schimmelfohlenfluß bequem machten. Dieser Wasserlauf schlängelte sich schimmernd durch Felder und Wiesen, deren üppiges Grün zu leugnen schien, daß die Wüste am Horizont lauerte. Die Mittagssonne buk den Boden, und es roch nach Humus, Harz und Wildkräutern. Ein einsamer Baum schenkte ihnen Schatten, und Bienen summten an seine Blüten.
    Nach dem Essen und nachdem Danlis aufgestanden war, um sich eine Eidechsenart genauer anzusehen, die ihr bisher fremd gewesen war, führte Cappen seine Künste vor. Danlis war ganz besonders eingenommen - ja bezaubert von seinen geometrischen Schöpfungen. Wie jede rankanische Dame trug sie Nähzeug bei sich, und da sie war, wer sie war, auch Schreibutensilien. So konnte er mit Schere und Faden aus Papier allerhand machen. Er zeigte, wie man einen Ring so zu schneiden vermag, daß daraus zwei ineinander verschlungene entstehen, und wie sich ein Papierstreifen drehen läßt, daß er nur noch eine Oberfläche und eine Kante hat, und woran er sich sonst noch erinnerte. Jamie schien seine Vorführung ebenfalls Spaß zu machen, allerdings war seine Begeisterung nicht so groß wie Danlis’.
    Als er sah, wie sie vor Freude von innen heraus leuchtete, machte Cappen sich daran, das Gedicht

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