Die Diener Der Eosi
Schädigungen des Gewebes und/oder die Funktionsstörungen des Gehirns, während die andere auf die psychischen Traumata nach der Attacke auf Psyche und Persönlichkeit abzielte. Sie erwartete, daß einige Traumata zeitlich begrenzt waren.
»In solchen Fällen ist der Geist in eine Art Kälteschlaf abgetaucht«, erklärte sie. »Wenn er wieder auftaut, dürfte er ohne weitere Hilfe seine normale Funktion wieder aufnehmen. Da die meisten der Opfer ausgebildete und erfahrene Wissenschaftler waren, ist es durchaus möglich, daß viele einfach die alten neuralen Wege wiederherstellen. Es kann zu gewissen Gedächtnisverlusten kommen – vielleicht sogar zu recht umfangreichen. Aber auch das Verlorengegangene könnte nach einiger Zeit wieder vorhanden sein.«
»Im Augenblick brauchen sie Zuspruch, Interaktion, Musik, Gerüche, Güte, Ermutigung und leichte Übungen. Möglichst viel Routine. Reden Sie mit ihnen über alles und jedes. Helfen Sie ihnen, sich wieder neu aufzubauen. Wo Sie den Namen kennen, wiederholen Sie ihn so oft wie möglich. Wo wir etwas über ihre Herkunft, ihre Vergangenheit wissen, sprechen Sie möglichst oft darüber. Helfen Sie ihnen, sich aufs neue selbst kennenzulernen.«
Kris übernahm drei Frauen, alle Ende fünfzig. Zwei hatten in der wissenschaftlichen Abteilung eines Arzneiherstellers gearbeitet – Peggy Ihde und Marjorie Flax. Die dritte nannten sie Sophie, weil Sarah McDouall meinte, daß sie aussähe wie eine Sophie.
Kris sollte ihre Mahlzeiten beaufsichtigen. Man brauchte ihnen nur einen Löffel oder eine Gabel in die Hand zu drücken, um sie zum Essen anzuregen. Sie las ihnen aus Jane Austens Stolz und Vorurteil vor, ein Buch, daß sie vielleicht sogar in früheren Jahren gelesen hatten. Sie unternahm mit ihnen Spaziergänge im Zeltstangenwald oder setzte sich mit ihnen an die Bucht, wo Bänke zum Verweilen aufgestellt worden waren.
»Eine angenehme Umgebung ist nach den Ställen, in denen sie zusammengepfercht waren, ungemein wichtig«, sagte Dorothy. »Leise, freundliche Stimmen und eine behutsame Behandlung wirken sich beruhigend auf diejenigen aus, die am schlimmsten geschädigt wurden.«
Es gab einige, die sich in einem eindeutig katatonischen Zustand befanden, aber Dorothy war sich ziemlich sicher, daß auch sie sich erholen würden.
»Dieser Ort«, sagte sie und breitete die Arme aus, um den gesamten Subkontinent einzuschließen, »hat eine Atmosphäre, die die Heilung begünstigt. Hier riecht es gut, die Verpflegung ist frisch und wohlschmeckend, und die allgemeine Stimmung …« sie lächelte, »ist gut, weil wir dafür sorgen. Schönheit und Frieden sind natürliche Streßableiter. Sie vermitteln den Leuten auf einer nonverbalen Ebene, daß sie sich nun in Sicherheit befinden.
Sehen Sie«, fuhr sie mit ihrer leisen Stimme fort, »wir haben uns zu einer mehrstufigen Behandlung dieser Streßfolgen entschlossen. Die rechte Gehirnzone – die in Bildern denkt – kann den einen Zustand nicht vom anderen unterscheiden, daher braucht sie Bilder, um den negativen Bildern des Traumas entgegenwirken zu können. Die linke Hemisphäre speichert rationale Denkprozesse in einzelnen Gedanken und Ideen. Die beiden Hemisphären interagieren, und jede Unterstützung des einen Bereichs kann dem anderen helfen. Wir brauchen nur die positiven Reize zu maximieren und dabei die eigenen Ressourcen des Gehirns einzusetzen. Viele unserer Freunde werden sich wahrscheinlich niemals daran erinnern, was mit ihnen geschehen ist. Und das wäre wirklich ein Segen.«
»Aber müssen wir ihnen nicht irgendwie erklären, wie sie überhaupt hierhergekommen sind?« fragte Sarah McDouall.
»Oh, ja«, sagte Dorothy lächelnd, »und bis dahin haben wir sicherlich eine einleuchtende Antwort für sie. Im Augenblick machen sie sozusagen Ferien von ihrem eigenen Geist.«
»Wir könnten ihnen erzählen, sie wären hier im Zauberland Oz«, meinte jemand.
»Und es sind nirgendwo rote Schuhe zu sehen«, fügte jemand anderer hinzu.
Dorothy lachte amüsiert. »Wir sind alle in Oz.«
»Die Eosi sind die bösen Hexen …«
»Brechen wir den Vergleich an dieser Stelle lieber ab, okay?« sagte Dorothy mit einem Unterton in der Stimme, der keinen Widerspruch duldete. Kris spürte, wie ihre Schultern sich entspannten. Sie hatte sich innerlich darauf vorbereitet, Zainal schützen zu müssen. Sie mußte wirklich damit aufhören. Er hatte sich auf Botany eine eigene Position geschaffen und war fest etabliert. Sie
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