Die Diebe von Freistaat
und das übersehen sie vielleicht in ihrer ersten Aufregung.«
Sie zählte die Punkte auf. »Als erstes sollten, wie du selbst sagtest, die Höllenhunde« — sie rümpfte die Nase bei der Nennung dieses Spitznamens -, »die kaiserliche Elitegarde«, verbesserte sie sich, »sich sofort zum Ilstempel begeben und alle dort Anwesenden zur Befragung mitnehmen, außer dem Erzpriester. Er weiß vermutlich überhaupt nichts von der Verschwörung; abgesehen davon wäre es unklug. Durch Hazroahs Tod ist die Gefahr möglicherweise gebannt, aber es darf nicht als sicher angenommen werden. Trotzdem müssen natürlich alle, die ihn unterstützten, identifiziert und an ihnen Exempel statuiert werden.
Trotzdem sollte, als zweites, aus Klugheit die Bestrafung nicht zu hoch ausfallen. Kein bleibender Schaden wurde angerichtet, außer wir denken an die Personen, die nun in der anderen Welt festsitzen, aber zweifellos verdienen sie das auch.«
Es hatte sich offenbar ausschließlich um Männer gehandelt, erinnerte sich Cappen. Er verzog mitfühlend das Gesicht. Möglicherweise aber fraßen die Sickintairs sie.
Danlis redete weiter: «... eine menschenwürdige Herrschaft und die Bereitschaft zu Kompromissen. Ein prächtiger Tempel für die rankanischen Götter ist selbstverständlich nötig, aber er muß nicht größer sein als der von Ils. Dein Rat wird Gewicht haben, Liebster. Gib ihn weise. Ich werde dich beraten.«
»Huh?« Cappen blinzelte.
Danlis lächelte und legte ihre Hände auf seine. »Nach dem, was du getan hast, wirst du überall gefragt sein«, versicherte sie ihm. »Ich werde dir sagen, wie du es machen mußt.«
»Aber ... aber ich bin alles andere als ein Staatsmann!« protestierte Cappen. Sie machte einen Schritt zurück und musterte ihn eingehend. »Stimmt«, bestätigte sie. »Du bist mutig, ja, doch auch leichtsinnig und bequem und ... aber verzweifle nicht, ich werde dich schon entsprechend formen.«
Cappen schluckte und schlurfte zur Seite. »Jamie«, sagte er, »uh, Jamie, ich fühle mich völlig ausgelaugt und kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Ich bin im Augenblick schlimmer als nutzlos—ich wäre nur ein Bremsklotz, ausgerechnet dann, wenn alles schnell gehen muß. Es ist besser, wenn ich mich aufs Ohr lege und du die Damen heimbringst. Komm rüber, dann sage ich dir, wie du die Geschichte mit knappen Worten übermitteln kannst. Entschuldigt uns, Ladies, aber einige dieser Worte sind nichts für zarte Ohren.«
Eine Woche später saß Cappen Varra bei einem Krug Bier im Wilden Einhorn. Es war früher Nachmittag, und außer ihm war niemand in der Schenke als Eindaumens Partner, der wieder auf den Beinen war.
Ein Mann füllte fast die ganze Türöffnung aus und trat ein, nachdem er Cappen entdeckt hatte. Er setzte sich zu ihm an den Tisch. »Ich habe dich überall gesucht«, brummte der Nordmann. »Wo warst du denn die ganze Zeit?«
»Ich habe mich zurückgezogen«, antwortete Cappen. »Hierher in das Labyrinth. Die Unterkunft hier genügt mir, bis ich wieder in Vergessenheit gerate oder mich entschließe, ganz von Freistatt fortzugehen.« Er nippte an seinem Becher. Sonnenstrahlen fielen durch die F enster und Staubkörnchen tanzten golden in ihrer Wärme. Eine Katze lag auf einem Sims und schnurrte zufrieden. »Dummerweise ist mein Beutel leer.«
»Darüber brauchst du dich längere Zeit nicht mehr zu beklagen«, versicherte ihm Jamie und winkte den Schankwirt herbei. »Bier!« donnerte er.
»Dann hast du also eine Belohnung bekommen?« erkundigte sich der Spielmann eifrig.
Jamie nickte. »Ja. Auf die Weise, wie du es mir zugeflüstert hast, ehe du uns verlassen hast. Ich verstehe immer noch nicht warum, und ich habe es auch gar nicht gern getan. Jedenfalls gewann Molin dadurch, wie von dir beabsichtigt, den Eindruck, daß die Befreiung meine Idee war und du nur mitgekommen bist, weil ich dir ein paar Kronen versprach. Er füllte eine Schatulle mit Gold- und Silbermünzen und sagte, er wünschte, er könnte es sich leisten, mir zehnmal soviel zu geben. Er bot mir rankanische Staatsbürgerschaft, einen hohen Titel und ein ebenso hohes Amt an, aber ich sagte, nein, danke. Die Schatulle teilen wir uns natürlich, eine gleiche Hälfte für jeden, aber was du jetzt trinkst, bezahle ich.«
»Was ist mit den Verschwörern?« wollte Cappen wissen.
»Oh, die! Die ganze Sache wird geheimgehalten, so wie du es erwartet hast. Zwar kann der Ilstempel nicht geschlossen werden, aber es scheint dort
Weitere Kostenlose Bücher